# taz.de -- Beleidigung im Vorbeigehen: Persönlich genommen | |
> Ein Bewohner der Hafenstraßen in Hamburg wird zu einer Geldstrafe | |
> verurteilt, weil er „Dreckspack“ zu PolizistInnen sagte | |
Bild: Diese Abkürzung (8 Cola 8 Bier/8Cookie 8 Banane / All Cops Are Bastards)… | |
Hamburg taz | Ein Bewohner der Hafenstraße ist am Mittwoch wegen | |
Beleidigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 25 Euro verurteilt | |
worden. Jonny S. soll im April zwei PolizistInnen im Vorbeigehen als | |
„Dreckspack“ bezeichnet haben. Seine Anwältin Daniela Höld bezeichnete die | |
Anklage der Staatsanwaltschaft als „weiteres Puzzlestück in der | |
Eskalationsspirale um die Hafenstraße und die Balduintreppe“. | |
Jonny S. gab vor Gericht an, er habe mit der Äußerung nicht genau die | |
beiden PolizistInnen gemeint, die ihm an einem Sonntagmittag beim Verlassen | |
seiner Wohnung entgegengekommen waren. Vielmehr habe er seinem Unmut über | |
das Vorgehen der Hamburger Polizei Luft machen wollen: Seitdem diese die | |
Hafenstraße als Schwerpunkteinsatzgebiet behandele, sei er dort mit | |
permanenter Polizeipräsenz, rassistischen Kontrollen und Repression | |
konfrontiert. | |
Das südliche St. Pauli rund um die Hafenstraße gilt als Gefahrengebiet – | |
obgleich das Gesetz seit Mai 2015 als verfassungswidrig gilt, werden auf | |
dessen Grundlage regelmäßig Personen ohne konkreten Anlass kontrolliert. | |
Besonders im Fokus stehen dabei afrikanische Geflüchtete, die verdächtigt | |
werden, mit geringen Mengen Marihuana zu handeln – aber auch | |
alteingesessene AnwohnerInnen, die sich an der massiven Polizeipräsenz | |
stören und ein Ende der rassistischen Kontrollen fordern. | |
„Das Handeln der Polizei täglich mit anzusehen, belastet mich stark“, sagte | |
S. vor Gericht. Die Aussage „Dreckspack“ sei daher als allgemeine | |
Unmutsbekundung im Rahmen der Meinungsfreiheit gegen die Hamburger Polizei | |
zu verstehen, führte er aus. | |
Eine der beiden betroffenen PolizistInnen sagte vor Gericht als Zeugin aus | |
und argumentierte, sie habe sich persönlich beleidigt gefühlt. Der Unmut | |
aus der linken Szene gegen den Schwerpunkteinsatz der Polizei am Hafen sei | |
ja bekannt, sagte sie. Da nur sie und ihr ebenso betroffener Kollege in dem | |
Moment zugegen waren, als S. im Vorbeigehen „Dreckspack“ sagte, müsse sie | |
die Beleidigung auf sich beziehen. | |
Das Urteil kam weder für S., noch für die zahlreichen BesucherInnen im | |
Gerichtssaal, die sich mit dem Verurteilten solidarisch zeigten, | |
überraschend. S. bezeichnete die Entscheidung der Justiz als „typischen | |
Hamburger Weg“: Er verstehe es als „Rückendeckung der rassistischen | |
Polizeistrategie durch die Justiz“. | |
Dass die Staatsanwaltschaft hier Politik mache, sieht auch Hödl so: „Dass | |
solche Kleinstdelikte überhaupt verfolgt werden, wenn es um den Bereich | |
Hafenstraße geht, zeigt, dass ein politisches Interesse dahintersteht.“ | |
Dabei sei die Eskalation von der Politik selbst programmiert. | |
10 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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