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# taz.de -- Kommentar Deutschlands Klimaschutz: Wir machen hier Energiewende
> Kritiker bemängeln, Deutschlands Gezerre um den Klimaschutzplan sei
> schlecht für die Vorbildfunktion. Falsch. So läuft ernsthafte
> Umweltpolitik.
Bild: Klimaschutz braucht Kommunikation, dazu gehört auch Streit
Vielleicht wird der Klimaschutzplan 2050 ja doch nur eine halbe Blamage.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will ihn jetzt „sehr zeitnah abschließen“,
also vielleicht schon in der nächsten Woche. Ein Machtwort der
Klimakanzlerin, wie es Umweltministerin Barbara Hendricks gefordert hat,
ist das nicht. Aber mit einer Entscheidung – wahrscheinlich voller
Formelkompromisse – könnte Deutschland bei der Klimakonferenz in Marrakesch
nächste Woche wenigstens etwas vorzeigen.
Selbstverständlich braucht Deutschland dabei mehr Ambitionen. Wer das
Pariser Abkommen ernst nimmt, muss so rechnen wie die Umweltministerin: In
35 Jahren, eher früher, soll das Land klimaneutral sein. Also
Kohleausstieg, das Ende der Verbrennungsmotoren, Fortschritte bei
Landwirtschaft und Industrie. Wer hier auf Zeit spielt wie die Minister für
Landwirtschaft und Verkehr, verabschiedet sich vom Klimaschutz, auch wenn
er hundertmal das Gegenteil behauptet.
Allerdings ist das Gezerre keineswegs das „Ende der deutschen
Vorreiterrolle“ im Klimaschutz, wie viele Kritiker jetzt meinen – ganz im
Gegenteil. Denn gerade der erbitterte Streit um den Klimaplan zeigt, wie
Klimaschutz in einer demokratischen Gesellschaft ausgedealt werden muss:
Die Regierung diskutiert ihre Instrumente, die Industrie wehrt sich, die
Opposition findet, ein Konzept voller leerer Versprechen sei kein Konzept.
So weit, so gut.
Deutschlands Position leidet unter diesen Debatten nicht. Kein anderes
Industrieland ist so weit, dass es gleichzeitig aus Kohle und Atom
aussteigt und ein Drittel erneuerbaren Strom ins Netz integriert. Die
Verwerfungen und Machtkämpfe, die das mit sich bringt, stehen vielen
anderen Staaten noch bevor – wenn sie es denn ernst meinen mit der
Energiewende. Schaut man sich die Klimapläne anderer großer Industrieländer
an, kann man daran manchmal zweifeln. Eine Regierung, die sich bis aufs
Messer über den Klimaschutz streitet, muss man da erst einmal suchen.
Wenn Deutschland als Vorbild beim Umweltschutz dient, dann nicht dafür,
dass hier alle brav den Müll trennen. Sondern dafür, dass wir hier eine
Energiewende machen, die von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ernsthaft
und grundsätzlich im Konsens betrieben wird. Wenn wir uns anstrengen, geben
wir ein Beispiel dafür, dass eine Energiewende funktioniert und bezahlbar
ist – und dass wir uns über die konkreten Lösungen heftig streiten können.
Den Klimaschützern in anderen Ländern, die unsere Probleme gern hätten,
kann so etwas Mut machen. Es zeigt ihnen, dass selbst bei den reichen
deutschen Ökospinnern eine Energiewende im Parlament, auf der Straße und
bei Wahlen gegen die Ewiggestrigen und die Machtinteressen einzelner
Branchen und Unternehmen durchgesetzt werden muss. Die Energiewende ist
kein Ponyhof, auch nicht in Deutschland. Wenn sie gelingen soll, müssen
auch Vorreiter kämpfen. Und das ist ein gutes Signal an den Rest der Welt.
3 Nov 2016
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
Umweltbewusstsein
Atommüllentsorgung
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Sigmar Gabriel
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Pariser Abkommen
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Schwerpunkt Klimawandel
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