# taz.de -- Kritik an SPD-Forderung zu Flüchtlingen: Gegenwind aus den eigenen… | |
> Der Vorstoß Oppermanns, Flüchtlinge vom Mittelmeer nach Nordafrika | |
> zurückzuweisen, trifft auf Widerspruch. Ein Vorwurf: Skrupellosigkeit. | |
Bild: Flüchtlinge am Hafen von Messina, Sizilien | |
BERLIN taz | [1][SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann plädiert für neue | |
Abschottungsmaßnahmen gegen Flüchtlinge im Mittelmeer]. Wer auf | |
Schlepperbooten aus Nordafrika kommend aufgegriffen werde, solle „wieder | |
zurückgebracht und zunächst in Nordafrika versorgt und betreut werden“, | |
fordert der Politiker in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen | |
Zeitung. Durch die Maßnahme solle die EU „Schleuserbanden die | |
Geschäftsgrundlage entziehen“. | |
Der Vorschlag ist nicht neu, bisher haben ihn in Deutschlands allerdings in | |
erster Linie CDU und CSU forciert. Vor allem Innenminister Thomas de | |
Maizière setzt sich seit Monaten dafür ein, dass im zentralen Mittelmeer | |
gerettete Flüchtlinge nicht mehr in Italien abgesetzt, sondern an die | |
nordafrikanische Küste gebracht werden. Ein Teil von ihnen könne später von | |
dort auf legalem Weg nach Europa gebracht werden. | |
Der Vorstoß [2][geht über den Plan hinaus, den die EU-Regierungschefs am | |
Freitag während ihres Treffens in Malta beschlossen haben]. Zwar ging es | |
auch dort um Maßnahmen gegen die Fluchtroute über das zentrale Mittelmeer. | |
Die Regierungschefs einigten sich zunächst aber nur darauf, in Libyen die | |
Küstenwache weiter zu stärken und den Bau von Flüchtlingsunterkünften zu | |
unterstützen. Weitere nordafrikanische Länder wie Algerien und Tunesien | |
waren nur am Rande Thema. Es gab keinen Beschluss dazu, Flüchtlinge vom | |
Mittelmeer direkt zurück an die nordafrikanische Küste zu bringen. | |
Rechtlich gesehen wäre das ohnehin fragwürdig. Die Genfer | |
Flüchtlingskonvention verbietet es zum Beispiel, einen Flüchtling „auf | |
irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten auszuweisen oder | |
zurückzuweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit (…) bedroht sein | |
würde“. Kollektive Rückführungen ins Bürgerkriegsland Libyen, ins fragile | |
Tunesien oder in die autoritär regierten Nachbarstaaten Algerien und | |
Ägypten könnten gegen dieses sogenannte Refoulement-Verbot verstoßen. | |
In der SPD ist Oppermanns Vorstoß deshalb umstritten. Frank Schwabe, | |
Menschenrechtspolitiker der Fraktion, mahnte am Sonntag auf Twitter, dass | |
„sicher niemand zurückgebracht werden“ könne. Der Vorschlag sei | |
„unpraktikabel und ohne Rechtsbasis“. | |
Kritik kam auch aus der Opposition. Der Vorschlag sei „inhuman und entbehrt | |
jeder rechtlichen Grundlage“, sagte die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg. | |
Linksfraktionsvize Jan Korte sprach von „Skrupellosigkeit“. | |
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte: „Es drohen apokalyptische | |
Szenarien: die Festsetzung von Flüchtlingen in Freiluftgefängnissen, ein | |
zugemauerter Kontinent Europa. Wenn dies Pläne Realität sind, ist vom Recht | |
auf Asyl in der Praxis kaum noch etwas übrig geblieben.“ | |
Während SPD und Opposition am Wochenende über die Abschottung im Mittelmeer | |
diskutierten, warb Bundeskanzlerin Angela Merkel einmal mehr für | |
Abschiebungen nach Afghanistan. Auf dem Parteitag der | |
schleswig-holsteinischen CDU kritisierte sie den Abschiebestopp, den die | |
Regierung des Bundeslands für Afghanen beschlossen hat. „Wir können nicht | |
einfach sagen, nach Afghanistan wird nie jemand wieder zurückgeführt“, | |
sagte Merkel am Samstag. | |
5 Feb 2017 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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