# taz.de -- NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen: Einblick in die rechte Szene | |
> Zwei Ex-Mitglieder der hessischen Naziszene sagen aus. Vom NSU wollen sie | |
> nichts gewusst haben. Ihre Antworten werfen aber Fragen auf. | |
Bild: Gedenkstein für das Kasseler NSU-Opfer Halit Yozgat | |
Wiesbaden taz | Zwei ehemalige Mitglieder der hessischen Nazi-Szene haben | |
am Freitag im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags ausgesagt. Die | |
Zeugen lieferten manche Einblicke in die Struktur der Szene. Das ein oder | |
andere Ausschussmitglied dürfte sich aber auch fragen, ob die Zeugen | |
vielleicht mehr wissen, als sie sagen wollten. Denn fast immer, wenn die | |
Fragen über Aktenkundiges hinaus zielten, traten Erinnerungslücken oder | |
Unwissenheit zu Tage. | |
Einer der Zeugen, Oliver P., war 16 Jahre lang Frontmann einer der größten | |
deutschen Nazi-Bands: “„Hauptkampflinie“ aus Kassel. Diese hatte bundeswe… | |
Auftritte bei NPD-, Blood&Honour- oder Hammerskins-Veranstaltungen. Auch | |
mit der Dortmunder Nazi-Vereinigung „Oidoxie Crew“ hatte er über Konzerte | |
Kontakt. Sie könnte ein Verbindungsglied zwischen Dortmund und Kassel sein, | |
wo im April 2006 mit nur zwei Tagen Abstand mutmaßlich die beiden | |
vorletzten NSU-Morde verübt wurden. P. distanzierte sich 2010 öffentlich | |
von der rechten Szene. | |
Der andere Zeuge, Kevin S., war ein junger Star der militanten Szene und | |
guter Bekannter des NSU-Angeklagten Ralf Wohlleben. Nachdem er 2008 im | |
Alter von nur 19 Jahren zu 27 Monaten Gefängnis wegen zweifacher schwerer | |
Körperverletzung verurteilt worden war, fasste er in der Haft den | |
Entschluss zum Ausstieg. Beide Zeugen verneinten die Frage, ob sie vom | |
NSU-Kerntrio gehört hätten, bevor dieses 2011 aufflog. | |
Aufschlussreich am Auftritt von P. ist der Einblick in die Vernetzung der | |
rechten Szene. Als das rechtsextreme Blood&Honour-Netzwerk verboten wurde, | |
sprang beispielsweise die NPD kurzzeitig ein, um rechte Konzerte zu | |
organisieren – getarnt als Parteiveranstaltungen. | |
Zudem tauchte in der Aussage immer wieder der Neo-Nazi Thorsten Heise aus | |
Northeim auf. Bei ihm habe man sich „bundesweit“ getroffen. Die drei | |
bekannten Mitglieder des NSU seien aber nie dabei gewesen, so P. Er habe | |
das Trio nicht gekannt. | |
## „Gewalt als Mittel war Konsens“ | |
Der Zeuge S. war schon mit 17 Jahren tief in der rechten Szene verankert. | |
„Gewalt als Mittel war Konsens“, sagte er im Ausschuss. Gerade in Thüringen | |
sei das so gewesen. 2008 lebte der Hesse zeitweise im „Braunen Haus“ in | |
Jena. Dieses hatte Ralf Wohlleben 2002 gekauft und der rechten Szene als | |
Zentrum zur Verfügung gestellt. | |
Wohlleben sei wöchentlich im Haus vorbei gekommen, sagte S. Vom „Thüringer | |
Heimatschutz“, in dem Wohlleben Mitglied war und in dem auch der NSU seine | |
Wurzeln hatte, will der heute 26-jährige Aussteiger trotzdem nichts gewusst | |
haben. | |
Nur eine von vielen Ungereimtheiten. Denn auch, dass die Polizei während | |
einer Hausdurchsuchung bei einem engen Freund von ihm Anleitungen zum | |
Bombenbau fand, erfuhr der Zeuge nach seiner Schilderung erst aus der | |
Presse. | |
Schließlich beschrieb S. noch die Waffenliebe der rechten Szene. „Manche | |
sind extra zu Schießübungen in die Schweiz gefahren“, erzählte er. Waffen, | |
abgesehen von Messer, hätte aber keiner von ihnen besessen. | |
15 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Alina Leimbach | |
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