# taz.de -- Geflüchtete in Deutschland: Schreckensbilder nun woanders | |
> Seit der Schließung der Balkanroute leeren sich viele Erstunterkünfte. | |
> Besser wird die Unterbringung für Geflüchtete trotzdem nicht. | |
Bild: Weniger Flüchtlinge kommen, die improvisierten Lager bleiben trotzdem | |
Berlin taz | Die Zwölfmannzelte sind verlassen, in den Gängen zwischen den | |
Kabinen sieht man weniger Leute: In der Notunterkunft für Flüchtlinge des | |
Flughafens Tempelhof in Berlin macht sich die Schließung der Balkanroute | |
bemerkbar. Während im Dezember noch 2.600 Menschen in den Hangars lebten | |
und von einer Kapazitätsausweitung auf bis zu 7.000 Leute die Rede war, | |
wohnen jetzt nur noch 1.750 Flüchtlinge in der Unterkunft, berichtet eine | |
Sprecherin der Betreiberfirma Tamaja. | |
Nicht nur in Berlin, im gesamten Bundesgebiet bleiben Erstunterkünfte | |
halbleer, weil täglich nur noch zwischen 100 und 200 Flüchtlinge in | |
Deutschland ankommen – und nicht mehr 10.000 wie im Herbst letzten Jahres. | |
In Baden-Württemberg seien von 40.000 Plätzen in den | |
Erstaufnahmereinrichtungen derzeit nur 10.000 besetzt, sagt Christoph | |
Häring, Sprecher des dortigen Integrationsministeriums. | |
Auch die vom Land betriebenen Flüchtlingsunterkünfte in Niedersachsen sind | |
nur noch schwach belegt. Dort sind derzeit 9.000 Menschen untergebracht, | |
Platz gibt es aber für bis zu 40.000 Leute. Man arbeite jetzt daran, wie | |
bestimmte Kapazitäten „ruhend“ gestellt werden könnten, sodass man sie bei | |
Bedarf schnell wieder aktiveren könne, hieß es in einer Erklärung des | |
Ministeriums. | |
Von einem regelrechten Abbau der Plätze will trotzdem kaum einer reden, | |
„wir halten uns mit Anpassungen zurück“, so Häring. Schließlich wisse man | |
nicht, wie die Entwicklung in der Zukunft wird. Auch die Verträge mit den | |
Dienstleistern haben Bestand. Die Zahl der Sicherheitskräfte in den | |
Unterkünften bemesse sich „nach den Plätzen, nicht nach der tatsächlichen | |
Belegung“, erklärt Katja Lumpp, Sprecherin im Regierungspräsidium | |
Stuttgart. | |
## Große Fluktuation | |
Beim Catering gebe es allerdings Flexibilitätsklauseln für die | |
Dienstleister, denn die Fluktuation in den Unterkünften sei „immer groß | |
gewesen“. Dass die Zahl der Neuankömmlinge sinkt, bedeutet nicht, dass die | |
Flüchtlinge jetzt schneller in kleinere Heime oder Wohnungen umziehen. Die | |
Neuankömmlinge in Baden-Württemberg bleiben in den Erstunterkünften, meist | |
ehemalige Kasernen, bis der Antrag auf Asyl gestellt ist, so Häring. Die | |
Zahl der Asylbewerber, die in Folgeunterkünfte der Städte und Gemeinden | |
verlegt wurden, ging in Baden-Württemberg im März um die Hälfte zurück. | |
Im Stadtstaat Berlin wiederum kann man Tausende von Flüchtlingen nicht ohne | |
Weiteres aus den Schulturnhallen verlegen, denn dazu müssen erst im | |
Stadtgebiet die Containerbauten errichtet werden, die Flüchtlinge aus | |
diesen Notunterkünften aufnehmen. Und das dauert. Aus den Hangars des | |
Flughafens konnten allerdings Hunderte von Flüchtlingen, vor allem | |
Familien, in eine umgebaute ehemalige Schlachterei in Berlin-Marienfelde | |
umziehen. Dort gibt es Vierbettzimmer. | |
Die bedrückenden Bilder von Flüchtlingen in Notzelten kommen jetzt aus | |
Griechenland und nicht mehr aus Deutschland wie im Herbst. Das zeitliche | |
Engagement der Ehrenamtlichen gehe leicht zurück, hat eine Sprecherin der | |
Initiative „Kreuzberg hilft“ in Berlin beobachtet. | |
Das liege auch daran, dass das Thema nicht mehr so vorherrschend in den | |
Medien sei. Sie zählt auf, welche gemeinsamen Aktivitäten bei den | |
Flüchtlingen gut ankommen und welche weniger: Sprachkurse, Koch- und | |
Gärtnergruppen und vor allem der gemeinsame Sport laufen gut. Einladungen | |
zu Theaterbesuchen stießen hingegen weniger auf Resonanz. | |
31 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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