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# taz.de -- Wiener Flüchtlingsgipfel: Flüchtlingsabwehr lautet die Devise
> Beim Flüchtlingsgipfel sind alle zufrieden mit der Schließung der
> Balkan-Route. Griechenland soll geholfen werden.
Bild: Regierungschefs der EU beim Gipfeltreffen in Wien
WIEN taz | Möglichst weit weg soll die Grenze für Flüchtlinge gezogen
werden. So lautete der Konsens auf der Flüchtlingskonferenz, die
Österreichs Kanzler Christian Kern (SPÖ) am Samstag in der Wiener Hofburg
einberufen hatte. Unter seinem Vorsitz suchten Regierungschefs von
Griechenland bis Ungarn, Angela Merkel sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk
und Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos ein Rezept für die
Bewältigung der Flüchtlingskrise.
Die konkreten Ergebnisse mögen bescheiden sein: Griechenland soll von der
Grenzschutzagentur Frontex mehr Unterstützung zur Kontrolle seiner
Nordgrenze bekommen. „Der Türkei-Deal muss garantiert werden“, sagte Kern,
notfalls durch Visa-Liberalisierung. Und drittens habe man sich geeinigt,
die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Die Rede ist von Abkommen nach dem Vorbild des Türkei-Deals mit Ägypten,
Jordanien und Libyen, möglichst auch Niger und Mali. Alles
Absichtserklärungen, unterfüttert mit ein paar finanziellen Zusagen. Doch
im imperialen Ambiente im Zentrum der ehemaligen Donaumonarchie dürfte
atmosphärisch Einiges gelungen sein. Besonders gelobt wurde das offene
Gesprächsklima.
Man habe Klartext geredet, zeigte sich Ungarns Premier Viktor Orbán freudig
überrascht. Anders als der von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) im
vergangenen Februar zusammengetrommelte Westbalkangipfel, der Griechenland,
Deutschland und die EU ausgeschlossen hatte, versammelte das Treffen vom
Samstag alle Beteiligten. Kurz hatte damals mit den Balkanstaaten zu Lasten
Griechenlands die Abriegelung der Landgrenze vereinbart. Der Effekt stellte
sich fast unmittelbar ein.
## Viktor Orbán sieht sich bestätigt
Seit April sind über die Balkan-Route nur mehr knapp 18.000 Flüchtlinge
nach Österreich gekommen, 50.000 nach Deutschland. Größere soziale
Verwerfungen in diesen beiden Ländern konnten damit verhindert werden.
Allerdings hat der Rückstau in Griechenland die Krise dort noch verschärft.
70.000 Menschen sind in überfüllten Lagern zusammengepfercht, 14.000 von
ihnen auf einer Handvoll ägäischer Inseln.
Dass insgeheim auch die Kritiker des undiplomatischen Alleingangs heute
froh über den Riegel am Balkan sind, hat Donald Tusk am deutlichsten
ausgesprochen: „Wir müssen praktisch und politisch sicherstellen, dass die
Westbalkanroute für illegale Migranten für immer geschlossen ist.“
Bestätigt in seiner Haltung sah sich auch Viktor Orbán. Sein viel
gescholtener Zaun, der die Grenze zu Serbien abdichtet, habe Österreich und
Deutschland viel erspart. Die halbe Milliarde Euro, die die Grenzsicherung
das Land koste, sei dessen solidarischer Beitrag zur Bewältigung der
Flüchtlingskrise. Da könne man nicht auch noch verlangen, dass Ungarn
massenhaft Fremde aufnehme, die die ethnische Einheit des Volkes bedrohen
würden. Man hätte es sich leicht machen können und weiter Zehntausende
durchwinken. „Die wollen alle nach Deutschland und Österreich.“
Orbán sprach von zwei Denkschulen in der Europäischen Union: die eine gehe
davon aus, „dass völkerwanderungsartige Migrationsbewegungen nicht
aufzuhalten seien“. Die andere – und dazu gehöre Ungarn – beweise, dass …
die Grenzen dicht machen könne. Er verlangte eine „Verteidigungslinie“,
möglichst schon an der griechisch-mazedonischen und der
griechisch-bulgarischen Grenze.
25 Sep 2016
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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