| # taz.de -- Kritik am neuen Leiharbeitsgesetz: Ausbeutung am laufenden Band | |
| > Gewerkschaften im Norden kritisieren das neue Leiharbeitsgesetz als | |
| > Minimalkonsens: Der Missbrauch von Werkverträgen werde nicht gestoppt. | |
| Bild: Wird häufig von WerkvertragsarbeiterInnen gemacht: Ausbeinen von Fleisch. | |
| HANNOVER taz | In der Fleischindustrie sind sie mittlerweile das häufigste | |
| Arbeitsverhältnis: befristete, mies bezahlte Werkverträge ohne | |
| arbeitsrechtlichen Schutz. „Bei den vier größten Schlachtkonzernen Tönnies, | |
| Vion, Westfleisch und Danish Crown arbeiten zwei Drittel der Beschäftigten | |
| mit Werkverträgen“, sagt Bernd Maiweg von der Gewerkschaft | |
| Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Hamburg. | |
| Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kritisierten in Hannover | |
| das neue Leiharbeitsgesetz von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD): Es | |
| bilde einen Minimalkonsens ab, sei aber nicht geeignet, den Missbrauch von | |
| Werkverträgen zu stoppen. | |
| Der Austausch von Stammbelegschaften gegen Billiglöhner ist keineswegs auf | |
| die Nahrungsmittelindustrie begrenzt. Im Daimler-Werk Bremen würden | |
| Logistikarbeitsplätze per Werkvertrag an billigere Dienstleister vergeben, | |
| sagt Betriebsrat Ralf Wilke. Und in vielen Krankenhäusern auch im Norden | |
| putzt, kocht und pflegt längst nicht mehr das Stammpersonal, wie Uwe | |
| Ostendorff von der Gewerkschaft Ver.di beklagt. | |
| Auf dem Vormarsch bleibt auch die Leiharbeit: Seit den Hartz-Reformen 2003 | |
| hat sich die Zahl der LeiharbeiterInnen etwa in Niedersachsen verdreifacht | |
| – dabei erhalten so beschäftigte ArbeitnehmerInnen im Schnitt 20 Prozent | |
| weniger Lohn. Verdrängt werden auch hier Stammbelegschaften: So ist von den | |
| rund 2.600 Beschäftigten der Bertelsmann-Tochter Arvato E-Commerce, die von | |
| Hannover aus das Onlinegeschäft von C&A und Esprit erledigt, mehr als jedeR | |
| vierte LeiharbeiterIn. Viele arbeiten bereits seit Jahren so. | |
| Von der Regierung aber ist kaum Hilfe zu erwarten. Zwar hat sich die große | |
| Koalition in Berlin nach jahrelangem Streit Mitte Mai auf eine Neuregelung | |
| prekärer Arbeit geeinigt – doch gerade bei Werkverträgen sei das von | |
| SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles verantwortete Leiharbeitsgesetz „völlig | |
| unzureichend“, kritisiert der DGB. „Es gibt keine Branche, wo nicht massiv | |
| versucht wird, Tarifverträge zu unterlaufen“, sagt der Vorsitzende des | |
| DGB-Bezirks für Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt, Hartmut Tölle. | |
| Trotzdem definiere das neue Gesetz nur unzureichend, was missbräuchliche | |
| Werkverträge überhaupt seien. „Missbrauch findet immer dann statt, wenn | |
| reguläre Beschäftigungsverhältnisse ersetzt werden“, sagt Tölle dazu. | |
| Frontal Stimmung gegen das Gesetz der Sozialdemokratin Nahles machen wollen | |
| die Gewerkschaften im Norden aber nicht: Positiv sei, dass Leiharbeiter | |
| nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden dürften, findet der | |
| DGB-Landeschef. | |
| Überfällig sei auch die zeitliche Begrenzung von Leiharbeit: Nach 18 | |
| Monaten im selben Betrieb sollen ArbeitnehmerInnen in Zukunft in | |
| Festanstellung übernommen werden. Gewerkschafter wie Tölle ahnen deshalb | |
| schon heute, dass LeiharbeiterInnen künftig eben vor Erreichen dieser | |
| Zeitgrenze ausgetauscht werden: „Die Begrenzung bezieht sich nicht auf den | |
| Arbeitsplatz, sondern auf die Person“, kritisiert er. | |
| Insgesamt zeige der Kampf um das Leiharbeitsgesetz den riesigen Einfluss | |
| der Arbeitgeberlobby, die besonders über den Wirtschaftsflügel von CDU und | |
| CSU immer wieder gebremst und mit Boykott gedroht habe, räumt der | |
| DGB-Landeschef ein. Mehr als der vorliegende Minimalkonsens sei nicht drin | |
| gewesen: Tölle verspricht: „Wir werden das Thema am Laufen halten, auch im | |
| Bundestagswahlkampf.“ | |
| 24 May 2016 | |
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| Andreas Wyputta | |
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