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# taz.de -- Nette Behandlung der AKW-Betreiber: Im Gleichschritt zum Endlager
> Union, SPD und Grüne sind einig über das Gesetz, das den AKW-Betreibern
> die finanzielle Verantwortung für ihren Müll abnimmt – obwohl die weiter
> klagen.
Bild: Ist der Klageverzicht der Atomkonzerne ein Fortschritt – oder nur eine …
Berlin taz | Im Bundestag sind sie normalerweise scharfe Gegner, die keine
Rede des anderen ohne Zwischenrufe ertragen. Doch an diesem Montag sitzen
die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Oliver Krischer (Grüne) und
Michael Fuchs (CDU) einmütig nebeneinander und loben dasselbe Gesetz. „Eine
ganz neue Erfahrung“, kommentiert Fuchs.
Es geht um das „Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der
kerntechnischen Entsorgung“, das an diesem Donnerstag im Bundestag und am
Freitag im Bundesrat verabschiedet werden soll. Eine breite Mehrheit ist
dabei sicher, denn neben Union und SPD sind voraussichtlich auch die Grünen
dabei. „Ich werde meiner Fraktion vorschlagen, dass wir dem Gesetz
zustimmen“, sagt Krischer.
Das Gesetz setzt im Wesentlichen die Vorschläge um, die die Kommission
unter Vorsitz von Jürgen Trittin, Ole von Beust und Matthias Platzeck im
April vorgelegt hatte: Die Betreiber bleiben für den Rückbau ihrer
Atomkraftwerke zuständig. Um Zwischen- und Endlagerung kümmert sich künftig
der Staat. Dafür übertragen die Konzerne ihre Rückstellungen von 17,4
Milliarden Euro plus einen Risikozuschlag von 6,1 Millarden Euro an einen
öffentlich-rechtlichen Fonds. Mögliche Mehrkosten muss der Steuerzahler
tragen. „Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Entsorgungskonsens“,
sagte Hubertus Heil (SPD).
## Die teuersten Klagen bleiben bestehen
Möglich wurde das Gesetz durch die Ankündigung von RWE, Eon, EnBW und
Vattenfall, eine Reihe von Klagen gegen die Politik zurückzuziehen. Dabei
geht es vor allem um Streit über die bisherigen Atommüllkosten sowie das
dreimonatige Atommoratorium nach der Fukushima-Katastrophe. Nicht
zurückgezogen werden jedoch die beiden Klagen, bei denen es um die größten
Beträge geht: Die Konzerne fordern weiterhin über 6 Milliarden Euro
Brennelementesteuer zurück, und Vattenfall klagt weiter vor einem
Schiedsgericht auf rund 5 Milliarden Euro Schadenersatz für den
Atomausstieg.
In einem Entschließungsantrag wollen Union, SPD und Grüne die Regierung
auffordern, sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über einen geplanten
öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den Konzernen für die Rücknahme aller
Klagen „einzusetzen“. Das federführende Wirtschaftsministerium hat sich
diese Forderung bisher nicht zu eigen gemacht.
Scharfe Kritik kam von der Linksfraktion. „Für einen Schnäppchenpreis
werden die Atomkonzerne von sämtlicher Verantwortung für die finanziellen
Risiken des atomaren Atommüll-Erbes befreit“, sagte Energieexperte Hubertus
Zdebel. Ganz ohne Widerspruch können Krischer und Fuchs also auch in
Zukunft im Bundestag nicht reden.
11 Dec 2016
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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