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# taz.de -- NPD-Invasion in Flüchtlingsunterkunft: Nazi-Besuch mit Eskorte
> NPD-Landtagsabgeordnete besuchten eine Erstaufnahmestelle für
> Asylbewerber. Um Provokationen einzudämmen, fuhren andere Abgeordnete
> mit.
Bild: Nadelstreifenmann unter Beobachtung: Udo Pastörs mit Begleitung im Lager…
Hamburg taz | Auf dem Gelände der ehemaligen NVA-Kaserne in Nostorf-Horst
stehen längst auch Großzelte und Container. Erschöpft und erleichtert
wirken viele der Männer, Frauen und Kinder am Eingang. Besorgte Stimmen
über die Zukunft sind aber auch zu hören.
Am Montag hat die NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die
Flüchtlings-Erstaufnahmeeinrichtung besucht. „Ich hoffe, man wird uns kein
Potemkinsches Dorf vorführen wollen“, sagte vor dem Besuch deren
parlamentarischer Geschäftsführer Stefan Kösters. „Wir werden prüfen, wie
dort unsere Steuergelder Verwendung finden.“ Vollzählig war die fünfköpfige
NPD-Fraktion um ihren Vorsitzenden Udo Pastörs in die Einrichtung nahe
Boizenburg gekommen.
Sie kamen aber nicht alleine zu der äußert abgelegenen Aufnahmestelle, die
auch Hamburg nutzt. An die 20 Landtagsabgeordnete der demokratischen vier
Fraktionen waren mit angereist und begleiteten die NPDler bei dem Gespräch
mit dem Landesamt und dem Rundgang über das Gelände. Die Presse durfte
nicht mit. Sie alle trugen einheitliche Jacken mit dem Logo der
landesweiten Demokratie-Initiative „Wir – Erfolg braucht Vielfalt“.
SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery kritisierte den NPD-Besuch als
„zynisch“. Schließlich hätten gerade führende NPD-Politiker regelmäßig…
Protestaktionen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ganz vorne
mitprotestiert.
„Wir wollten den Geflüchteten und Mitarbeitenden zeigen, dass wir sie nicht
alleine mit den Rechtsextremen lassen“, sagt Grünen-Fraktionschef Jürgen
Suhr. Durch die Fragen der NPDler sieht er die Notwendigkeit bestätigt.
„Die NPD wollte den Ortstermin zur Propaganda und Provokation nutzen“, so
Suhr. Sie hätten etwa gefragt, ob es Auseinandersetzungen zwischen den
Asylsuchenden wegen den „unterschiedlichen Kulturen“ gebe, und ob deswegen
verstärktes Wachpersonal nötig sei. Inwieweit die Asylsuchenden besser
gestellt seien als die Einrichtungsmitarbeiter, hätten sie wissen wollen
und ob männliche Asylsuchende sich weigerten, ihr „Taschengeld von Frauen“
anzunehmen.
„Wer in der Küche danach fragt, ob Schweinebockwurst-Esser diskriminiert
werden, der macht deutlich, dass es ihm nicht um das Wohl der Flüchtlinge
geht“, sagte Nieszery. Der Linken-Politiker Hikmat Al-Sabty sagte, als er
einem Mann darüber aufgeklärt habe, „für welche Politik Pastörs und seine
NPD stehen, hat er das Gespräch mit ihm sofort abgebrochen“.
Den Besuch hatte die NPD eingeklagt. Mit deutlichen Worten und persönlichem
Tonfall hatte Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) einen Besuch
verboten: Es sei für ihn „nicht zu ertragen, dass die Leute, die tagtäglich
gegen Asylbewerber hetzten und auf deren Rücken Politik machten, die
Landesaufnahmeeinrichtung besuchen wollten“. Das Landesverfassungsgericht
hob aber Anfang September ein generelles Besuchsverbot des
Innenministeriums auf. Mit dem Verbot, sagte der Sprecher des Gerichts,
Sven Nickels, habe der Innenminister das Selbstinformations- und
Kontrollrecht der Landtagsabgeordneten verletzt.
Nach dem zweistündigen Besuch wollte die NPD-Fraktion aber lieber nichts
über die gewonnenen Informationen sagen. „Für die taz gibt es von uns keine
Information“, hieß es bei der Fraktionsgeschäftsstelle.
28 Sep 2015
## AUTOREN
Andreas Speit
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NPD
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