Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EU-Türkei-Deal: Athen spielt mit
> Im Eilverfahren regelt das griechische Parlament, wie Flüchtlinge in die
> Türkei abgeschoben werden sollen. Schon ab Montag werden die
> Rückführungen beginnen.
Bild: Generaldebatte zum Abkommen am 1. April 2016 im griechischen Parlament
ATHEN ap | Drei Tage vor dem geplanten Start von Abschiebungen von
Flüchtlingen in die Türkei hat das griechische Parlament einem
entsprechenden Gesetz zugestimmt. Im Eilverfahren votierten 169 Abgeordnete
am Freitagabend für eine Vorlage zur Umsetzung des EU-Pakts mit Ankara, die
die Rückführung nach dem 20. März illegal eingereister Migranten regelt.
107 stimmten dagegen. Damit können schon ab Montag die ersten Flüchtlinge
in die Türkei zurückgeschickt werden.
Die EU unterstützt im Gegenzug die Türkei mit Geld und sagt zu, für jeden
zurückgeschickten Flüchtling einen syrischen Asylbewerber direkt aus der
Türkei auf legalem Wege aufzunehmen. Damit soll Menschenschmugglern und
Schleusern die Geschäftsgrundlage entzogen und verzweifelte Menschen davon
abgebracht werden, ihr Leben bei der Überfahrt zu griechischen Inseln in
nicht seetauglichen Booten zu riskieren.
Aus Athener Kreisen verlautete, dass die Deportationen auf Lesbos beginnen
sollen, mit Migranten aus Afghanistan, Pakistan und anderen Staaten, den
keine Aussicht auf Asyl gegeben wird. Der Transport soll unter strengen
Sicherheitsvorkehrungen stattfinden – mit einem Polizisten für jeden
Migranten. An Bord von Bussen sollen die Beamten die Migranten von
Flüchtlingslagern auf den Inseln zu gecharterten Booten bringen.
Aus einem dieser Camps auf Chios brachen in der Nacht zum Freitag Hunderte
Menschen aus und gelangten zur größten Stadt der Insel, wo sie friedlich
protestierten. Die Menge skandierte Parolen wie „Freiheit“ und „Nicht
Türkei.“ Zuvor waren bei Auseinandersetzungen zwischen afghanischen und
syrischen Asylbewerbern in dem sogenannten „Hotspot“ fünf Menschen verletzt
worden. Für Samstag wurden auf Chios weitere Proteste von Flüchtlingen
erwartet.
Es waren die jüngsten in einer ganzen Reihe tätlicher Auseinandersetzungen
in den überfüllten Unterkünften und anderen Orten in Griechenland, in denen
nach der Schließung der Balkanroute mehr als 52.000 Menschen festsitzen,
die eigentlich nach Mitteleuropa wollten. Mehr als 11.000 harren allein am
Grenzübergang Idomeni aus und weigern sich, von dort in Lager zu
übersiedeln.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rief Griechenland und die Türkei auf, die
Sicherheit der Asylsuchenden zu gewährleisten. Besonders für 4000 Menschen
in Lagern auf den griechischen Inseln werde die Lage immer schlechter, hieß
es.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte Sorgen über
das Schicksal der Syrer nach ihrer Rückführung in die Türkei. Seit Mitte
Januar seien von dort Syrer in ihre kriegszerrüttete Heimat abgeschoben
worden. Täglich seien das rund 100 Menschen, die oft in der Türkei nicht
registriert gewesen seien. „Die EU-Staats- und Regierungschefs haben
vorsätzlich die grundlegendste Tatsache ignoriert: Die Türkei ist kein
sicheres Land für syrische Flüchtlinge“, sagte John Dalhuisen,
Amnesty-Direktor für Europa und Zentralasien.
Die griechische Regierung regierte nicht direkt auf die Kritik,
Migrationsminister Ioannis Mouzalas versicherte dem Parlament aber, dass
die Menschenrechte der Asylbewerber gewahrt würden.
2 Apr 2016
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Griechenland
Schwerpunkt Flucht
EU-Türkei-Deal
EU-Kommission
Schwerpunkt Flucht
Lesbos
Schwerpunkt Flucht
Europa
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
## ARTIKEL ZUM THEMA
Visum-Liberalisierung für die Türkei: Der Deal wackelt
Im Machtkampf um den Flüchtlingsdeal reagiert das EU-Parlament zögerlich.
Die Türkei droht damit, Flüchtlinge loszuschicken.
Vorschläge der EU-Kommission: Visumsfreiheit für TürkInnen
Türkische BürgerInnen sollen ohne Visum in die EU einreisen können. Auch
ist ein „Fairness-Mechanismus“ bei der Aufnahme von Flüchtlingen geplant.
Kommentar EU-Türkei-Abkommen: Europa bricht Versprechen
Mit dem Deal hat die EU ihre Flüchtlingspolitik komplett an die Türkei
ausgeliefert. Jetzt will und kann sie nicht mehr zurück.
Abschiebungen von Lesbos in die Türkei: Die Furcht vor der Fahrt zurück
Am Montagmorgen soll die Abschiebung der Flüchtlinge von der Insel in die
Türkei beginnen. Im Camp Moria breitet sich deshalb Panik aus.
Debatte EU-Türkei-Abkommen: Ein unmoralisches Geschäft
Europas Flüchtlingspolitik folgt keinen humanitären Grundsätzen. Sie setzt
auf die Veränderung von Marktanreizen.
Essay zur Zukunft eines Kontinents: Die zwei Europas
Wer Europa sagt, kann nicht sicher sein, was der andere versteht:
ökonomischer Machtraum oder Hoffnung auf eine gute Gesellschaft.
Flüchtlinge auf Lesbos: Der schmutzige Deal
Flüchtlinge, die nun in Griechenland ankommen, sollen in die Türkei zurück.
Hilfsorganisationen werden so zu Helfershelfern einer inhumanen Politik.
Geflüchtete in Deutschland: Schreckensbilder nun woanders
Seit der Schließung der Balkanroute leeren sich viele Erstunterkünfte.
Besser wird die Unterbringung für Geflüchtete trotzdem nicht.
Caritas-Chef über Flüchtlinge: „Niemand kennt derzeit die Lösung“
Georg Cremer von der Caritas über Horst Seehofer, die Willkommenskultur,
das Recht auf Asyl und warum die Stimmung aus seiner Sicht nicht kippt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.