# taz.de -- Antiisraelische Lehre in Hildesheim: Nur zulässiger Antisemitismus | |
> An der Hochschule Hildesheim unterrichtet eine Dozentin über die soziale | |
> Lage palästinensischer Jugendlicher – mit antijüdischer Propaganda. | |
Bild: Eine Dozentin soll an der HAWK in Hildesheim antisemitisches Material gez… | |
HAMBURG taz | Die E-Mail bot einen Lehrauftrag an der [1][Hochschule für | |
angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK)] in Hildesheim an. Rebecca Seidler | |
sollte an der HAWK für das Wintersemester 2015/16 ein Seminar über jüdische | |
Soziale Arbeit in Deutschland und Israel anbieten. „Ein spannendes Thema“, | |
fand die promovierte Religionspädagogin. Seidler, die in Hannover eine | |
Praxis für psychosoziale Beratung betreibt, und auch an der Hildesheimer | |
Uni lehrt, war interessiert an dem Seminar, das als Modul gemeinsam mit | |
einer Lehrveranstaltung „Zur sozialen Lage von Jugendlichen in Palästina“ | |
angeboten werden sollte. | |
Verwundert war sie allerdings, als sie sich dazu das Unterrichtsmaterial | |
der Lehrbeauftragen Ibtissam Köhler anschaute, die ihr Seminar bereits seit | |
zehn Jahren anbietet. Darin fand sich nichts über Aspekte und Formen | |
Sozialer Arbeit mit palästinensischen Jugendlichen weder in Deutschland | |
noch in Palästina. Dagegen wurde ein Sammelsurium von Quellen offeriert, | |
mit denen, so Seidlers Eindruck, „das Bild der völligen Entrechtung der | |
Palästinenser durch Israel“ vermittelt werden sollte. | |
Mal ging es um „Folteropfer in israelischen Gefängnissen“. Dann wurde den | |
Studierenden Seminarmaterial unter dem Titel „Unsere Söhne werden ihrer | |
Organe beraubt“ über angeblichen Organraub durch israelische Streitkräfte | |
bereitgestellt. Kritische Anmerkungen von Seidler ließ die zuständige | |
Dekanin, Christa Paulini, schriftlich unbeantwortet. In einem späteren | |
Telefonat tat sie die Kritik als „persönliche Empfindlichkeit“ ab. Auch | |
wenn, wie die HAWK zugibt, „die Ausrichtung des Seminars immer mal wieder | |
in der Diskussion“ stand. Der Lehrauftrag kam nicht zustande, Seidler sagte | |
wegen „der Unwissenschaftlichkeit und Einseitigkeit des Seminars“ ab. | |
Jan Riebe hat das Seminarmaterial von Ibtissam Köhler, die eine Bitte um | |
eine Stellungnahme unbeantwortet ließ, analysiert. Der wissenschaftliche | |
Mitarbeiter der [2][Amadeu Antonio Stiftung] in Berlin ist entsetzt. „Das | |
Material erweckt nicht einmal den Anschein einer Wissenschaftlichkeit.“ | |
Gegenpositionen seien in keinem der vorliegenden Texte zu finden. Die | |
Auswahl solle „die Politik Israels in einer einseitigen, delegitimierenden | |
bis antisemitischen Betrachtungsweise“ behandeln, schreibt er. Sein Urteil: | |
„Ein in der Art aufgebautes Seminar ist unvereinbar mit den demokratischen | |
Grundsätzen einer Hochschule. Es wird den Studierenden ein zutiefst | |
antiisraelisches, in Teilen sogar antisemitisches Weltbild vermittelt.“ | |
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, empörte sich | |
über das Seminar in einem Schreiben an die niedersächsische | |
Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajić (Grüne), und bat darum, | |
„dass ein derartiges Seminar nicht mehr in ihrem Zuständigkeitsbereich | |
angeboten wird“. Für die [3][Jerusalem Post] diagnostizierte der Sprecher | |
des Außenministeriums, Emmanuel Nahshon, die ganze HAWK sei offenbar „a | |
hatred factory“ eine Hassfabrik – keine Hochschule. | |
An der HAWK ist man sauer über die Intervention, berichtet ein Mitglied der | |
Hochschule mit der Bitte um Vertraulichkeit. Schon Paulini hatte im | |
Telefonat mit Seidler geklagt, man werde „angeschwärzt“. Und | |
HAWK-Präsidentin Christine Dienel beklagt, die Einrichtung werde zum | |
„Schlachtfeld des israelisch-palästinensischen Konflikts“ gemacht. Sie | |
vertraue der Fakultät, wissenschaftlich fundiert mit dem Material | |
umzugehen. | |
## „In zulässiger Weise“ | |
Auch die Ethik-Kommission, die in der Causa Köhler im Mai tagte, hatte | |
„keinen Anhaltspunkt“ gesehen, dass „antisemitische Inhalte in unzulässi… | |
Weise propagiert“ würden – ganz, als ob es auch eine zulässige Weise gäb… | |
Auf Drängen von Heinen-Kljajić hat sich die Hochschule mittlerweile | |
durchgerungen, den Köhler-Kurs begutachten zu lassen. Durch wen, ist laut | |
Ministerium noch unklar. Dass sie von der Expertise der Antonio-Stiftung | |
wenig hält, hatte Hochschulpräsidentin Christiane Dienel der taz schon | |
verraten. | |
Offenbar in Reaktion auf frühere Beschwerden hat die HAWK schon seit | |
längerem den Besuch zweier weiterer Seminare „verpflichtend“ an die | |
Köhler’sche Lehrveranstaltung gekoppelt: „Der Nahostkonflikt – Perspekti… | |
von sozialer Arbeit in Israel“ und „Jüdisches Leben in Deutschland“. | |
Letztere aber findet schon seit einem Jahr nicht mehr statt – | |
krankheitsbedingt. | |
1 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hawk-hhg.de/ | |
[2] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/ | |
[3] http://www.jpost.com/Diaspora/German-Universitys-course-claims-Israel-harve… | |
## AUTOREN | |
Hans-Ulrich Dillmann | |
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