| # taz.de -- NSU-Untersuchungsausschuss Hessen: Das Elfminutenrätsel | |
| > Der hessische Untersuchungsausschuss hatte einen früheren V-Mann | |
| > vorgeladen. Er sollte ein merkwürdiges Telefonat erklären. | |
| Bild: G. vor dem NSU-Ausschuss. Sein Bruder gründete eine rechtsextreme Kamera… | |
| Wiesbaden. taz | 688 Sekunden, etwas mehr als 11 Minuten. Das ist die Länge | |
| eines Telefonats, das im Fall des Kasseler NSU-Mordopfers Halit Yozgat bis | |
| heute Fragen aufgibt. Es ist ein ungewöhnlich langes Telefonat für ein | |
| Gespräch von einem V-Mann-Führer mit seiner Quelle, das haben mittlerweile | |
| verschiedene Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzes ausgesagt. | |
| Üblicherweise werden über Telefon nur Treffpunkt und -zeit vereinbart. Der | |
| zeitweise wegen Mordverdachts festgenommene, ehemalige | |
| Landesverfassungsschutzmitarbeiter Andreas T. hatte es am Tag von Yozgats | |
| Tod, ausgerechnet, mit G., einem V-Mann für die rechte Szene geführt. | |
| Am Freitag hatte der hessische NSU-Ausschuss diesen V-Mann G. erstmals mit | |
| voller Aussagegenehmigung vernehmen können. Der Ausschuss versucht die | |
| Rolle des Landesverfassungsschutzes beim Mord an Yozgat und insbesondere | |
| die Rolle Ts zu klären. Doch die Befragung stiftete mehr Verwirrung als | |
| Aufklärung. Der Zeuge redet von einem verschwundenen Aussageprotokoll und | |
| hat viele Erinnerungslücken. | |
| Ausgerechnet an das Telefonat kann G. sich auch in Wiesbaden nicht | |
| erinnern. Das hatte er auch schon vor dem Oberlandesgericht in München | |
| ausgesagt. „Elf Minuten sind schon lange, das ist total unüblich, aber ich | |
| kann mich nicht erinnern, dass es das Gespräch gab“, sagte G., der 2002 vom | |
| LfV als V-Mann für die rechte Szene in Nordhessen angeworben wurde. | |
| Sein Bruder hatte die rechtsextreme Kameradschaft Kassel gegründet, in der | |
| war auch G. zeitweise Mitglied. Der 35-Jährige will sich schon 2000 von der | |
| rechten Szene distanziert haben: „Aber Kontakt zu den Leuten, klar der | |
| bestand. Das waren ja auch viele Freunde, die ich schon von vor meiner | |
| rechten Zeit kannte.“ Seine Erinnerungslücken schiebt er auf Alkohol. | |
| „Das soll ich ausgesagt haben?“ | |
| Konfrontiert mit Aussagen aus seinem Vernehmungsprotokoll von der Polizei | |
| aus dem Jahr 2012 gibt sich G. komplett perplex: „So ein Protokoll gibt es? | |
| Mir wurde gesagt, das sei verschollen.“ Zwei Polizisten, darunter einer, | |
| den er namentlich benennen kann, seien bei ihm zu Hause gewesen und hätten | |
| ihm mitgeteilt, dass es einen „Maulwurf“ gegeben habe. Einige Akten, | |
| darunter sein Aussageprotokoll, seien verschwunden. | |
| Im diesem Protokoll erklärt G., er habe nur wenige Monate mit T. zusammen | |
| gearbeitet, vor dem Untersuchungsausschuss spricht er von Jahren. Darauf | |
| angesprochen schaut er verdutzt: „Das soll ich ausgesagt haben? Das ist | |
| doch Blödsinn. Aber das könnte meine Unterschrift sein, dann werde ich das | |
| so wohl gesagt haben.“ | |
| Holger Bellino, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU sagt: „Die | |
| Anhörung hat wenig Neues gebracht. G. hat sehr große Erinnerungslücken.“ | |
| Die Linke hingegen will die beiden Polizisten ausfindig machen, die G. den | |
| Hausbesuch abgestattet haben und sie im Ausschuss vorladen. | |
| Halit Yozgat war das neunte und mutmaßlich letzte Opfer des NSU. Der | |
| 21-Jährige wurde am 6. April 2006 in seinem Internetcafé in Kassel am | |
| helllichten Tag erschossen. Der Landesverfassungsschutzmitarbeiter T. war | |
| zur Tatzeit anwesend. | |
| 26 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Leimbach | |
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