# taz.de -- Transkulturelle Kunst in Leipzig: Öffentliche Privatheit | |
> Vor dem Leipziger Grassimuseum entsteht ein interaktives Kunstprojekt. | |
> Eine Fahrradwerkstatt soll zu einem Ort der Begegnung werden. | |
Bild: Das Kunstprojekt „Me, you, we do“ vor dem Leipziger Grassimuseum | |
Auf der kleinen Grünfläche vor dem Grassimuseum in Leipzig wird zurzeit | |
fleißig gehämmert, gesägt und geschraubt. Dort entsteht eine bewegliche | |
Installation aus kleinen Holzräumen, die am 6. Mai zur Museumsnacht | |
eröffnet werden soll. Neben einer großen Holzterrasse bauen die | |
TeilnehmerInnen des Projekts meyouwedo sechs bewegliche Kuben, die auf | |
Rädern stehen. | |
Durch Verschieben sollen die Gäste sich Privatheit schaffen können – ein | |
geschützter Raum mitten in der Innenstadt. Für die zahlreichen Workshops | |
und Kulturprojekte, die geplant werden, können auch größere Räume | |
zusammengeschoben werden. „Wenn es mal regnet, können wir die Küche um ein | |
Esszimmer erweitern“, erklärt der Industriedesign-Student Vincent Zimmer. | |
„Und zur Fahrradwerkstatt wird einfach ein Kubus an die Terrasse | |
angedockt.“ Die Räume sollen so vielfältig sein wie die kommenden Projekte | |
und ihre Besucher. | |
Als das Museum für angewandte Kunst aus dem Grassimuseum sich an die | |
Hallenser Kunsthochschule Burg Giebichenstein wandte, ging es ursprünglich | |
nur um eine Fahrradselbsthilfewerkstatt. Doch die Studenten, die das | |
Konzept vorlegten, hatten bereits Größeres im Sinn: Studenten aus mehreren | |
Fachrichtungen wollen gemeinsam mit Geflüchteten einen Ort der Begegnung | |
schaffen, der zum Kennenlernen und Mitmachen einlädt. | |
Vor vier Monaten fanden sich so StudentInnen verschiedener Design-, | |
Textilkunst- und Architekturstudiengänge aus Halle, Leipzig und Weimar | |
zusammen. In Zusammenarbeit mit der Burg Giebichenstein, dem Grassimuseum | |
und der Stadt Leipzig, die das Grundstück freigab, konnte meyouwedo den Bau | |
finanzieren. | |
Die Burg Giebichenstein macht es außerdem durch ein Gasthörerprogramm | |
möglich, dass auch Geflüchtete an dem Projekt teilnehmen können. Denn eine | |
Gasthörerschaft wird als studienvorbereitende Maßnahme, im Gegensatz zu | |
einer vollwertigen Immatrikulation, durch das Jobcenter gefördert. | |
Die geflüchteten Designer und Architekten, die bei meyouwedo mitmachen, | |
haben Probleme, ihre Arbeit oder ihr Studium in Deutschland | |
wiederaufzunehmen. Deshalb soll mit Hilfe des Projekts die Vorbereitung auf | |
einen Hochschulzugang für die Geflüchteten ermöglicht werden. „Wir wollen | |
das Wort ‚transkulturell‘ nicht nur theoretisch abhandeln, sondern es durch | |
gemeinsames Leben und Arbeiten neu definieren“, sagt Zimmer. | |
Den Geflüchteten fehle in Deutschland ein öffentlicher Treffpunkt, an dem | |
sie gemeinsam Teetrinken und Menschen kennenlernen können. Diesen Ort | |
wollen meyouwedo erschaffen: „einen öffentlichen Raum mit | |
Wohnzimmercharakter“. Zur Eröffnung des Wohnzimmers wird bei der | |
Museumsnacht Halle-Leipzig auf der Grassiwiese „mit großem Tamtam“ | |
gefeiert. Musik, Kunst und eine Videoinstallation laden ab 18 Uhr zum | |
Verweilen ein, später am Abend wird die Fläche von DJs bespielt. | |
6 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Amy Wittenberg | |
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