# taz.de -- Kommentar Jenas fabelhafte Väter: Und manches bewegt sich doch | |
> Das Private kann sich ändern, wenn Firmen nicht nur auf kinderlose | |
> Leistungsträger setzen. Der Fall Jena beweist: Familien müssen Druck | |
> machen. | |
Bild: Väter, die mit Kindern spielen? Geht doch | |
Was sagt die Nachricht, dass 58 Prozent der Väter in Jena seit 2014 | |
Elternzeit genommen haben, über die Familienfreundlichkeit in der | |
thüringischen Stadt aus? Erst mal so viel: In der Stadt mit den prozentual | |
meisten „aktiven“ Vätern wird es Männern offensichtlich leichter gemacht, | |
Vätermonate inklusive Elterngeld in Anspruch zu nehmen. Weil sie nicht | |
fürchten müssen, durch ihre familiär bedingte Auszeit im Job degradiert | |
oder belächelt zu werden. Weil sie nach der intensiveren Familienphase in | |
Teilzeit und im Home Office arbeiten können, auch als Chefs. | |
All das geht dort sichtbar leichter als anderswo in der Republik. Unter | |
anderem durch das „Bündnis für Familie“, einem lokalen Zusammenschluss von | |
Unternehmen, Wissenschaftseinrichtungen und Behörden, die | |
Familienfreundlichkeit nicht nur als Slogan vor sich her tragen, sondern | |
tatsächlich ernst meinen. Jena ist ein Beispiel dafür, dass etwas so | |
Schwieriges wie gelebte Familiengerechtigkeit machbar ist, sobald sie | |
politisch konsequent umgesetzt wird. Wenn knappe Gelder in Kitas, | |
Ganztagsschulen, Horte, Sporthallen und in den öffentlichen Nahverkehr | |
investiert werden. Wenn Unternehmen unterstützt werden, die nicht nur auf | |
kinderlose LeistungsträgerInnen setzen. | |
Längst entscheiden junge, gut ausgebildete Menschen, die Familien gründen | |
wollen oder schon gegründet haben, die Wahl ihres Jobs nach der | |
Flexibilität der Firma: bei der Arbeitszeit, ob es eine Betriebskita gibt | |
oder die Möglichkeit für ein Sabbatical. So entsteht der Kulturwandel, nach | |
dem allerorten gerufen wird. | |
## Geld alleine ist es nicht | |
Die 58 Prozent sagen aber noch etwas anderes aus: Es ist nicht allein das | |
Elterngeld, das einen (finanziellen) Anreiz schafft, Müttern und Vätern zu | |
gleichen Chancen und Rechten zu verhelfen – beruflich wie familiär. Es ist | |
stets das „Gesamtpaket“ aus unterschiedlichen familienpolitischen | |
Maßnahmen, die Vereinbarkeit von Job und Familie erst möglich machen. | |
Familienfreundlichkeit gedeiht, wo Menschen gern zusammen mit Kindern leben | |
und nicht jede Kita wegen Lärmbelästigung weggeklagt wird. | |
Wo das gegeben ist, lassen sich Familien gern nieder. Insofern ist Jena mit | |
seinen 58 Prozent „aktiven“ Vätern zwar weit vorn. Aber noch lange nicht | |
Spitze. Spitze sind 100 Prozent. | |
7 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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