# taz.de -- Strafzahlungen für Landwirte rechtens: Der Milchbauer ist ein arme… | |
> Das Finanzgericht Hamburg hat gegen die Milchbauern entschieden: Die | |
> umstrittene Abgabe wegen zu großer Produktionsmengen ist rechtmäßig. | |
Bild: So müssen sich die deutschen Milchbauern fühlen | |
HAMBURG dpa | Die Strafzahlung für deutsche Milchbauern wegen zu hoher | |
Milchproduktion im Wirtschaftsjahr 2014/15 ist rechtmäßig. So urteilte das | |
Finanzgericht Hamburg am Freitag in sieben Musterverfahren. Das Urteil gilt | |
als Signal für ähnliche Verfahren in ganz Deutschland. Insgesamt geht es um | |
Abgaben von 309 Millionen Euro für die deutsche Milchwirtschaft, die ihre | |
zugeteilten Produktionsmengen deutlich überschritten hatte. Das Urteil ist | |
noch nicht rechtskräftig; die Revision zum Bundesfinanzhof ist zugelassen. | |
Die Kläger hatten die Rechtsgrundlagen für die Abgabe angezweifelt. | |
Die EU-Milchquote regelte mehr als 30 Jahre lang die europäische | |
Milchproduktion. Für jedes Land legte die EU eine Höchstmenge fest, die auf | |
die Betriebe verteilt wurde. Ziel war es, die Einkommen der Landwirte zu | |
sichern, Überproduktion zu vermeiden, die Milchseen in der EU auszutrocknen | |
und die Butterberge abzutragen. Wenn ein Land seine zugeteilte | |
Produktionsmenge überschritt, musste es eine Abgabe zahlen, zuletzt rund 22 | |
Cent je Liter. Die wurde wiederum auf die Erzeugerbetriebe umgelegt, die | |
für die Überproduktion verantwortlich waren. Ende März 2015 lief die | |
Milchquote aus. | |
Dieses System von Regulierung und Sanktion sollte auch für das letzte Jahr | |
der Milchquote gelten. „Es gibt keine Anzeichen, dass der Gesetzgeber der | |
EU davon abweichen und auf die Erhebung der Abgabe verzichten wollte“, | |
sagte der Vorsitzende des 4. Senats und Präsident des Finanzgerichts | |
Hamburg, Christoph Schoenfeld. | |
Die Kläger, in den Musterverfahren Landwirte aus Niedersachsen, sehen | |
dagegen eine Lücke in der Gesetzgebung: Weil die Verordnung zur Milchquote | |
am 31. März 2015 ausgelaufen sei, habe es keine Rechtsgrundlage mehr für | |
die Gebührenbescheide gegeben, die erst im Sommer des gleichen Jahres | |
verschickt wurde. „Hier hat der Gesetzgeber schlampig gearbeitet“, sagte | |
ein Anwalt der Kläger. Das Gericht folgte dem nicht. Nachträgliche | |
Bescheide seien eine übliche Technik im Steuer- und Abgabenrecht, | |
argumentierte es. | |
## In einigen Fällen existenzbedrohend | |
Für die betroffenen Landwirte ist die Entscheidung einschneidend und in | |
einigen Fällen sogar existenzbedrohend. Bundesweit liegen rund 4.000 | |
Einsprüche gegen die Abgaben vor; allein beim Finanzgericht Hamburg sind | |
200 Klagen anhängig. Sie ruhen jedoch bis zu einer rechtskräftigen | |
Entscheidung des Bundesfinanzhofs oder des Europäischen Gerichtshofs | |
(EuGH). Insgesamt überschritten zwölf EU-Länder ihre Milchquoten und lösten | |
damit Abgaben von rund 800 Millionen Euro aus. Nur deutsche Landwirte | |
klagen jedoch. Weitere Verfahren seien nicht bekannt, sagte ein Vertreter | |
des Bundesfinanzministeriums bei der Verhandlung. | |
Die Verbände der Landwirtschaft nehmen nicht eindeutig Stellung für die | |
betroffenen Landwirte, sondern eine neutrale Position ein. „Manche | |
Landwirte haben die Quote eingehalten, andere nicht“, heißt es beim | |
Landesbauernverband Schleswig-Holstein. | |
Hohe Erzeugerpreise und die Aussicht auf einen freien Milchmarkt | |
veranlassten einige Betriebe, ihre Produktion auszubauen. Andere Landwirte | |
haben wohl mit der Milchquote ein riskantes Spiel getrieben. In manchen | |
Jahren wurde für den einzelnen Betrieb keine Abgabe fällig, auch wenn er | |
über der Quote produziert hatte, weil bundesweit die vorgegeben | |
Produktionsmengen eingehalten wurden. Darauf haben einige Milchbauern | |
spekuliert, ihre Quoten verkauft und ohne Quote produziert. Sie haben sich | |
nun verzockt – falls nicht höhere Instanzen das Hamburger Urteil doch noch | |
korrigieren. | |
30 Sep 2016 | |
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