# taz.de -- Historiker über Schweiz und Brexit: „Das ist pure Angstbewirtsch… | |
> Auch die Schweiz sieht sich als Insel der EU. Jakob Tanner über Europas | |
> Rechte, die SVP und direkte Demokratie als Empörungs- und | |
> Ermächtigungsspektakel. | |
Bild: Auch beim Open Air Festival in St. Gallen darf die Nationalfahne nicht fe… | |
taz.am wochenende: Herr Tanner, die Briten haben für den Brexit gestimmt. | |
Auch die Schweiz sieht sich als Insel in der EU. Wie beurteilt man von der | |
Schweiz aus die Abstimmung in Großbritannien, was bedeutet sie für Europa? | |
Jakob Tanner: Die Rechtspopulisten jubeln, allen voran die SVP. „Brexit | |
oder Betrug“, heißt es in einigen Medien. Insgesamt ist das Meinungsbild | |
gespalten. Wirtschaftsliberale wittern die Chance für den Rückbau der EU | |
auf eine Freihandelszone. Die Linke beurteilt den Ausstieg Großbritanniens | |
aus der EU fast durchwegs negativ. | |
Also Rückenwind für Europas Rechtspopulisten nach der Brexit-Abstimmung? | |
Klar stärkt das den Rechtsdrall. Am rechten Pol des Parteienspektrums | |
herrscht unverhohlene Genugtuung. Es wird das Bild eines langsam sterbenden | |
EU-Monsters gezeichnet. Der Brexit als ideologischer Brandbeschleuniger. | |
Die einen wollen raus, die anderen erst gar nicht rein. Zentral ist dabei | |
oft die Flüchtlingspolitik. „Wollen Sie aus Ihrer Wohnung fliegen? Nein, | |
zur Asylgesetz-Revision“ steht auf einem Plakat der SVP am Zürcher | |
Hauptbahnhof diesen Sommer. Was sagen Sie dazu? | |
Es handelt sich um pure Angstbewirtschaftung. Vielerorts in Europa werden | |
mittels einer medialen Maschinerie nationalistische Emotionen regelrecht | |
hochgezüchtet. Großbritannien ist das Musterbeispiel dafür. Sicher gibt es | |
auf Wohnungsmärkten wie in Zürich oder London Probleme. Die Preise, die | |
Mieten sind für viele zu hoch. Aber das kann man nicht auf Migration oder | |
Asylpolitik zurückführen. | |
Es wird aber behauptet? | |
Ukip- oder SVP-Politiker benötigen Feindbilder, damit ihre Politik | |
funktioniert. Sie spekulieren auf die Verlustängste vieler Menschen. Angst | |
vor Zukunft, vor Abstieg, vor dem Fremden: das sind Mobilisierungsfaktoren. | |
Seit den 1990er Jahren arbeitet die SVP in der Schweiz permanent mit | |
Bildern, die die Nation von außen als bedroht darstellen. Abwechslungsweise | |
geraten „Asylanten“, Einwanderer, EU oder Völkerrecht ins Schussfeld. Die | |
SVP hatte Erfolg damit. Die Propaganda zeigte einen dem Klischee nach | |
ausländischen Mann, der mit einem Dolch auf eine Frau einsticht. Oder: ein | |
schnauzbärtiger Mann zerreißt die Schweizer Fahne, um in das Land | |
einzudringen. Mit Schlagzeilen wie: „Kosovaren schlitzen Schweizer auf“ und | |
ähnlichen Methoden wurde aus der 12- eine 30-Prozent-Partei. Die SVP hat | |
das auch mit überlegenen finanziellen Ressourcen erreicht. Sie hat direkte | |
Demokratie und moderne Werbung in eine neue Synthese gebracht. | |
Die Schweizerische Volkspartei kommt aus dem ländlichen Raum. Auch in | |
England wählten viele gegen die Stadt und das proeuropäische London. Lässt | |
sich das vergleichen? | |
Ich bin mir nicht sicher. Die Schweiz ist ein kleines Land und da können | |
steinreiche Einzelpersonen wie der Unternehmer Christoph Blocher mit ihrem | |
Geld für die SVP viel leichter etwas bewegen. In der direkten Demokratie | |
lassen sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zwar nicht „kaufen“. Das | |
permanente Heraufbeschwören imaginärer Gefahren und die nicht abbrechenden | |
Kampagnen gegen die „Brüsseler Bürokratie“ tun trotzdem ihre Wirkung. | |
Wie kam Blocher zu seinem Vermögen? | |
Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass Christoph Blocher durch die | |
Internationalisierung von Schweizer Traditionsunternehmen und durch globale | |
Wirtschaftsaktivitäten in die Liga der „Superreichen“ aufstieg. Kaum hatte | |
er das geschafft, begann er in städtischen Agglomerationen und in | |
ländlichen Gemeinden nationalkonservative „Puurezmorge“ | |
(„Bauernfrühstücke“) zu finanzieren. Die genauen Summen sind unbekannt, d… | |
SVP vermeidet Transparenz. | |
Die direkte Demokratie als potenzielles Einfallstor für Rechtspopulisten – | |
gerade in Zeiten digitaler Mediengesellschaften, die in ihren Gemütslagen | |
starken Schwankungen unterliegen? | |
Es gibt einen Funktions- und Strukturwandel der direkten Demokratie. Als | |
1874 und 1891 die jetzige schweizerische Verfassung beschlossen wurde, | |
warnten aufgeklärte Freisinnige auch vor möglichen negativen Folgen. Man | |
hatte Angst vor Massen, Mob und Pöbel. Im Fin de siècle (1890 bis 1914) | |
hatte die demokratische Partizipation der Bevölkerung ein unheimliches | |
Pendant im Aufstieg der extremen Rechten in Europa wie etwa der Action | |
Française. Diese Kräfte arbeiteten an der hyperdemokratischen | |
Kurzschließung von Volk und Führer – gegen die parlamentarische Demokratie. | |
In der Schweiz gelang es ihnen aber historisch gesehen nicht? | |
Obwohl es in der Schweiz einige Momente einer antisemitischen | |
Massenmobilisierung gab – insbesondere mit der „Schächtverbotsinitiative“ | |
von 1893 –, konnten die direktdemokratischen Instrumente in Einklang mit | |
einer repräsentativen Demokratie gebracht werden. In dieser halb-direkten | |
Demokratie lancieren zivilgesellschaftliche Gruppen, organisierte | |
Interessen und auch kleine Parteien ihre Reformanliegen mittels | |
Volksinitiativen. Das hat hundert Jahre lang gut funktioniert. Seit zwei | |
Jahrzehnten erleben wir jedoch direkte Demokratie überwiegend als | |
populistische Empörungsveranstaltung und als Dauerwahlkampf der SVP. Mit | |
einem völkischen Nationenbegriff und einem populistischen | |
Alleinvertretungsanspruch („Schweizer wählen SVP“) propagiert sie das Bild | |
einer homogenen Nation, betreibt den Kampf gegen eine „Classe politique“, | |
unter beträchtlicher Medienresonanz. | |
Ihre letzte ausländerfeindliche Abstimmung hat die SVP dieses Jahr aber | |
verloren? | |
Mit der Durchsetzungsinitiative zur Verschärfung des Ausländerrechts ist | |
die SVP tatsächlich gescheitert. Diese hätte das Rechtssystem ausgehebelt. | |
Die zivilgesellschaftliche Gegenmobilisierung hat erstaunlich gut | |
funktioniert. | |
Für Kontinental-Westeuropa gilt die SVP als eine Art Avantgarde der Neuen | |
Rechten. Sie stieß mit ihren Kampagnen gegen Islam und Ausländer in die | |
Mitte der Gesellschaft vor – lange vor dem Spätsommer 2015 mit seinen | |
großen Flüchtlingsbewegungen nach Zentraleuropa. | |
Es ist ein wenig paradox. Die Zahl der Personen im Asylprozess liegt in der | |
Schweiz im unteren europäischen Durchschnitt. Während der Kriege auf dem | |
Balkan waren sie vergleichsweise hoch. Danach fielen sie wieder auf 40- bis | |
50.000 jährlich. Es gibt in der Schweiz keine „Asylkrise“. Die Sache liegt | |
ähnlich wie in Großbritannien, Frankreich oder Österreich, wo sich Ukip, | |
Front National und FPÖ im Aufbauschen von Einzelvorfällen üben und in der | |
Bevölkerung ein „Out-of-Control“-Gefühl schürten. Wer diesen Politikern | |
zuhört, glaubt sich im permanenten Ausnahmezustand. | |
Welche Rolle spielt für den Aufstieg der SVP die Abgrenzung zur | |
Europäischen Union? | |
Eine sehr wichtige. Die Politik versprach sich einiges von einer | |
politischen Integration der Schweiz in die EU. Kein Land außer Luxemburg | |
und Belgien ist mit der EU wirtschaftlich so eng verflochten wie die | |
Schweiz. Noch 1992 erklärte ein SVP-Bundesrat, der EWR (Europäischer | |
Wirtschaftsraum), dem die Schweiz damals beitreten wolle, sei ein | |
„Trainingslager“, um später das strategische Ziel des EU-Beitritts zu | |
realisieren. Während Regierung und Parlament wirtschaftliche Vorteile | |
hervorhoben, erklärte die SVP, es gehe hier um Sein oder Nichtsein einer | |
„freien Schweiz“. Sie bedient sich dabei einer mythisch verklärten | |
Entstehungsgeschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Motor ist die | |
nationalistische Mobilisierung mit Souveränitätsfiktionen und imaginären | |
Ängsten. | |
Die Insel der Seligen, umgeben von finsteren Mächten? | |
Eine Schweiz, die sich als geglücktes Staatswesen sieht, als Musterland und | |
ein alpines Arkadien inmitten Europas. Oder auch als rettende Insel in | |
sturmgepeitschter See. Dieses Bild stammt aus dem Ersten Weltkrieg. Damit | |
stellte sich die Schweiz als der einzige Ort in Europa dar, wo | |
zivilisiertes Leben noch möglich ist. Der spätere Bundesrat Hermann Obrecht | |
bezeichnete sie 1917 als „Lieblingsaufenthalt der Kapitalisten“. Das war | |
die mentale Grundlage für das nationale Geschäftsmodell des schweizerischen | |
Finanzplatzes, der bereits ab den 1920er Jahren beträchtlich wuchs. | |
Die Anti-EU-Stimmung richtet sich in der Schweiz wie in England nicht nur | |
gegen Flüchtlinge, sondern auch gegen binneneuropäische Konkurrenz. | |
Die Personenfreizügigkeit hat auch in der Schweiz nicht dazu geführt, dass | |
Ausländer Inländern die Stellen wegnahmen. Die Gewerkschaften hatten ihre | |
Zustimmung zu den „bilateralen Verträgen“ mit der EU von Maßnahmen gegen | |
Lohn- und Sozialdumping abhängig gemacht. Im Übrigen hat die Schweiz eine | |
lange Tradition des Braindrains. Man holt sich die klügsten Köpfe aus dem | |
Ausland und spart die Ausbildungskosten. Was sich seit den 2000er Jahren | |
verstärkt zeigte, war eine „Überschichtung“ des Arbeitsmarktes. An dessen | |
„Unterschichtung“ hatte man sich längst gewöhnt. | |
Was meinen Sie damit? | |
Nach 1945 fuhren Unternehmer nach Kalabrien und Sizilien und rekrutierten | |
ganze Dörfer für den Betrieb von Baustellen in der Schweiz. Ein Großteil | |
dieser „Fremdarbeiter“, wie sie hießen, waren „Saisoniers“, die nur 9 | |
Monate im Jahr in der Schweiz bleiben durften – im Winter wurde sowieso | |
nicht so viel gebaut. In der Wirtschaftskrise der 1970er Jahre ließ die | |
Schweiz eine Viertelmillion ausländische Arbeitskräfte nicht wieder | |
einreisen. Sie exportierte so ihre Arbeitslosigkeit. Die Arbeitsmigration | |
besteht bis heute fort; weder Spitäler noch Altersheime noch Restaurants | |
würden ohne sie funktionieren. Seit zwei Jahrzehnten kommen nun verstärkt | |
Hochqualifizierte aus dem Ausland. Das hat den von der SVP geschürten Neid- | |
und Konkurrenzdebatten einen neuen Drive gegeben. | |
Sie sind auch öfters in Wien. Dort agiert eine weitere erfolgreiche rechte | |
Protestpartei, die FPÖ. Wie nahe sind sich Parteien wie FPÖ, SVP oder die | |
britische Ukip? | |
Die historische Ausgangslage ist jeweils eine andere. Die FPÖ war nach 1945 | |
Sammelbecken der Deutsch-Nazis. Ihr heutiger Vorsitzender Heinz-Christian | |
Strache wurde in rechtsradikalen Kampfverbänden groß. Da staunt man schon, | |
wie so jemand in einer Demokratie politisch Karriere machen kann. Es gibt | |
in Österreich die Haltung, man sei das erste Opfer des Nationalsozialismus | |
gewesen. Was immerhin ein Eingeständnis ist, dass der Nationalsozialismus | |
eine Katastrophe gewesen ist. Bei der FPÖ tönt es immer anders: Leider | |
haben wir den Krieg nicht gewonnen. | |
So etwas gibt’s in der Schweiz nicht. Nach 1945 herrschte über das ganze | |
politische Spektrum hinweg die Abgrenzung zum Nationalsozialismus vor. Die | |
„Frontisten“ aus den 1930er Jahren, die das „Dritte Reich“ bewunderten, | |
profilierten sich im Kalten Krieg mit ihrer antikommunistischen Gesinnung | |
als senkrechte Schweizer. Die SVP sog seit den 1990er Jahren die | |
rechtsextremen Kleinparteien, die in diesem Milieu entstanden waren, auf. | |
Bis heute bewirtschaftet die SVP einen Reduit-Mythos. | |
Reduit-Mythos? Das müssen Sie unseren Lesern erklären. | |
Das ist jene Behauptung, nach der die Schweiz sich im Zweiten Weltkrieg | |
kraft eigenen Widerstandswillens aus dem Kriegsgeschehen heraushalten | |
konnte; Dank des Rückzugs der Schweizer Armee in die Berge, die | |
uneinnehmbare Alpenfestung. Daraus lässt sich ein Geschichtsbild | |
konstruieren, in dem die Schweiz sich als geschlossene und | |
widerstandsentschlossene Schicksalsnation der Bedrohung durch Hitler | |
entgegenstellte. Historiker, die auf Verstrickungen zwischen der Schweiz | |
und dem NS-Regime hinweisen, gelten angesichts dieser Identitätsschablone | |
als national unzuverlässig und werden heftig angegriffen. Ein anderer | |
Vergangenheitsbezug als in Österreich ergibt sich aber auch dadurch, dass | |
die SVP (und ihre Vorgängerpartei, die BGB) seit dem Ende der 1920er Jahre | |
an der schweizerischen Regierung beteiligt ist. | |
Also fest verankert im System der Konkordanz, nach dem die im Parlament | |
vertretenen Parteien gemäß ihrer Stärke an der Regierung beteiligt sind? | |
Dies führte zumindest früher zur Mäßigung. Heute versucht die SVP aber | |
ideologisch stramme „Parteisoldaten“ im Bundesrat zu platzieren. Dazu | |
kommen in der Schweiz noch traditionell die Unterschiede zwischen deutsch-, | |
italienisch- und französischsprachigen Gebieten. Die Romandie war bisher | |
viel europafreundlicher als die Deutschschweiz. | |
Kritiker behaupten, erst Angela Merkels Offenheit in der Flüchtlingsfrage | |
habe die AfD in Deutschland stark gemacht und auch den Brexit-Befürwortern | |
Stimmen zugeführt. Wie sehen Sie das? | |
Angela Merkel handelte im Spätsommer 2015 richtig und realpolitisch. Es | |
gibt in der Europäischen Union Werte, Menschenrechte, | |
Verfahrenssicherheiten, die bei etwas Stress nicht einfach gekippt werden | |
dürfen. Die Kanzlerin hatte im Moment, als sie ihre „Willkommenskultur“ | |
verkündete, auch keine andere Wahl, als Aufnahmebereitschaft zu | |
signalisieren, wenn sie die Spannungen in der EU reduzieren wollte. Zudem | |
ist Deutschland ein Einwanderungsland. Es profitiert von Zuwanderung. Und | |
wenn jetzt nur ein jeder vierter der neuen Einwanderer hier irgendwie | |
Karriere macht, dann zahlt sich das bereits rein ökonomisch wieder aus. | |
Doch gerade in Ländern wie der Schweiz fällt auf: Man regt sich | |
fürchterlich auf, wenn ein indoktriniertes muslimisches Kind seiner | |
Lehrerin die Hand nicht schütteln darf, begegnet gleichzeitig dem Wort | |
Willkommenskultur aber mit verstockter Feindschaft. im Übrigen lassen sich | |
die Zuwanderung und insbesondere die Flucht aus Kriegsgebieten nicht so | |
einfach steuern, wie das nationalistische Kontrollmodelle vorgaukeln. Dazu | |
sind Weltprobleme und soziale Ungleichheiten einfach zu groß. | |
Nach den Wahlanalysen waren es gerade die „einfachen Leute“, die jetzt in | |
Wales und England für den Brexit stimmten. Was sagen Sie jenen, die sich | |
vor sozialer Konkurrenz durch Migration aus dem Ausland bedroht fühlen? | |
In Großbritannien stimmten viele ältere Menschen für den Brexit. Während | |
die Jungen, die das Arbeitsleben noch vor sich haben, mit großer Mehrheit | |
für „Remain“ waren. Die Jüngeren schienen besser informiert als die von | |
Verlustangst geplagten Alten, die sich in Nostalgie flüchteten. Die meisten | |
Bedrohungsgefühle basieren nicht auf Erfahrungstatsachen. Es kommt auf die | |
Interpretation an. Und diese ist im Mediensystem asymmetrisch | |
repräsentiert. Viele Menschen muten sich allerdings durchaus ein | |
differenziertes Verständnis komplexer Weltprobleme zu. Und es gibt auch | |
eine große Hilfsbereitschaft und eine Toleranz gegenüber Einwanderern. Das | |
alles ist aber weniger spektakulär als rassistische Sprüche und | |
Katastrophenängste. | |
Gegen den Zuzug von Menschen aus muslimischen Ländern machen viele | |
kulturelle Argumente geltend. Zuletzt häuften sich zudem Anschläge von | |
Islamisten in Europa? | |
Die Anschläge haben wenig mit den aktuellen Flüchtlingsbewegungen zu tun. | |
Die meisten Terroristen sind Einheimische. Und wenn SVP-Politiker jetzt | |
sagen, man sollte die gesamte Schweiz mit Stacheldraht umzäunen, dann denke | |
ich mir: Okay, welche Sicherung ist denn jetzt schon wieder durchgebrannt? | |
Und dennoch: Es gibt viele Leute, die eine Einschränkung ihres | |
laizistischen Lebensstils befürchten und die offene Gesellschaft in Gefahr | |
sehen, wenn mit den Migrationen eine konservative Auslegung des Islams | |
einherginge. | |
Die islamische Community in der Schweiz ist relativ groß und heterogen. Und | |
sie funktioniert wie die christlichen ungefähr auch. Und wie bei diesen | |
bereiten im Islam radikal-fundamentalistische Tendenzen bestimmter Gruppen | |
Probleme. Mit Generalanklagen gegen ganze Religionsgemeinschaften kann man | |
diese sicher nicht lösen. Dem militanten Salafismus rechnen sich in | |
Deutschland und der Schweiz weniger als ein Prozent der Muslime zu. Es gibt | |
zudem eine bedrohliche Gewaltbereitschaft bei der Neuen Rechten, wie sie | |
sich bei Pegida oder Teilen der AfD manifestiert. | |
Die Gewaltbilanz des europäischen Nationalismus ist aus historischer Sicht | |
sowieso katastrophal. Auch aus Sicht der Geschlechtergleichstellung gibt es | |
keinen Grund, sich auf „den“ Islam zu fixieren. In der Schweiz hatten die | |
Frauen bis 1971 nicht mal das Stimmrecht. Es sind vor allem jene | |
politischen Kräfte, die damals gegen das Frauenstimmrecht agierten, die | |
heute ein Zerrbild des Islam zeichnen, aber auch heute eine Gesetzgebung | |
gegen „Gewalt in der Ehe“ ablehnen. Auch da sehen wir eine gewisse | |
historische Kontinuität. | |
8 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Fanizadeh | |
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