# taz.de -- Wie Flüchtlinge bleiben können: Spielräume im Asylverfahren | |
> Unter welchen Umständen könnten Flüchtlinge das Recht bekommen, in | |
> Deutschland zu bleiben? Einige Beispiele. | |
Bild: Das geltende Asyl- und Ausländerrecht bietet durchaus Spielräume | |
BERLIN taz | Die streikenden Flüchtlinge verlangten die Anerkennung ihrer | |
Asylanträge – und zwar für alle Streikenden zusammen. Das Bundesamt für | |
Flucht und Migration (BAMF) lehnte dies ab. Denn tatsächlich ist eine | |
kollektive Asylerteilung für ganze Gruppen rechtlich ausgeschlossen. | |
Trotzdem bietet das geltende Asyl- und Ausländerrecht aber sowohl dem | |
Bundesamt als auch den Innenministerien des Bundes und der Länder durchaus | |
Spielräume, um den Flüchtlingen entgegenzukommen. Wie diese aussehen, hängt | |
entscheidend vom bisherigen Ablauf ihres Asylantrags ab. | |
Am leichtesten ist es bei der Gruppe, über deren Antrag das BAMF noch keine | |
Entscheidung getroffen hat. So weit bekannt, gilt dies für 12 der 29 | |
streikenden Flüchtlinge. | |
Zunächst wird geprüft, ob die Anerkennung als politischer Flüchtling im | |
Sinne des Artikels 16a des Grundgesetzes oder der Genfer | |
Flüchtlingskonvention möglich ist. Dies kann etwa der Fall sein, weil sie | |
als Oppositionelle Angehörige einer politischen oder religiösen Minderheit | |
sind oder wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden. Nur 602 von | |
über 55.000 Asyl-Entscheidungen des BAMF in diesem Jahr gingen so aus. | |
## Schutz, wenn Gefahr in anderem Land droht | |
Ist das nicht der Fall, wird geprüft, ob ihnen aus humanitären Gründen | |
sogenannter subsidiärer, behelfsmäßiger, Schutz gewährt wird. Den kann | |
bekommen, wem bei einer Abschiebung menschenunwürdige Behandlung droht oder | |
Gefahr für Leib und Leben – auch durch eine schwere Krankheit – droht. So | |
ging es 2013 etwa 14.000 von 55.000 Antragstellern. | |
Trifft nach Meinung des BAMF nichts hiervon zu, werden die Anträge | |
abgelehnt, so wie bei den übrigen 17 Streikenden. Dann kann das Bundesamt | |
von sich aus erneut prüfen, wenn sich etwa die Lage im Heimatland des | |
Flüchtlings verändert. | |
Gegen eine Ablehnung kann er vor Verwaltungsgerichten klagen – und etwa | |
feststellen lassen, dass das Bundesamt wichtige Punkte, beispielsweise | |
Berichte über Folter im Heimatland, nicht berücksichtigt hat. Unabhängig | |
davon könnten Bundesinnenminister Friedrich und der bayerische | |
Innenminister Hermann der streikenden Gruppe ein Aufenthaltsrecht geben. | |
## Zur Wahrung politischer Interessen | |
Der Artikel 23 des Aufenthaltsgesetzes gibt Bund und Ländern das Recht, | |
„aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung | |
politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ Ausländern eine | |
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Beide Politiker haben dies jedoch strikt | |
abgelehnt. | |
In all diesen Fällen bekämen die Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis und | |
müssten nicht länger im Lager leben, bekämen reguläre Sozialleistungen | |
statt Essenspaketen, dürften arbeiten und unterlägen nicht länger der | |
Residenzpflicht. | |
20 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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