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# taz.de -- EU-Gipfel zu Flüchtlingen: Mauer fürs Mittelmeer
> Die EU-Staatschefs beraten über Wege, Flüchtlinge schon in Afrika
> abzuwehren. Legale Alternativen stehen nicht auf der Agenda.
Bild: Sollen es gar nicht erst soweit schaffen: gerettete Flüchtlinge auf dem …
Brüssel taz | Ein Jahr nach dem umstrittenen Türkei-Deal plant die
Europäische Union den nächsten Coup in der Flüchtlingspolitik. Beim
EU-Sondergipfel auf Malta am Freitag soll die „zentrale Mittelmeer-Route“
von Libyen nach Italien geschlossen werden, kündigte Ratspräsident Donald
Tusk am Donnerstag in Brüssel an.
Legale Fluchtwege aus Afrika nach Europa oder die solidarische Umverteilung
von Asylbewerbern innerhalb der 28 Staaten stehen dagegen nicht auf der
Tagesordnung, sagten EU-Diplomaten. Über die interne Umverteilung könne
erst dann gesprochen werden, wenn die Außengrenzen abgesichert sind. Dabei
hat Afrika nun höchste Priorität.
Zur Begründung verweist die EU auf die Statistik – und auf humanitäre
Motive. Mehr als 180.000 Menschen seien im vergangenen Jahr von Libyen über
das Mittelmeer nach Italien gekommen. Gleichzeitig habe die Zahl der Toten
einen „neuen Rekord“ erreicht, wie es im Entwurf der
Gipfel-Schlussfolgerungen heißt. Das könne nicht so weitergehen, man müsse
Menschenleben schützen.
Doch statt die Seenotrettung auszubauen, soll nun die libysche Küstenwache
ausgebildet und verstärkt werden – um die Flucht zu vereiteln und
Bootsflüchtlinge zurück nach Libyen zu schicken. Dazu wird die bereits vor
der Küste aktive EU-Marinemission „Sophia“ umfunktioniert: Sie soll nun den
Libyern helfen, den „Schleppern das Handwerk zu legen“, wie es im Brüsseler
EU-Jargon heißt.
De facto wird damit die Küste abgeriegelt und die Überfahrt nach Italien
verhindert. „Unser Hauptziel ist es, die Zahl irregulärer Migranten zu
verringern und die zentrale Mittelmeer-Route zu schließen“, sagt ein
EU-Vertreter. Europa will eine Mauer bauen, wenn auch auf See. Doch was
wird aus den schutzbedürftigen Menschen?
## Katastrophale Bedingungen
Libyen ist nach dem Sturz von Exmachthaber Muammar al-Gaddafi in Chaos
versunken. Regierungschef Fajes Mustafa al-Sarradsch kontrolliert nicht das
ganze Land und nicht einmal die gesamte Küstenlinie. Die Helfer von Ärzte
ohne Grenzen kritisieren zudem katastrophale Bedingungen in den libyschen
Internierungslagern, in die abgefangene Flüchtlinge gebracht werden.
Die EU reagiert darauf mit der Zusicherung, alles werde „bei vollem Respekt
für Menschenrechte und internationales Recht“ geschehen. Man werde sich um
„angemessene Aufnahmekapazitäten und -bedingungen“ kümmern, heißt es im
Gipfel-Entwurf. Dabei werde man mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk und der
Internationalen Organisation für Migration kooperieren.
Die italienische Europaabgeordnete Barbara Spinelli (Linke) sieht das
Hauptproblem nicht bei den Schleppern, sondern den unkontrollierten Milizen
in Libyen. Scharfe Kritik kam auch von den deutschen Grünen. „Das Treffen
der EU-Staats- und Regierungschefs auf Malta droht zu einem
Entrechtungsgipfel für Flüchtlinge zu werden“, erklärte Parteichefin Simone
Peter. Pro Asyl und der Paritätische Wohlfahrtsverband beklagten eine
„Flüchtlingsabwehr-Politik“ der EU und riefen Bundeskanzlerin Merkel auf,
die Pläne zu verhindern.
Merkel hat die Pläne allerdings selbst mit vorbereitet. Sie sprach sich
schon bei einem ersten Sondergipfel in Malta vor zwei Jahren für eine
verstärkte Zusammenarbeit mit Afrika in der Flüchtlingspolitik aus. Beim
letzten regulären EU-Gipfel im Dezember 2016 forderte sie zudem, die
sogenannten Migrations-Partnerschaften mit fünf afrikanischen Ländern
auszuweiten. Als Nächstes könnte das Militärregime in Ägypten an die Reihe
kommen.
3 Feb 2017
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
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