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# taz.de -- Musterklage für mehr Selbstbestimmung: Flüchtlingsrat verklagt Ha…
> Der Flüchtlingsrat hat eine Musterklage gegen die Stadt eingereicht. Denn
> Geflüchtete dürfen oft nicht entscheiden, wer sie besucht.
Bild: Geflüchtete in der Unterkunft Nostorf/Horst protestieren schon lange geg…
Hamburg taz | Der Hamburger Flüchtlingsrat kämpft dafür, dass auch
nichtamtliche Berater ungehindert Flüchtlingsunterkünfte betreten dürfen.
Eine entsprechende Musterklage hat er am Mittwoch mit Unterstützung des
Vereins Pro Asyl beim Hamburgischen Verwaltungsgericht eingereicht. Die
Klage richtet sich gegen die jeweiligen Verantwortlichen in den
Innenressorts in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Denn Hamburg bringt
Geflüchtete bereits seit Jahren auch in einer Einrichtung im
mecklenburgischen Nostorf/Horst unter.
Mit Blick auf diese im staatlichen Auftrag betriebenen Einrichtungen
kritisieren Pro Asyl und der Flüchtlingsrat, dass „der Zugang für
Ehrenamtliche und nichtamtliche BeraterInnen wird zu Beratungszwecken in
aller Regel komplett verwehrt“ wird. Eine einheitliche Regel, er rein dürfe
und wer nicht, sei nicht erkennbar und Vorgaben des Hamburger Senats, die
öffentliches Recht und Europarecht berücksichtigten, seien „nach
klägerischer Kenntnis“ nicht vorhanden, hieß es.
Die Kläger führen ein Musterverfahren, weil die Praxis in Hamburg und im
mecklenburgischen Nostorf nach ihrer Ansicht typisch ist für viele
Aufnahmeeinrichtungen in ganz Deutschland ist und außerdem der
EU-Aufnahmerichtlinie von 2013 widerspricht (siehe Kasten).
Unterstützer, so lautet der Vorwurf, werden „aus wechselnden Gründen wie
angeblicher Quarantäne aufgrund von Masern, Umbauarbeiten, fehlenden
Räumlichkeiten, Öffnungszeiten oder auch ohne Nennung jeglichen Grundes“
abgewiesen. Gerade während der ersten Tage und Wochen des Asylverfahrens
sei es jedoch wichtig, die Geflüchteten zu beraten. Die Menschen kämen aus
den Lagern oft „faktisch nicht heraus“.
Dem soll eigentlich die EU-Richtlinie 2013/33 Rechnung tragen. Sie schreibt
vor, dass Berater und Mitarbeiter von anerkannten
Nichtregierungsorganisationen Zugang zu den Unterkünften erhalten sollen,
um den Schutzsuchenden zu helfen. „Der Zugang darf nur aus Gründen der
Sicherheit der betreffenden Räumlichkeiten oder der Antragsteller
eingeschränkt werden“, heißt es darin.
Die Richtlinie hätte bis zum Sommer 2015 in nationales Recht umgesetzt
werden müssen, was der schwarz-rot dominierte Bundestag jedoch auf die
lange Bank schob. Ein entsprechender Antrag, mit dem die Grünen auf eine
Umsetzung drängen, hängt seit einem Jahr im Innenausschuss fest.
In der Praxis, berichtet der Flüchtlingsrat, seien in verschiedenen Fällen
Hausverbote gegen Unterstützende ausgesprochen worden, etwa wenn
Geflüchtete mit Informationsmaterial versorgt wurden. In anderen
Bundesländern seien zum Teil auch Hausverbote gegenüber Journalisten und
Landtagsabgeordneten ausgesprochen worden.
## Abgeordnete können Unterkünfte besuchen
Zumindest die Hamburger Linksfraktion sieht an dieser Stelle keinen Grund,
sich zu beschweren. Abgeordnete hätten die Unterkünfte problemlos besuchen
können, zwar nur mit Anmeldung, aber manchmal auch kurzfristig, sagte
Fraktionssprecher Florian Kaiser.
Der Zentrale Koordinierungsstab für Flüchtlinge sagt, dass es keinen
gesetzlichen Anspruch auf ein allgemeines Zugangsrecht zu Erstaufnahmen
gebe. „Es handelt sich bei diesen Unterkünften nicht um öffentliche
Einrichtungen oder Gebäude in dem Sinne, dass sie der Allgemeinheit
zugänglich sind“, sagte Kerstin Graupner, Sprecherin des
Koordinierungsstabes.
Auch die EU-Aufnahmerichtlinie gewähre kein vorbehaltloses Zugangsrecht für
Nichtregierungsorganisationen zu Flüchtlingsunterkünften. Schließlich
lebten dort Menschen, die nach ihrer Flucht zum ersten Mal zur Ruhe kommen
könnten und auch deshalb eines besonderen Schutzes bedürften.
„Selbstverständlich können Flüchtlinge Rechtsberatungen und Hilfen in
Anspruch nehmen“, versicherte Graupner. Nach vorheriger Absprache und
Anmeldung hätten Rechtsanwälte, Sozialarbeiter und Hilfsorganisationen
Zugang. Auch können die Bewohner jederzeit die Unterkünfte verlassen und
Büros von Nichtregierungsorganisationen aufsuchen.
Letzteres dürfte schwierig sein, wenn die Menschen in so abgelegenen
Einrichtungen wie Nostorf/Horst untergebracht sind – bis zum nächsten Ort
sind es rund acht Kilometer.
18 May 2016
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Hamburg
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Geflüchtete
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Schwerpunkt Flucht
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Flüchtlinge
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