# taz.de -- Malta übernimmt den EU-Ratsvorsitz: Hauptziel Konfliktentschärfung | |
> Der Inselstaat will in den nächsten sechs Monaten an einem gemeinsamen | |
> europäischen Asylsystem arbeiten. Vor allem die Osteuropäer mauern. | |
Bild: Auf der Suche nach Flüchtlingen: Ein Schiff der spanischen Nichtregierun… | |
BERLIN taz | Malta, der kleinste EU-Staat, hat turnusgemäß zum 1. Januar | |
2017 für sechs Monate den Ratsvorsitz übernommen. Er wolle in seiner | |
Amtszeit „die Konflikte entschärfen“, sagte der als EU-freundlich geltende | |
maltesische Premierminister Joseph Muscat. | |
Konflikte gibt es viele, Malta hat sie lange Zeit besonders zu spüren | |
bekommen: Die geografische Nähe zu Afrika führte zu einem starkem | |
Migrationsdruck auf den Inselstaat. Der Rest Europas aber interessierte | |
sich nicht für die Nöte Maltas, so dass sich schließlich die USA erbarmten | |
und einige Tausend Flüchtlinge in die USA ausflogen. | |
Erst 2014 hatte Italien ein Einsehen: Offiziell wurden nie Details | |
bestätigt, aber Premierminister Matteo Renzi entschied, dass gerettete | |
Flüchtlinge aus dem zentralen Mittelmeer nicht mehr im nächsten Hafen | |
-meist Malta -, sondern nach Italien gebracht werden. So ist es bis heute. | |
Doch ob Italien dauerhaft an dieser Linie festhält, ist offen. | |
So hat Muscat die Migrationsfrage an die erste Stelle der Liste seiner | |
„Schwerpunkte“ gesetzt. Er will das herbeimoderieren, woran sich der | |
Brüsseler Apparat bislang die Zähne ausgebissen hat: „Ein Hauptziel unserer | |
Präsidentschaft ist die Stärkung und Straffung des Gemeinsamen Europäischen | |
Asylsystems“, sagt Maltas Botschafter in Berlin, Alberto Friggieri. „Die | |
Dublin-Verordnung, wonach das Land für die Aufnahme von Flüchtlingen | |
zuständig ist, das sie zuerst erreichen, ist angesichts der großen Anzahl | |
von Hilfesuchenden nicht angemessen.“ | |
## Umverteilung bislang gescheitert | |
Doch die Chancen für solche Reformen stehen schlecht. Im Sommer endet der | |
Zwei-Jahres-Zeitraum, innerhalb dessen die EU in einer Art Pilotprojekt | |
160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland umverteilt haben will. | |
Bislang hat sie nicht einmal 10.000 geschafft. Eine dauerhafte | |
Umverteilungsregelung scheitert vor allem an der osteuropäischen | |
Visegrad-Gruppe. Die nun zu Ende gegangene slowakische Ratspräsidentschaft | |
hat daran kein Jota geändert. | |
Seit einigen Jahren hat in Malta die noch kaum bekannte EU-Asylbehörde EASO | |
ihren Sitz. Malta wolle „die Idee voranbringen“, das EASO zu einer | |
„vollwertigen Agentur der EU“ umzugestalten, sagt Botschafter Friggieri. | |
Das will seit langem auch die Kommission: Das EASO soll perspektivisch | |
selbst Asylverfahren durchführen können. Viele glauben, dies sei der | |
einzige Weg zu einem tatsächlich einheitlichen, fairen Asylsystem. Aber | |
manche Staaten Osteuropas würden wohl eher die EU verlassen, als Brüssel | |
über Asylanträge entscheiden zu lassen. | |
Im November 2015 war Malta Gastgeber eines Gipfels von EU und Afrikanischer | |
Union. Die Bündnisse hatten dort eine Zusammenarbeit bei der Kontrolle der | |
Migration aus Afrika vereinbart, die EU dafür rund 2 Milliarden Euro an | |
Hilfszahlungen in Aussicht gestellt. Bislang aber kommen die afrikanischen | |
Länder den Wünschen der EU nur höchst zögerlich nach. | |
## Afrikanische Staaten sollen liefern | |
Anfang Februar treffen sich EU und AU erneut in Malta. Auf dem „Valletta | |
2“-Gipfel werden die europäischen Regierungen auf konkrete Zusagen der | |
afrikanischen Staaten drängen. Gastgeber Muscat wird bei diesem Gipfel | |
jedoch nicht die zentrale Rolle spielen: Der Bereich „Auswärtige | |
Angelegenheiten“ ist als einziges Politikfeld der Kompetenz des | |
Ratsvorsitzes entzogen. Er fällt in die alleinige Zuständigkeit der Hohen | |
Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini. | |
Nordafrika ist nicht die einzige Region, die migrationspolitisch in den | |
nächsten Monaten auf der Agenda steht. Unklar ist, wie lange das | |
Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei hält. Das ist nicht die einzige | |
größere Unwägbarkeit während Muscats Ratsvorsitz: Am 23. April wählt | |
Frankreich. Sollte die neue Präsidentin Marine Le Pen heißen, wird Muscat | |
viele weitere Konflikte entschärfen müssen. | |
1 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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