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# taz.de -- Menschenrechtsverletzungen in Tunesien: Opposition kritisiert Absch…
> Im Kampf gegen den Terror dringt die Bundesregierung auf mehr
> Zusammenarbeit mit Tunesien. Doch laut Amnesty werden dort Menschenrechte
> verletzt.
Bild: Immer wieder gehen tunesische Polizisten hart gegen Demonstranten vor
Berlin epd | Vor dem Besuch des tunesischen Premierministers Youssef Chahed
am Dienstag in Berlin ist die Menschenrechtslage in dem nordafrikanischen
Land verstärkt in den Blick geraten. Grüne und Linke kritisierten die
geplante Einstufung Tunesiens [1][als sicheres Herkunftsland], um
abgelehnte Asylbewerber leichter dorthin abschieben zu können. Amnesty
International wirft dem Maghreb-Staat in einem Bericht unter anderem
Folter, willkürliche Inhaftierungen, Razzien ohne Durchsuchungsbeschluss
und Reisebeschränkungen vor.
„Menschenrechtlich gesehen ist Tunesien nicht sicher“, sagte die Sprecherin
für Flüchtlingspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg, am
Montag. Die Lage sei für alle Flüchtlinge vor Ort katastrophal – sowohl für
Tunesier, [2][die in ihr Heimatland zurückgebracht werden], als auch für
Flüchtlinge aus anderen Staaten.
Laut Amnesty wurden die menschenrechtlichen Vergehen seitens der
tunesischen Behörden vor allem mit dem Verdacht auf terroristische
Straftaten begründet. Seit 2015 wende Tunesien Notstandsgesetze an, von
denen viele mit Menschenrechtsstandards nicht vereinbar seien, hieß es im
Bericht der Menschenrechtsorganisation.
Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke bezeichnete den Amnesty-Bericht über
Tunesien als „alarmierend“. „Der arabische Frühling stellte in Sachen
Folter in Tunesien keine Zäsur dar. Es häuften sich weiterhin die Berichte
von schwerer Folter auch mit Todesfolge und sexualisierter Gewalt durch
Sicherheitskräfte“, sagte Jelpke. Dass Tunesien immer wieder als
Vorzeigestaat dargestellt werde, während Übergriffe und Folter andauern,
zeige, dass es der Bundesregierung nicht um Menschenrechte gehe, sondern
darum, Flüchtlinge um jeden Preis loszuwerden.
## Tunesiens Premier Chahed am Dienstag bei Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Premier Chahed am Dienstag im
Kanzleramt empfangen. Dabei soll es unter anderem um ein geplantes Abkommen
zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber nach Tunesien gehen. Jelpke
forderte die Kanzlerin auf, die menschenrechtlichen Probleme in Tunesien
anzusprechen. „Die Pläne für die Errichtung von Abschiebelagern für
Flüchtlinge in Tunesien müssen sofort eingestellt werden“, sagte Jelpke.
Sie stellten einen massiven Angriff auf das Recht auf Asyl dar.
Auch Tunesiens Premierminister Youssef Chahed sieht keine Möglichkeit für
Asylzentren in seinem Land. „Tunesien ist eine sehr junge Demokratie, ich
denke nicht, dass das funktionieren kann und wir für Flüchtlingscamps hier
Kapazitäten haben“, sagte Chahed vor seinem Deutschland-Besuch der
Bild-Zeitung (Dienstag). Es müsse eine Lösung zusammen mit Libyen gefunden
werden. „Das größte Problem für Europa sind die Flüchtlinge, die aus Liby…
nach Italien aufbrechen“, betonte der Premierminister.
Auf die Frage, ob Tunesien künftig abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland
schneller zurücknehmen wird, sagte Chahed: „Die Kooperation mit Deutschland
funktioniert schon jetzt sehr gut. Aber wir brauchen eben von den deutschen
Behörden auch klare Beweise, dass es sich wirklich um Tunesier handelt.“
Illegale Immigranten nutzten falsche Papiere, was den Prozess verlängere.
## Merkel sieht Tunesien als Hoffnungsprojekt
Die Vorsitzende der Parlamentariergruppe Maghreb-Staaten, Gabriela Heinrich
(SPD), betonte die Fortschritte, die Tunesien in den vergangenen Jahren
gemacht habe. „Tunesien ist kein Land, in dem es flächendeckend Folter und
Gesetze gibt, die das erlauben würden“, sagte Heinrich. Es gehe nicht nur
um Gesetze, sondern auch darum, die Köpfe für Demokratie und Menschenrechte
zu gewinnen.
Man müsse die bereits in Angriff genommenen Reformen anerkennen, aber das
Land auch bei weiteren Reformen unterstützen. Dazu gehöre die Stärkung von
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Heinrich hofft, dass die
Bundesregierung Tunesien nicht nur als kurzfristigen Partner sieht, sondern
die Partnerschaft nachhaltig ausgebaut wird.
Merkel hatte in ihrer wöchentlichen Videobotschaft am Wochenende den
politischen Umbruch in Tunesien seit dem Sturz der Diktatur 2011 gewürdigt.
Sie bezeichnete den Maghreb-Staat als Hoffnungsprojekt des „arabischen
Frühlings“. Die Kanzlerin verteidigte zudem das derzeit im Bundesrat
blockierte Vorhaben, Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren
Herkunftsstaaten zu erklären. Dies werde für rechtliche Klarheit sorgen und
Rückführungen abgelehnter Asylbewerber erleichtern.
14 Feb 2017
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