# taz.de -- Antisemitismus bei Olympischen Spielen: Israels Athleten gemobbt | |
> Sportler aus Israel werden bei Olympischen Spielen oft mit unangemessenem | |
> Verhalten konfrontiert. Medien und Veranstalter interessiert das kaum. | |
Bild: Der Iraner Arash Miresmaeili (o.) und der Israeli Ariel Zeevi (u.) bei de… | |
Salim al-Haj Nicolas schien sehr stolz auf seine Tat zu sein. „Ich | |
blockierte den Eingang des Busses mit meinem Körper“, erzählte der Chef des | |
libanesischen Olympiateams, „obwohl ich wusste, dass manche der | |
israelischen Sportler sich vorbeidrängen wollten und auf Ärger aus waren.“ | |
Der Ärger, den der Funktionär unterstellte, war der Versuch einiger | |
Israelis, einen Bus zu betreten, der sie am Freitagabend vom olympischen | |
Dorf zur Eröffnungsfeier der Spiele ins Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro | |
bringen sollte. „Es gab über 250 Busse“, fügte der Funktionär aus dem | |
Libanon hinzu. „Warum wollten sie ausgerechnet mit uns fahren?“ | |
Die Organisatoren beugten sich. „Das Organisationskomitee sah das grausame | |
Verhalten der Libanesen und teilte uns bloß einem anderen Bus zu“, | |
berichtete Gili Lustig, Chef de Mission von Israel. Die Aktion seines | |
Funktionärskollegen nannte er einen „Schlag ins Gesicht Olympias“. Auch Udi | |
Gal, israelischer Segeltrainer und einer der Olympioniken, denen der | |
Zutritt zum Bus verweigert wurde, äußerte sich auf Facebook: „Sie wollten | |
einen internationalen Skandal und womöglich auch eine körperliche | |
Auseinandersetzung verhindern.“ | |
Offensiv verhielt sich auch das IOC nicht. Bis Sonntagnachmittag reagierte | |
es gar nicht, dann sprach es eine sachte Verwarnung aus: Al-Haj Nicolas | |
solle so etwas nicht wiederholen. Der Auftritt von Al-Haj Nicolas stellt | |
den bisherigen Höhepunkt antiisraelischer Aktivitäten während der | |
Olympischen Spiele dar. Dass er beinahe nur in israelischen und jüdischen | |
Medien thematisiert wurde, ist eine typische Erfahrung israelischer | |
Sportler. | |
## Kleinboykotte ohne internationalen Beistand | |
Auch über die saudische Judoka Joud Fahmy war in der internationalen Presse | |
wenig zu lesen. Sie brach ihren Erstrundenkampf gegen Christianne Legentil | |
(Mauritius) überraschend ab. Ihre nächste Gegnerin wäre die Israelin Gili | |
Cohen gewesen. Später teilte die saudi-arabische Mannschaftsleitung mit, | |
Fahmy habe sich im Training an Armen und Beinen verletzt; ein Attest liege | |
vor. Der Verdacht machte schnell die Runde, dass die saudische Sportlerin | |
einfach nicht gegen eine israelische antreten wollte oder durfte. | |
Solche Kleinboykotte ohne internationalen Beistand erleben israelische | |
Sportler oft. 2008 in Peking etwa trat der iranische Brustschwimmer | |
Mohammed Alirezaei nicht in seinem Vorlauf an – dort hätte er sich das | |
Wasser mit einem Israeli teilen müssen. Angeblich war er krank. | |
Sein Kollege, Mohammed Bidarian, verzichtete sogar ganz auf eine Teilnahme | |
2008. Seine letzte Chance auf eine sportliche Qualifikation über 100 Meter | |
Freistil bei den Offenen Kroatischen Schwimmmeisterschaften ergriff er | |
nicht. Dort, in Dubrovnik, hatte sich auch ein Israeli qualifiziert. | |
Bidarian weigerte sich, Olympia fand ohne ihn statt, das Regime in Teheran | |
bereitete ihm einen herzlichen Empfang. Erst 2012 in London war Bidarian | |
dann dabei. | |
## „Eine nationale Ruhmestat“ | |
2004 in Athen hatte es einen ähnlichen Vorfall gegeben: Der iranische | |
Judo-Weltmeister Arash Miresmaeili blieb dem Kampf gegen einen Israeli | |
einfach fern. Der damalige iranische Staatspräsident Mohammed Chatami | |
nannte es „eine nationale Ruhmestat“, weil der Judoka „aus Protest gegen | |
Massaker, Terror und Besetzung auf eine sichere Olympiamedaille“ verzichtet | |
habe. | |
Da Miresmaeili aber weiter international Sport treiben wollte, einigte man | |
sich schnell auf die Version, er sei wegen zwei Kilogramm Übergewicht nicht | |
angetreten. Dafür soll das Regime Miresmaeili eine Prämie von umgerechnet | |
125.000 Dollar überwiesen haben. Der Judo-Weltverband sperrte ihn nicht. | |
Wie man Boykotteure überrumpeln kann, führte 2008 David Blatt vor. Der | |
israelische Basketballtrainer, damals Coach der russischen Auswahl, ging | |
vor dem Spiel gegen den Iran zu jedem Gegner und gab ihm die Hand. Den | |
Iranern blieb nichts anderes übrig, als den sportlichen Gruß zu erwidern. | |
13 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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