Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach der Asylrechtsverschärfung: Syrer sind oft keine Flüchtlinge…
> 46 Prozent aller Syrer in Deutschland erhalten nur noch subsidiären
> Schutz und können ihre Familie nicht nachholen. Laut Pro Asyl hat sich
> die SPD verschätzt.
Bild: Gut, dass er sein Kind dabei hatte: Viele Syrer dürfen ihre Familie nich…
Berlin epd | Die Aussetzung des Familiennachzugs betrifft offenbar mehr
Flüchtlinge als angenommen. Wie aus der aktuellen Asylstatistik hervorgeht,
wurde bei Asylentscheidungen im Juni in fast einem Viertel (23,4 Prozent)
der Fälle nur subsidiärer Schutz zugesprochen. Anfang des Jahres waren es
weniger als ein Prozent der Fälle. Diese Gruppe darf für zwei Jahre keine
Angehörigen nach Deutschland holen. Besonders betroffen sind laut Pro Asyl
syrische Bürgerkriegsflüchtlinge. Fast jeder zweite von ihnen (46 Prozent)
bekam nach am Donnerstag veröffentlichten Berechnungen der Organisation im
Juni nur den untergeordneten Schutz zugesprochen.
Pro Asyl sieht darin den „Ausdruck politischer Einflussnahme“ auf das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das über Asylanträge entscheidet.
Die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte wurde
im Asylpaket festgehalten, das am 17. März inkraft trat.
Flüchtlingsorganisationen und Kirchen hatten diese politisch lang
umstrittene Regelung scharf kritisiert.
Das Bundesamt bestätigte, dass seit dem Asylpaket Anträge syrischer
Flüchtlinge nicht mehr im schriftlichen Schnellverfahren entschieden
werden. Danach bekamen Syrer in der Regel Schutz nach der Genfer
Flüchtlingskonvention. Seit Mitte März wird nun wieder jeder Einzelfall
geprüft.
Die Entscheidungspraxis hat sich seitdem offensichtlich sehr verändert.
Machten im Januar Entscheidungen für subsidiären Schutz nur 0,4 Prozent, im
März 1,8 Prozent aller beendeten Verfahren aus, waren es im April bereits
9,3 Prozent, im Juni nun 23,4 Prozent. Dies ist eine starke Veränderung
auch gegenüber der Zeit vor dem großen Andrang vom letzten Sommer, als die
schriftlichen Verfahren erst eingeführt wurden. Im ersten Halbjahr 2015
wurde der subsidiäre Schutz auch nur in 0,6 Prozent der Fälle vergeben.
Parallel dazu gehen Anerkennungen nach der Genfer Flüchtlingskonvention
aktuell zurück: Im Januar wurde der Schutzstatus noch bei 63,1 Prozent der
Entscheidungen vergeben, im April bei rund der Hälfte (48,6 Prozent). Im
Juni machten diese Anerkennungen nur noch ein gutes Drittel (36,5) der
Entscheidungen aus. Der Anteil abgelehnter Asylanträge blieb dabei
monatlich auf gleichem Niveau.
Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten Asylbewerber, wenn
sie aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung
oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe verfolgt werden. Wenn diese
Art der Verfolgung nicht gegeben ist, aber dennoch im konkreten Fall Gefahr
für Leib und Leben etwa durch Krieg droht, wird subsidiärer Schutz gewährt.
Rechtlich waren beide Schutzgruppen in Deutschland nahezu gleichgestellt.
Durch die Aussetzung des Familiennachzugs ergibt sich inzwischen aber ein
gravierender Unterschied.
## SPD rechnete mit weit weniger Fällen
Pro Asyl erklärte, es stelle sich nun als falsch heraus, dass insbesondere
die SPD davon ausgegangen sei, es würden nur wenige Syrer von der
Aussetzung des Familiennachzugs betroffen sein. Damals war von einigen
hundert Fällen die Rede. Allein im Juni waren aber 12.090 Fälle betroffen,
davon laut Pro Asyl mehr als 10.000 Syrer.
Das Bundesinnenministerium fühlt sich wiederum in der Entscheidung
bestätigt, wieder Einzelfallprüfungen anzuweisen. Das Bundesamt beobachte,
dass bei syrischen Flüchtlingen „vermehrt ein Bürgerkriegsschicksal, aber
kein individuelles Verfolgungsschicksal vorliegt“, sagte ein Sprecher. Dies
führe nach geltenden Recht nicht zu Asyl oder Flüchtlingsschutz, sondern
eben zu subsidiärem Schutz. Die Wiederaufnahme von Anhörungen sei eine
„angemessene Entscheidung“ gewesen.
Nach Angaben des Auswärtigen Amts wurden zwischen Januar 2015 und März 2016
in den Auslandsvertretungen der Region rund 30.000 Visa für den
Familiennachzug an Syrer erteilt. Zahlen für das zweite Quartal 2016 liegen
noch nicht vor.
15 Jul 2016
## TAGS
Subsidiärer Schutz
Flüchtlinge
Schwerpunkt Flucht
Asylsuchende
Familiennachzug
Subsidiärer Schutz
Schwerpunkt Syrien
Subsidiärer Schutz
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Asyl
Familiennachzug
Flüchtlingspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Eingeschränkter Schutz für SyrerInnen: Gericht stärkt umstrittene Bamf-Praxis
Anders als noch vor zwei Jahren bekommen SyrerInnen meist nur noch
subsidiären Schutz. Ein Gericht hat eine Klage dagegen nun zurückgewiesen.
Umgang mit syrischen Flüchtlingen: Jugendliche müssen alleinebleiben
Die in der Koalition vereinbarte Härtefallregelung wird offenbar nie
umgesetzt. Minderjährige Syrer dürfen damit ihre Eltern nicht nachholen.
Gerichte kippen oft subsidiären Schutz: Syrer erstreiten Familiennachzug
Das Bundesamt für Flüchtlinge stuft geflüchtete Syrer offenbar regelmäßig
falsch ein. Vor Gericht erstreiten sie regelmäßig Schutz nach der Genfer
Konvention.
Bürokratieabbau für Flüchtlinge: Der Sisyphos aus Kirchentellinsfurt
Einen Antrag auf Kindergeld stellen, obwohl er aussichtslos ist? Wolfgang
Werner hat dem Papierkrieg von Flüchtlingen den Kampf angesagt.
Zusammenleben mit Flüchtlingen: „In die Pampa schicken bringt nichts“
Migrationsforscher fordern, Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Jannis
Panagiotidis über die Rolle des Staates, Erwartungen an Geflüchtete und das
Ankommen.
TAZ-SERIE FLUCHTPUNKT BERLIN (7): Es bleibt ihr Zuhause auf Zeit
Nach knapp einem Jahr in Berlin hat die syrische Familie Mottaweh nun ein
befristetes Aufenthaltsrecht bekommen. Ihre Zwischenbilanz über die neue
Heimat.
Ankunftszentren für Flüchtlinge: Kurzer Prozess für Asylsuchende
Die Verfahren sollen zukünftig innerhalb von 48 Stunden abgewickelt werden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zentralisiert deshalb die
Vorgänge.
Flüchtlingsstreit in der Koalition: Es geht immer noch schlimmer
Die SPD sieht in dem Vorstoß der CSU eine Drohung mit dem Koalitionsbruch.
CDU und SPD wollen den Familiennachzug für Syrer verschärfen.
Wie Flüchtlinge bleiben können: Spielräume im Asylverfahren
Unter welchen Umständen könnten Flüchtlinge das Recht bekommen, in
Deutschland zu bleiben? Einige Beispiele.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.