# taz.de -- Ankunftszentren für Flüchtlinge: Kurzer Prozess für Asylsuchende | |
> Die Verfahren sollen zukünftig innerhalb von 48 Stunden abgewickelt | |
> werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zentralisiert deshalb | |
> die Vorgänge. | |
Bild: Künftig soll ein Gang genügen: Flüchtling auf der Treppe einer Erstauf… | |
HAMBURG taz |Wenn von Ankunftszentren oder Einreisezentren die Rede ist, | |
könnte das erstmal positiv klingen für Geflüchtete, die sich in Deutschland | |
eine neue Existenz aufbauen wollen. Was sich dahinter verbirgt, ist | |
allerdings nicht immer in ihrem Sinne. 20 neue Ankunftszentren plant das | |
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Laufe des Jahres 2016 | |
einzurichten, wie der Chef des Bundesamtes Frank-Jürgen Weise im Februar | |
verkündet hatte. Zwei davon sollen nun im Mai in Schleswig-Holstein in | |
Betrieb gehen: eines in Neumünster, das andere in Glückstadt. | |
An beiden Standorten befinden sich bereits Erstaufnahmen, die jetzt schnell | |
zu Aufnahmezentren umfunktioniert werden sollen. In Rendsburg soll | |
möglicherweise noch ein Drittes entstehen, wie der Sprecher des | |
schleswig-holsteinischen Innenministeriums Patrick Tiede sagte. | |
Mit den Ankunftszentren will das BAMF Asylverfahren deutlich beschleunigen | |
– sie sollen möglichst innerhalb von 48 Stunden abgewickelt werden. Zentral | |
dabei ist die sofortige Einteilung der Ankommenden nach „sicheren“ und | |
„unsicheren“ Herkunftsländern. Geflüchtete, deren Herkunftsländer als | |
sicher gelten, sollen die Zentren bis zu ihrer Abschiebung gar nicht mehr | |
verlassen, sondern in „Wartezonen“ auf ihre Abschiebung warten, wie das | |
BAMF erklärte. Bis zu zehn Tage solle es hingegen bei den Fällen dauern, | |
bei denen eine gute oder eine schlechte Bleibeperspektive nicht so | |
eindeutig zu bestimmen ist. | |
Der Vorteil der Zentren liege vor allem darin, dass das ganze Asylverfahren | |
unter einem Dach stattfinde und keine weiteren Behördengänge mehr vonnöten | |
seien – auch eine Unterkunft mit Essensausgabe sei jedem Zentrum | |
angegliedert, sowie Räume für die medizinische Versorgung, eine | |
Kleiderkammer und die Finanzstelle, wo Flüchtlinge, die nicht direkt | |
abgeschoben werden, Geld bekommen. | |
Das schleswig-holsteinische Innenministerium zeigte sich selbst überrascht | |
angesichts der Kürze der Fristen innerhalb derer die Asylverfahren künftig | |
über die Bühne gehen sollen. Zwar sind die Pläne des BAMF nicht neu; die | |
Details über die geplante Inbetriebnahme im Mai und die vorgesehene | |
Bearbeitungsdauer innerhalb von 48 Stunden waren aber erst am Freitag | |
vergangener Woche bekannt geworden. Darüber hinaus seien noch viele Fragen | |
offen, sagte Ministeriumssprecher Tiede. Unklar sei zum Beispiel, welche | |
Konsequenzen für die Finanzierung von anderen Unterkünften und die | |
Unterbringung von Flüchtlingen dort entstünden und was mit den bereits | |
bestehenden Erstaufnahmen geschehe. | |
Der stellvertretende Landesbeauftragte Schleswig-Holsteins für | |
Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen Torsten Döhring bewertetet die | |
Pläne des BAMF als problematisch. „Eine Privilegierung einzelner Gruppen, | |
wie möglicherweise durch Ankunftszentren vorgesehen, lehne ich strikt ab“, | |
sagte er der taz. Alle Asylsuchenden sollten das gleiche Verfahren | |
durchlaufen, um festzustellen, ob ihnen ein Flüchtlingsstatus oder | |
subsidiärer Schutz gewährt werden könne – dass das innerhalb von 48 Stunden | |
möglich sei, bezweifelte er. Zudem wies Döhring darauf hin, dass es so | |
schnell kaum möglich sein werde, die Geflüchteten über ihre Rechte und | |
Möglichkeiten innerhalb des Asylverfahrens zu informieren. | |
Auf die Frage, wie das BAMF sicherstellen wolle, dass die einzelnen Fälle | |
trotz der Schnellverfahren gründlich geprüft würden, sagte dessen | |
Sprecherin Kira Gehrmann, dass die komplexeren Fälle nicht innerhalb von 48 | |
Stunden entschieden würden, sondern an eine Außenstelle des BAMF gingen. | |
Zudem wolle das Bundesamt die Anzahl seiner MitarbeiterInnen bis Mitte des | |
Jahres fast verdoppeln – von 4.300 auf 7.300 Angestellte. | |
Noch in diesem Jahr soll in jedem Bundesland mindestens ein Aufnahmezentrum | |
entstehen. In Hamburg ist die Inbetriebnahme für Ende Mai geplant, nachdem | |
das Zentrum zum eigentlichen Termin Mitte Dezember und auch zum zweiten | |
Termin Ende Februar nicht fertig geworden war. | |
16 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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