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# taz.de -- Absurde Verkehrsdebatte im Parlament: Mit dem Auto zur Kita – war…
> Feldzug und Feinstaub – das Berliner Abgeordnetenhaus diskutiert die
> Verkehrspolitik von Rot-Rot-Grün. Und die SPD outet sich mal wieder als
> Autofahrerpartei.
Bild: Viel zu viele Autos sind in Berlin unterwegs!
Interessant, was da so an Widersprüchen zu hören ist an einem sonnigen
Donnerstagvormittag im Abgeordnetenhaus. Da werben Schulen und Kitas schon
ewig, die Kinder doch bitte nicht mit dem Auto zu bringen, da gibt es viele
Worte von Rot-Rot-Grün über den sinnigen Einsatz von Verkehrsmitteln. Und
was sagt der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion in seiner Rede?
Dass viele Menschen weiter auf das Auto angewiesen seien, etwa „die Eltern,
die ihre Kinder zur Kita bringen“. Naja, sein Fraktionschef Raed Saleh
hatte im Januar ja schon versprochen, die SPD werde keine Politik gegen
Autofahrer machen.
Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) hat schon eineinhalb Stunden
zuvor aufhorchen lassen, als sie zu einem Pressegespräch zum Radverkehr mit
dem Auto am Parlament vorfährt. 20 Kilometer per Rad seien doch etwas viel,
stellt die Senatorin fest, die sich im Hype um den 1. FC Union jüngst als
Köpenickerin outete. Mmmh, muss man dann Auto fahren? Gibt es da nicht eine
S-Bahn-Verbindung, die einen laut bvg.de in 39 Minuten zum Potsdamer Platz
bringt, ein paar Fußminuten entfernt?
## Horrorszenario der CDU
Egal. Die Debatte über einen angeblichen „Senats-Feldzug gegen Autofahrer“,
von der CDU-Fraktion auf die Tagesordnung der Sitzung gebracht, sie ist
ohnehin nicht der Ort für Fakten wie Abfahrtszeiten und Zugverbindungen.
CDU-Fraktionschef Florian Graf wirft der rot-rot-grünen Koalition eine
ideologische Politik vor und entwirft gleich mehrere Horrorszenarien.
Subjektive Nummer 1: „Spätestens wenn die Supermärkte leer bleiben, weil
die Lieferungen nicht mehr durchkommen, dann fliegt Ihnen Ihre
Verkehrspolitik um die Ohren.“ Sein Fazit: „Das ist keine Verkehrspolitik,
sondern verkehrte Politik.“
Die Basis für die Debatte hatte der grüne Staatssekretär Jens-Holger
Kirchner gelegt, mit Ideen wie Tempo 30 auf Hauptstraßen, verengten Straßen
oder jüngst, bei einer öffentlichen Tagesspiegel-Veranstaltung, höheren
Parkgebühren. Sehr sympathisch, könnte man meinen.
Leider rudert Verkehrssenatorin Günther an diesem Donnerstag zurück:
Kirchner habe zum Ausdruck gebracht – seine Formulierung war: „eine
Frechheit“ – wie günstig der Anwohnerparkausweis mit 10,20 Euro jährlich …
Vergleich zu anderen Städten ist. Überlegungen zu einer Erhöhung aber soll
es in ihrer Verwaltung dazu nicht geben.
## Tempo 30 und der Feinstaub
Überhaupt bräuchte man als Zuhörer das, was „Hart aber fair“ als
Faktencheck hat: Einen Experten, der zwischen den Reden aufsteht und klärt,
ob nun die Frau Günther damit Recht hat, dass Tempo 30 für besseren
Verkehrsfluss und weniger Umweltbelastung sorgt. Oder eben Stimmen der
Opposition richtig liegen, die anderes behaupten. Bloß gibt es den ja
nicht, diesen einen, unumstrittenen Experten. Selbst die sonst lieber
postfaktische AfD stützt ihre Behauptung, Tempo 30 erhöhe die
Feinstaubkonzentration, auf einen „Luftreinhalteplan“.
Einige wenige Ansätze gibt es, bei denen Einigkeit herrscht. Etwa bei
Park-and-Ride-Plätzen. Aber dass es mehr davon braucht, ist nicht neu. Die
CDU-Fraktion fordert, nicht nur auf Trams zu setzen, sondern auch die
U-Bahn auszubauen – und bekommt zu hören, dass hätte sie ja in fünf Jahren
Regierungszeit machen können.
„Verbesserung gibt es nicht ohne Veränderung“, sagt Senatorin Günther dann
noch, „und der Senat hat den Mut zu Veränderungen.“ Aus der Opposition
kommt direkt der Zwischenruf: „Das haben wir befürchtet.
6 Apr 2017
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
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Verkehr
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Autofahrer
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