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# taz.de -- AfD mobilisiert gegen geplante Moschee: Höcke nimmt Maß
> In Thüringen zeigt sich, wie der Anti-Islam-Kurs der AfD praktisch
> aussieht. Dort schürt Höcke Hass gegen eine kleine muslimische Gemeinde.
Bild: 18. Mai: Björn Höcke in Erfurt
Berlin taz | Zur Begrüßung zeigt der junge Mann mit Kapuze den Hitlergruß
und sagt: „Heil Hitler“. Bereits der Beginn des Videos lässt wenig
politischen Interpretationsspielraum. Darauf folgen sieben Minuten
unsägliche Schimpftiraden gegen Muslime und Moscheen.
Kernzitat der Youtube-Videos: „Wenn ihr in Erfurt wohnt, nehmt euch Öl und
ein bisschen Benzin. Geht da auf die Baustelle in der Nacht und brennt sie
ab. Und wenn die Schweine da wieder beginnen zu bauen, dann brennt sie aufs
Neue ab. Wir brennen dieses Dreckshaus ab.“ Der unverhohlene Gewaltaufruf
richtet sich gegen den geplanten Bau einer Moschee in Erfurt-Marbach.
Bislang gibt es für das Gebäude allerdings noch nicht einmal eine
Baugenehmigung.
Die AfD hält das nicht davon ab, mit allen Mitteln gegen den Bau zu
mobilisieren. Ende vergangener Woche bezeichnete Björn Höcke,
AfD-Fraktionschef in Thüringen, das Bauvorhaben als „Teil eines
langfristigen Landnahmeprojektes“. Am Mittwoch folgte eine aktuelle Stunde
auf Antrag der achtköpfigen AfD-Fraktion im Erfurter Landtag zum Thema
„Moscheebauten in Thüringen – nicht gegen den Bürgerwillen!“.
Am Mittwochabend versammelten sich rund 700 AfD-Anhänger zu einer
Kundgebung auf dem Erfurter Domplatz. Mit Siegfried Däbritz war auch
erstmals einer der Pegida-Wortführer aus Dresden Redner auf der AfD-Demo.
Auf der Demo skandierte Höcke: „AfD! Nein zur Moschee!“ Die Menge
antwortete mit: „Widerstand! Widerstand!“
## „Eine rassistisch motivierte Debatte“
Die Fraktion in Thüringen zeigt wie der neue Anti-Islam-Kurs der AfD in der
Praxis aussieht. Eine mögliche Folge der Hetze sind aus Sicht der
Landtagsabgeordneten Astrid Rothe-Beinlich (Grüne) und Katharina König
(Linke) auch der Gewaltaufruf auf Youtube. Wegen des Videos erstatteten die
beiden Abgeordneten gemeinsam Anzeige.
In einer Erklärung wird Rothe-Beinlich zitiert: „Höckes fremdenfeindliche
Reden vom Erfurt, das schön deutsch bleiben soll, und einem Islam, der aus
Deutschland verabschiedet werden müsse, animieren auch dazu, dass sich
andere für Hassattacken und zum Aufruf schwerer Gewaltverbrechen
legitimiert fühlen.“ Das inzwischen gelöschte Video haben sie gesichert und
an die Staatsanwaltschaft Erfurt geschickt.
Auch für König führt die AfD-Rhetorik zu solchen Gewaltaufrufen. Sie sagte
der taz: „Die AfD entfacht eine rassistisch motivierte Debatte. Es gibt
einen klaren Zusammenhang zwischen geistiger Brandstiftung und der
tatsächlichen Gewalt.“
Die AfD bewege sich zwar im gesetzlichen möglichen Rahmen, so König, „sie
sendet aber auch klare Zeichen an Neonazis, von denen einige auf der Demo
am Mittwochabend waren.“ Das erkenne man etwa an dem Slogan „Nein zur
Moschee“. „Die Frage ist: Wo endet das Nein“, so König. Der rechte
Youtube-Blogger beantwortet diese Frage eindeutig. Auch wiederholte der
Mann in dem Video Höckes Botschaft vom Mittwochabend: „Der Islam gehört
nicht zu Deutschland.“
## Die muslimische Gemeinde will Dialog
Das Video ist auch der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde bekannt. Sie möchte
die Moschee bauen und hat gerade einmal 70 Mitglieder in Erfurt. Standort
soll ein Gewerbegebiet am Stadtrand sein. Die Moschee soll eine Kuppel
haben und ein elf Meter hohes Zierminarett. Die Ahmadiyya-Gemeinschaft ist
die einzige muslimische Gemeinschaft mit dem Status einer Körperschaft
öffentlichen Rechts.
Die kleine Gemeinde in Erfurt ist durchaus an einem Dialog interessiert.
Besondere Initiative hat dabei ihr Sprecher Suleman Malik gezeigt. Er hat
sich extra Urlaub von seiner Arbeit bei der Telekom genommen, um etwaigen
besorgten Bürgern die Angst vor dem Bauvorhaben zu nehmen. In der
vergangenen Woche traf er sich sogar mit Björn Höcke.
Wie das Gespräch lief? „Ergebnislos. Ich habe versucht, mit Herrn Höcke auf
theologischer Ebene zu diskutieren, da er auch immer christliche Zitate in
seinen Reden verwendet. Aber darauf hat er sich nicht eingelassen“, sagte
Malik der taz. Er habe Höcke daraufhin den Koran gegeben. Danach habe der
AfD-Landesvorsitzende gesagt, er werde das Buch lesen und dann noch einmal
mit Malik sprechen.
## Auf AfD-Kundgebung beschimpft
Höckes Rede bei der Kundgebung am Mittwochabend bewertet Malik wiederum als
unfair: „Herr Höcke kennt unsere Gemeinde nicht. Er macht pauschale
Vorwürfe, aber er möchte uns gar nicht erst kennen lernen oder diskutieren.
Es ist keine Art, eine so kleine Gemeinde mit pauschalen Vorwürfen
öffentlich zu kritisieren und damit Politik zu machen. Religion kann man
kritisieren, aber man muss das begründen und dann auch in den Dialog
treten.“ Malik war persönlich bei der AfD-Kundgebung. Während er im
Anschluss an die Demonstration dem ZDF ein Interview gab, umzingelten ihn
die Umstehenden und beschimpften ihn.
Mit den anderen Parteien hat die muslimische Gemeinde bessere Erfahrungen
gemacht. Beispielsweise in der Flüchtlingshilfe habe man mit den Grünen,
der SPD und den Linken gut zusammen gearbeitet, wie Malik sagt.
Die CDU hingegen hatte in der aktuellen Stunde aufgrund von Bürgerängsten
vage „Transparenz“ gefordert. Daraufhin hatte Malik mit der Partei ein
Treffen für den Freitag vereinbart. Das hatte die CDU jedoch kurzfristig
ohne Angaben von Gründen abgesagt. Soviel zu Transparenz.
Update: Die Erfurter Landtagsfraktion der CDU behauptet, dass von CDU-Seite
nie ein Termin am 20.5. geplant gewesen sei. Es handele sich um ein
Missverständnis. Selbstverständlich werde man über den Moscheebau sprechen.
Man sei auf einem guten Weg, einen Termin für ein Gespräch mit der Gemeinde
zu finden.
20 May 2016
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Björn Höcke
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Moschee
Erfurt
Islam
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2016
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