# taz.de -- Integration von Geflüchteten in Dresden: Interkulturelles Lebenspr… | |
> Der Verein Elixir plant in Dresden ein gemeinsames Wohnprojekt von | |
> Asylsuchenden und Einheimischen. Dafür braucht er leerstehende Gebäude. | |
Bild: Silke Pohl und Felix Gutte vom Verein Elixir vor dem Objekt ihrer Begierde | |
Dresden taz | Augsburg oder München haben es mit großen Häusern vorgemacht, | |
nun will Dresden nachziehen. Ein Verein namens Elixir plant ein | |
interkulturelles Wohnprojekt, in dem etwa 150 Asylsuchende und Dresdner | |
gemeinsam leben, arbeiten und sich bilden sollen. | |
Wunschobjekt ist die 1878 in der Kasernen-Albertstadt errichtete ehemalige | |
Arbeitsanstalt, in der seinerzeit „Bettler und andere arbeitsunwillige | |
Personen“ zwangsbeschäftigt wurden. Zu DDR-Zeiten saß in der mehrflügeligen | |
Anlage unter anderem das Wehrkreiskommando. Seit etwa zehn Jahren stehen | |
die Gebäude leer. | |
Im Spätherbst des vorigen Jahres fand sich eine Gruppe wieder zusammen, die | |
schon vor Jahren mit der „Kampagne gegen Ausgrenzung“ bessere | |
Aufenthaltsbedingungen für Asylbewerber erreichen wollte. Für Dresden, wo | |
sich das Klima gegenüber Ausländern seitdem dramatisch verschlechtert hat, | |
sah sie inzwischen großen Handlungsbedarf. | |
„Gut gemeinte Willkommenskultur ist noch keine Ankommenskultur“, sagt Silke | |
Pohl, sonst im kirchlichen Ökumenischen Informationszentrum beschäftigt. | |
Gemeint sind vor allem in den Plattenbaugettos untergebrachte Geflüchtete, | |
um die man sich nur wenig kümmert. | |
So entstand die Elixir-Idee. Der Vereinsname steht für | |
„Experimentierzentrum für interkulturelles Leben in Dresden“. „Ein Signal | |
von großer Öffentlichkeit gegen die divergierende Stadtgesellschaft“ nennt | |
es Pohl. Und Felix Gutte aus dem inzwischen auf etwa 25 Personen | |
angewachsenen Verein spricht von einem „Musterprojekt mit hoffentlich | |
weiterer Ausstrahlung“. Das partizipative Konzept sieht vor, Künstler, | |
Musiker und die Kreativwirtschaft einzubinden. Theater, Kino und andere | |
Veranstaltungen sollen möglich sein. | |
## Mehrere Lobbytermine pro Woche | |
Mit drei Architekten haben die Elixir-Anhänger das eingezäunte, insgesamt | |
12.700 Quadratmeter große Gelände inspiziert. Auf rund 14 Millionen Euro | |
wird der Aufwand für Sanierung und Neubau geschätzt, 6,5 Millionen allein | |
für die stark angegriffenen Hauptgebäude. | |
Eine zu gründende Genossenschaft könnte den Eigenanteil aufbringen. Die | |
Initiatoren rechnen auch mit Fördermitteln der EU. Und da Geflüchtete und | |
Sympathisanten mitarbeiten würden, könne man auch billiger bauen. „Die | |
Stadt muss jedenfalls nicht finanzieren“, betont Pohl. | |
Aber die Stadt braucht Geld und hat das Grundstück zum Verkauf | |
ausgeschrieben. Mindestgebot 1,27 Millionen Euro. Elixir hat | |
Oberbürgermeister Dirk Hilbert aufgefordert, das Grundstück nicht zu | |
verkaufen. „Die Stadt sollte ihren Gestaltungsspielraum nutzen“ und das | |
Gelände über einen Erbbaurechtsvertrag an Elixir vergeben, lautet die | |
Begründung. | |
Wegen der Stadtratsmehrheit von Linkspartei, Grünen, SPD und Piraten | |
erscheint dieses Ansinnen nicht aussichtslos. Hinzu kommt eine breite | |
öffentliche Unterstützung durch etwa 50 Vereine und Initiativen. Die | |
Ideenstifter nehmen inzwischen „mehrere Lobbytermine pro Woche“ wahr. CDU | |
und FDP reagierten allerdings bislang überhaupt nicht auf das zugesandte | |
Konzept. | |
Das Schicksal von Elixir könnte im Tauziehen zwischen Finanzbürgermeister | |
Hartmut Vorjohann (CDU) und dem Stadtrat entschieden werden. Der Finanz- | |
und Liegenschaftsausschuss hat die Verkaufsvorlage an den Meistbieter | |
jedenfalls vorerst auf Eis gelegt. | |
23 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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