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# taz.de -- AKW-Gegner wollen kompletten Ausstieg: Protest gegen Gorleben und L…
> Atomkraftgegner fordern das Aus für die Atom-Brennelementefabrik in
> Lingen – und die Streichung des Salzstocks Gorleben von der Liste der
> Endlagerstandorte.
Bild: Schon 2012 Ziel von Atomkraftgegnern: Die Brennelementefabrik Lingen.
Bochum taz | Vor den Wahlen im Bund sowie in Niedersachsen und
Nordrhein-Westfalen erhöht die Anti-Atom-Bewegung ihren Druck auf SPD und
Grüne: Zu einer Großdemonstration gegen die Atombrennstofffabrik Lingen im
Emsland mobilisieren mehr als 100 Organisationen, darunter auch Kreis- und
Ortsverbände der Grünen selbst. „Wir freuen uns sehr, dass auch
Atomkraftgegner aus Frankreich und Belgien nach Lingen kommen“, sagt
Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg.
Der Besuch der Nachbarn ergibt Sinn: Betrieben wird die Lingener Anlage vom
französischen Konzern Areva, und ihre Kundenliste liest sich wie ein Who’s
who der internationalen Atomindustrie. Wie die Bundesregierung auf eine
Anfrage der Bundestags-Linksfraktion mitteilte, wurden zwischen 2009 und
2014 aus dem Emsland heraus insgesamt 46 Reaktorblöcke mit
Nuklearbrennstoff versorgt – darunter auch die als besonders gefährlich
geltenden Atomkraftwerke Doel in Belgien sowie Cattenom und Fessenheim in
Frankreich.
## Lingen beliefert den „Bröckel-Reaktor“ Doel
Umweltschützer halten das für einen Skandal. Zusammen mit dem baugleichen
Meiler Tihange gilt etwa der „Bröckel-Reaktor“ Doel – wie
Nordrhein-Westfalens Grünen-Umweltminister Johannes Remmel es formuliert
hat – als so gefährlich, dass die Düsseldorfer Landesregierung zum Schutz
der Bevölkerung 21 Millionen Jodtabletten bestellt hat; der Wirkstoff soll
verhindern, dass der menschliche Körper im Fall eines atomaren
„Zwischenfalls“ über die Schilddrüse vermehrt radioaktive Partikel
einlagert.
Übertrieben ist das nicht: In den Reaktordruckbehältern am Standort Doel
fanden sich mehr als 16.000 Risse. Und im April warnte Luxemburgs Premier
Xavier Bettel, bei einem GAU in Cattenom drohe sein Land „ausradiert“ zu
werden.
Für gefährlich hält die Meiler auch Bundesumweltministerin Barbara
Hendricks (SPD). Sie bat die belgische Regierung „dringend“, Doel und
Tihange nicht wieder anzufahren – ohne Erfolg. Allerdings: Über das
Bundesamt für Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das ihr
in Atomfragen untersteht, genehmigt Hendricks die Lieferung von Lingener
Atombrennstäben an die Risiko-Meiler.
„Doel, Cattenom oder Fessenheim können jederzeit hochgehen“, so Angelika
Claußen von der Vereinigung Internationaler Ärzte für die Verhütung des
Atomkriegs (IPPNW), die ebenfalls zu der Demo in Lingen Ende Oktober
aufruft. „Nichts kann widersprüchlicher sein, als trotzdem Brennelemente zu
liefern.“
## Umweltminister Wenzel soll Druck machen
Auch Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne), dem auch die
Landes-Atomaufsicht untersteht, sei gefordert, findet Kerstin Rudek von der
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Zwar habe sich die
Umweltministerkonferenz – auf Druck Wenzels und seines NRW-Amtskollegen
Remmel – für ein Ende der Brennstoffproduktion in Lingen ebenso
ausgesprochen wie für ein Ende der Urananreicherung in Gronau, aber das
reiche nicht, so die Aktivistin zur taz: „Beide Standorte haben eine
unbefristete Betriebsgenehmigung“, sagt sie: „Es existiert überhaupt kein
Ausstiegskonzept.“ Wenzel müsse mehr Druck auf Hendricks ausüben, fordert
Rudek. Auch eine intensive Sicherheitsüberprüfung der Brennelementefabrik
sei überfällig.
Verstärkt unter Druck ist Wenzel auch in der Frage einer möglichen Nutzung
des Salzstockes Gorleben als Atom-Endlager. Seine jüngste Ankündigung, den
„gesamten Erkundungsbereich“ Gorlebens noch vor der Landtagswahl Anfang
2018 außer Betrieb zu nehmen und „alle dazugehörigen Anlagen und Systeme“
entfernen zu lassen, seien bloßes „Politsprech“, kritisiert der
Atomkraftgegner Wolfgang Ehmke, der sich ebenfalls in der BI
Lüchow-Dannenberg engagiert. Für rund 30 Millionen Euro jährlich werde
Gorleben in einem „Stand-by-Betrieb“ gehalten, argumentiert Ehmke – und
fordert von der rot-grünen Landesregierung eine Bundesratsinitiative:
„Deren Ziel muss sein, den unsicheren Salzstock Gorleben endgültig von der
Liste möglicher Endlager zu streichen.“
6 Oct 2016
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Anti-Atom-Bewegung
Lingen
Protest
Gorleben
Atommüllendlager
Atommüllentsorgung
Tihange
Urananlage Gronau
Atomkraftwerk
Schwerpunkt Atomkraft
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