# taz.de -- Sondergipfel der EU in Valletta: EU jetzt wasserdicht | |
> Die Staatschefs der EU-Mitgliedsstaaten beschließen einen 10-Punkte-Plan: | |
> Afrikanische Flüchtlinge sollen nicht mehr aus Libyen nach Europa kommen. | |
Bild: Skeptische Blicke: Theresa May und Angela Merkel auf dem EU-Gipfel auf Ma… | |
BRÜSSEL taz | Für die Medien gab es schöne Bilder von einer Bootsfahrt in | |
der Bucht von Valetta. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nutzte den | |
Abstecher auf Malta zu einem Plausch mit dem wahrscheinlich bald | |
abgewählten Ministerpräsidenten der Niederlande, Mark Rutte. | |
Doch für die schätzungsweise mehr als 300.000 Menschen, die in Libyen | |
verzweifelt auf Boote nach Europa warten, brachte der EU-Sondergipfel keine | |
guten Nachrichten. Merkel und die übrigen 27 EU-Staatenlenker haben einen | |
10-Punkte-Plan beschlossen, der die Überfahrt nach Italien verhindern soll. | |
Die Lage der Flüchtlinge sei „dramatisch“, sagte Merkel. „Und deshalb | |
müssen wir genauso vorgehen, wie wir es auch im Zusammenhang mit der Türkei | |
gemacht haben.“ Im Klartext: Genau wie die Balkanroute soll nun auch die | |
„zentrale Mittelmeerroute“ von Libyen nach Italien geschlossen werden. | |
Der EU-Gipfel sagte Libyen verstärkte Hilfe bei Ausbildung und Ausrüstung | |
seiner Küstenwache zu. Helfen will die EU auch, den „Schutz“ der | |
Landgrenzen zu Nachbarländern zu verbessern. | |
## Unterstützung für Hilfswerke | |
So soll verhindert werden, dass Flüchtlinge aus afrikanischen Staaten durch | |
die Sahara nach Libyen gelangen. Wer es trotzdem schafft, soll in Lagern | |
zurückgehalten werden. Dort will die EU künftig Hilfswerke unterstützen, um | |
„angemessene Aufnahmekapazitäten und -bedingungen“ zu schaffen. | |
Die Einrichtung von Flüchtlingslagern in Libyen fordern die EU-Staatschefs | |
zwar nicht. Sie begrüßen aber ausdrücklich eine Vereinbarung Italiens mit | |
Libyen, die genau dies zum Ziel hat. | |
Gegen Flüchtlingslager in Libyen gibt es bisher bei mehreren EU-Staaten | |
wegen der fürchterlichen Bedingungen in bestehenden Lagern Vorbehalte. | |
Massiven Widerstand kündigten Flüchtlingsorganisationen an. Pro Asyl und | |
der Paritätische Wohlfahrtsverband sprachen in einem offenen Brief an | |
Merkel von einem „Tiefpunkt europäischer Flüchtlingspolitik“. | |
Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung warnte davor, im | |
Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zurück nach Libyen bringen zu lassen. Die | |
menschenrechtliche Situation in dem Land sei „katastrophal“, sagte die | |
SPD-Politikerin Bärbel Kofler. Deshalb „kommt eine Rückführung von | |
Flüchtlingen nach Libyen unter diesen Umständen nicht in Frage“. | |
## „Postfaktische Politik“ | |
Das Europaparlament fühlt sich übergangen. Die Abgeordneten würden nicht | |
beteiligt, klagte die grüne Afrika-Expertin Barbara Lochbihler. Die | |
Ko-Vorsitzende der Europäischen Grünen, Monica Frassoni, warf den | |
EU-Führern vor, eine „postfaktische Politik“ zu betreiben. Es sei eine | |
Illusion, zu glauben, die Seegrenze lasse sich dauerhaft schließen. | |
Der EU-Gipfel diskutierte auch über das Verhältnis zu den USA nach der | |
Machtübernahme von Präsident Donald Trump und über die Folgen des | |
britischen EU-Austritts (Brexit). Die EU will weiter auf die offizielle | |
Austrittserklärung warten, die im März kommen soll. | |
An Trump scheiden sich die Geister. Merkel und einige andere EU-Chefs | |
distanzierten sich indirekt von einer Erklärung des Gipfelchefs Donald | |
Tusk, der die neue US-Politik als Gefahr für Europa bezeichnet hatte. Die | |
neue US-Regierung scheine „die letzten 70 Jahre amerikanischer Außenpolitik | |
infrage zu stellen“, sagte er. Demgegenüber hielt sich Merkel auffällig | |
zurück: „Europa hat sein Schicksal selbst in der Hand.“ | |
3 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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