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# taz.de -- Grün mit Sprenkeln: Naturfreunde gegen Flüchtlinge
> Für Flüchtlingsunterkünfte muss manche Grünfläche weichen. In ihrer
> Ablehnung dagegen gehen Naturschutzverbände zweifelhafte Allianzen ein
Bild: Flüchtlinge aufnehmen okay, aber die Bergedorfer Natur dürfen sie nicht…
HAMBURG taz | Wenn der Bau einer Flüchtlingsunterkunft ein Biotop bedroht,
kommen Naturschutzverbände wie der Nabu oder der BUND in Konfilkte – könnte
man meinen. Doch das muss nicht sein, wie sich derzeit in Bergedorf zeigt.
Dort versucht die Ortsgruppe des Nabu zusammen mit besorgten AnwohnerInnen,
den Bau einer Unterkunft für 3.400 Geflüchtete am Billwerder Gleisdreieck
zu verhindern. Ohne Erfolg – mittlerweile wird dort gebaut. Ein Eilantrag
für einen Baustopp, den die AnwohnerInnen-Initiative „Integration: Ja!
Ghetto: Nein!“ eingereicht hat, liegt allerdings noch beim
Verwaltungsgericht. Einen ersten Eilantrag hatte das Gericht bereits im
März abgelehnt.
Am Freitag vergangener Woche hielt die Initiative, die auch Mitglied beim
Dachverband gegen Großunterkünfte „Initiativen für Integration“ ist,
zusammen mit der Nabu-Ortsgruppe ein „Black Dinner“ ab: Eine inszenierte
Beerdigung, deren TeilnehmerInnen schwarz gekleidet mit Holzkreuzen und
Plastikskeletten kamen und den Naturschutz zu Grabe trugen.
Der Nabu nennt die Bebauung des Gleisdreiecks eine „ökologische
Katastrophe“, da das Dreieck zwei Biotope verbinde und Heimat für seltene
Pflanzen- und Tierarten sei. Außerdem spricht der Bergedorfer
Nabu-Gruppenleiter Reinhard Grosch von einem „Missverhältnis“: 1.200
EinwohnerInnen hat Billwerder – plus 3.400 Flüchtlinge? „Das kann nicht
gutgehen.“
Dem stellvertretenden Geschäftsleiter des Nabu Hamburg scheint nicht ganz
wohl bei der Allianz der Bergedorfer Ortsgruppe mit der Initiative
„Integration: Ja! Ghetto: Nein!“ zu sein. „Deren Motivation ist eine ande…
als unsere“, sagt Bernd Quellmalz. Deshalb habe der Nabu sich entschieden,
die Aktion nur als Bergedorfer Ortsgruppe zu unterstützen.
Deren Wunsch sei es gewesen, am Gleisdreieck ein Zeichen für den
Naturschutz zu setzen – so hätten sie sich eben Verbündete gesucht. Zur
Verteidigung seiner Bergedorfer KollegInnen sagt Quellmalz aber, dass der
Nabu schon vor der Initiative gefordert hatte, die Grünfläche zu erhalten.
Auch der BUND findet es zwar problematisch, dass Initiativen gegen
Flüchtlingsheime jetzt bei den Naturschutzbünden andocken. So ganz
abgrenzen mag er sich aber nicht. „Wir haben keine gemeinsamen Forderungen
mit solchen Initiativen“, so der BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch.
„Deren Anliegen, die teilweise ja auch berechtigt sind, sind andere als
unsere.“
Man könne aber nur in begrenztem Maße verhindern, dass sich
FlüchtlingsgegnerInnen die Naturschutzargumente zueigen machten. Zudem will
der BUND verhindern, dass der Senat „im Windschatten der
Flüchtlingsunterbringung ganz normal Wohnungen baut – auf Flächen, die
dafür nicht vorgesehen sind.“
Der Naturschutzbund hat sich Anfang Mai dem Grundeigentümerverband
angeschlossen, der kürzlich ein Gutachten vorgelegt hatte, das die Bebauung
diverser Flächen aufgrund des Paragrafen 246 des Baugesetzbuches für
rechtswidrig erklärt. Der Paragraf ermöglicht es, aufgrund von Ausnahmen
Flächen zu bebauen, die eigentlich nicht für den Wohnungsbau vorgesehen
sind.
André Humbert, der Sprecher der Initiative „Integration: Ja! Ghetto: Nein!“
betont, nicht seit Neustem auf den Trichter mit dem Naturschutz gekommen zu
sein. Die Initiative emfpinde es als „Ungleichgewicht zwischen Nachbarn und
Flüchtlingen“, wenn 3.400 Neuankömmlinge in den Stadtteil zögen. Zudem gebe
es schon eine Unterkunft in nächster Nähe, nur 500 Meter vom Gleisdreieck
entfernt. Und schon da falle die Integration schwer.
6 May 2016
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Unterbringung von Geflüchteten
Naturschutz
Bürgerbegehren
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