Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Preispolitik des Deutschen Milchkontors: Der Fluch der Größe
> Während mit dem Handel neue Kontrakte ausgedealt werden, schauen
> Milchbauern mit Sorge auf den Branchenriesen Deutsches Milchkontor in
> Zeven.
Bild: Protest gegen Spottpreise: Bauern blockieren die DMK-Molkerei in Edewecht
BREMEN taz | Die Auszahlungspreise steigen. Fast überall entschärft sich
die Milchkrise. Nicht aber bei der größten deutschen Molkerei, dem
Deutschen Milchkontor (DMK), mit Sitz im niedersächsischen Zeven: Weil
derzeit die Halbjahreskontrakte mit dem Lebensmitteleinzelhandel
ausbaldowert werden, warnt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft (ABL) das DMK, „weiter den billigen Jakob zu machen“, so
ABL-Bundes-Vize Ottmar Ilchmann, Milchviehhalter aus Rauderfehn.
Vergangene Woche hatte Ilchmann deshalb erneut gemeinsam mit dem
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) eine Demo von 40 BäuerInnen
vor dem DMK-Werk Edewecht angeführt: Bereits zum vierten Mal im laufenden
Jahr – immer ging’s gegen die Preispolitik des Konzerns. Denn es zahlt
europaweit keine Großmolkerei weniger Geld an ihre Zulieferer als die
DMK-Genossenschaft.
Dass überall sonst die Milch seit Juli teurer wird – hier hat noch keiner
so recht davon profitiert: Rund 20 Cent pro Kilo weniger als den
Spotmarktpreis hat die DMK an ihre Mitglieder im September ausgezahlt. Das
bedeutet einen Unterschied von gut 9.000 Euro für den niedersächsischen
Durchschnittshof mit 78 Kühen. Im Oktober will man die Kluft verringern, 26
Cent soll’s dann geben: Die „aktuell anziehenden Märkte für Milchprodukte…
würden „genutzt, um mit dem Handel Preisverbesserungen zu erzielen“, heißt
es. Und selbstverständlich werde man die „Mehreinnahmen direkt und in
vollem Umfang“ an die Milcherzeuger weiterleiten.
Bei denen wächst der Zorn: Schon dass es auf dem Höhepunkt der Milchkrise
im Frühjahr für die Molkereibeschäftigten eine Gehaltserhöhung von 4,5
Prozent gab, fanden, bei aller Solidarität, nicht alle witzig. Und als im
Juni die Delegiertenversammlung den Vorstand ohne einen Mucks entlastet
hat, ist vielen der Kragen geplatzt.
Unterschriften werden gesammelt, um eine Generalversammlung einzuberufen.
Zehn Prozent der Mitglieder müssen das fordern. „Die kriegen wir zusammen“,
ist von den Initiatoren zu erfahren, die ihren Namen nicht nennen wollen:
Aufmüpfigen Mitgliedern hat die DMK in der Vergangenheit schon übel
mitgespielt. Da kommt man lieber nicht zu früh aus der Deckung.
Denn natürlich geht’s den Bauern mies: Bald zwei Jahre lang haben sie zu
einem Preis verkaufen müssen, der die Hälfte der Herstellungskosten deckt.
Es sei „ein Trauerspiel, wie hier die guten, jungen Kühe zum Schlachter
gehen“, so viel zur Lage. Das DMK gibt über die Mitgliederentwicklung keine
Auskunft. Branchenkenner gehen von einem Minus von fast zehn Prozent aus.
Es spricht viel dafür, dass diese Abgänge beim DMK den Spotmarktpreis in
die Höhe treiben: Der Spotmarkt ist, grob gesagt, der Markt, auf dem die
Molkereien untereinander Milchmengen handeln. Wenn bei einer viel ausfällt,
muss sie das kompensieren. Die Anlagen, wie der nigelnagelneue „Pulverturm“
des DMK in Zeven zur Trockenmilchherstellung, haben viel Geld gekostet. Die
müssen ausgelastet sein. Sonst werden die Gläubiger unruhig.
Also muss zugekauft werden. Zu 40 Cent das Kilo, also fast doppelt so viel
wie DMK-Mitglieder bekommen. „Das ist schon ein Teufelskreis fürs DMK“,
sagt Ilchmann. Durchbrechen könne man den nur durch bessere Kontrakte.
Allerdings „appelliert“ das DMK diesbezüglich nach eigener Auskunft bloß …
den Handel, „nicht seine Marktmacht auszuspielen, sondern aufrichtige
Solidarität mit den Landwirten zu zeigen“: So bereitet man keinen Coup vor,
sondern eher eine Schuldzuweisung für einen miesen Abschluss.
13 Oct 2016
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Landwirtschaft
Milchquote
Milchproduktion
Milch
Milchbauern
MIlchpreis
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft
Monopol
MIlchpreis
MIlchpreis
Lesestück Recherche und Reportage
Artgerechte Tierhaltung
Christian Meyer
Landwirtschaft
Tierschutz
Landwirtschaft
Landwirtschaft
Milch
MIlchpreis
Landwirtschaft
Milch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Steigender Butterpreis: Das Kartell ist überall
Milch ist knapp, Butter wird teurer, kostet in Discountern aber gleich
viel. Ein Preiskampf zwischen den Konzernen wäre denen zu ungemütlich.
Milchbäuerin über Preise: „Zum Überleben reicht das nicht“
10 Cent mehr pro Liter Milch sind wenig, aber besser als nichts: Das sagt
Johanna Böse-Hartje, Landesvorsitzende des Bundes Deutscher
Milchviehhalter.
Brandenburg trifft Belarus: Spreewälder Einsichten
Veronika Radchenko aus Wizebsk lernt bei Bauer Buduschin in Brandenburg.
Sie erfährt, dass Landwirtschaft mehr ist als Monokultur.
Gesundheit von Kühen: Bio ist kein Allheilmittel
Entzündete Euter, kaputte Beine – eine Studie zeigt, wie schlecht es auch
Öko-Tieren geht. Forscher fordern konkrete Vorgaben für Krankheitsfälle.
Agrarminister Meyer übers Wegwerfen: „Wir brauchen vielleicht Bußgelder“
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer will das Wegwerfen
von Lebensmitteln per Gesetz verbieten. Fast die Hälfte wird nicht
verbraucht.
Strafzahlungen für Landwirte rechtens: Der Milchbauer ist ein armes Schwein
Das Finanzgericht Hamburg hat gegen die Milchbauern entschieden: Die
umstrittene Abgabe wegen zu großer Produktionsmengen ist rechtmäßig.
Foodwatch-Studie zur Tierhaltung: Krank im Stall
Ein Viertel der tierischen Lebensmittel kommt von kranken Nutztieren, sagt
die Verbraucherorganisation Foodwatch. Veterinäre bezweifeln das.
Bauernvertreter über Milchpreis-Krise: „Aldi nutzt Bauern gnadenlos aus“
Der Discounter muss auf eine geringere Milchproduktion drängen, sagt
Bauernsprecher Ilchmann. Deshalb seien Blockaden von Aldi-Lagern okay.
Bauernvertreter über schlechte Ernte: „Bio-Preise sorgen für Stabilität“
Die Getreide- und Rapsernte fiel in Deutschland schlecht aus.
Bauernvertreter Martin Schulz sagt, Bio-Bauern seien besser abgesichert.
Milchbauern in der Krise: Stille im Stall
Auf dem Milchgipfel verspricht die Regierung rund 100 Millionen Euro Hilfe.
Bauer Sebastian Köhler zuckt mit den Schultern: „Sterbegeld“ sei das.
Milchgipfel beschließt Soforthilfe: 100 Millionen Euro für Bauern
Der Milchpreis ist im Keller, viele Höfe fürchten um ihre Existenz. Auf dem
„Milchgipfel“ von Bundesagrarminister Schmidt gibt es nun einen ersten
Beschluss.
Debatte Milchpreis: Weniger wäre mehr
Wenn der Milchpreis wieder steigen soll, gibt es nur eine Lösung: Der Staat
muss die Bauern zwingen, weniger Milch zu liefern.
Milchgipfel soll Milchbauern retten: Minister setzt auf direkte Hilfen
Ein bisschen Einigkeit gibt es schon vor dem Milchgipfel: Der Milchpreis
sei zu niedrig, Schuld soll vor allem der Handel sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.