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# taz.de -- NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen: Verfassungsschutz verteidigt …
> In Wiesbaden stellte sich der Ex-Chef des Verfassungsschutzes dem Vorwurf
> der Vertuschung im Fall Halit Yozgaz. Viel weiß er nicht.
Bild: Als Zeuge geladen: der Ex-Chef des hessischen Verfassungsschutzes,
Wiesbaden taz | Im hessischen NSU-Ausschuss hat am Freitag der ehemalige
Leiter des Landesverfassungsschutzes ausgesagt. Lutz Irrgang widerspricht
dem Vorwurf, seine Behörde habe die polizeilichen Ermittlungen rund um den
Mord an Halit Yozgat, der am 6. April 2006 in seinem Internetcafé in Kassel
erschossen wurde, behindert.
„Ich erinnere mich in der Zeit hauptsächlich daran, dass ich überfallen
wurde und dass die Fußball-WM anstand, bei der für uns viel zu tun war“,
sagt Lutz Irrgang, der den hessischen Verfassungsschutz von 1999 bis Ende
2006 leitete. Auch sonst erinnert sich der heute 74-Jähirge an nicht mehr
viel. Es ist nicht klar, wo altersbedingte Gedächtnislücken beginnen und wo
er willentlich blockiert.
Zuvor hatte der Polizeikommissar, der die damals zuständige Mordkommission
„MK Café“ leitete, den hessischen Verfassungsschutz als „nicht kooperati…
bei der Aufklärung des Falls beschrieben. Es wäre es sinnvoll gewesen, wenn
sie die Erlaubnis bekommen hätten, V-Leute zu befragen, sagte der Kommissar
bei der letzten Sitzung des Ausschusses in Wiesbaden.
Mit einem Mitarbeiter der Behörde hatte der V-Mann Andreas Temme, der zum
Zeitpunkt des Mordes in dem Internetcafé gewesen sein soll und der
vorübergehend sogar selbst unter Tatverdachts stand, kurz nach der Tat
telefoniert. Ein Treffen mit dem Leiter der Mordkommission und der Polizei
habe der Verfassungsschutzchef Irrgang jedoch abgelehnt - angeblich, weil
der Polizeipräsident nicht anwesend sein sollte.
## Quellenschutz ging der Behörde vor
Diesen Vorwurf wies Irrgang nun zurück. Er habe sich treffen wollen und die
Zusage, dass ein Staatsanwalt anwesend sei, hätte ihm genügt. Seine Behörde
habe zunächst auch zugesagt, dass die V-Leute vernommen werden dürfen. Erst
bei einer fachlichen Prüfung seien Zweifel aufgekommen – aus Angst um die
Quellen, so Irrgang. Diese seien „rar und wären verloren gegangen“, meinte
der Ex-Verfassungsschützer. Die endgültige Entscheidung darüber habe aber
beim Innenministerium gelegen.
Von rechten Strukturen in Nordhessen will Irrgang, dem das Thema seiner
Aussage nach, sehr am Herzen lag, nichts gewusst haben. „Wenig
strukturiertes“ sei damals aus der Region bekannt gewesen. „Das sah in
anderen Gegenden Hessens anders aus.“
Auch Iris Pilling, die damalige Vorgesetzte von Andreas Temme, wurde
erstmals öffentlich vernommen. Sie bestätigte, dass der Verfassungsschutz
Einsicht in die Ermittlungsakten zum Fall Temme hatte und sie sich privat
mit dem V-Mannführer getroffen hat – an einer Autobahnraststätte und nach
dessen Suspendierung wegen der Mordverdachts. An die Aussage, Temme sei ihr
„bester Mann“ in Nordhessen gewesen, kann sie sich nicht mehr erinnern. Als
Mitarbeiter sei er allerdings sehr penibel und sorgfältig gewesen.
Der hessische NSU-Ausschuss versucht, die Rolle des
Landesverfassungsschutzes und die Kenntnisse der Behörden über
rechtsextremen Strukturen in Hessen vor und zur Zeit der NSU-Morde zu
klären. Der Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme war kurz vor oder
sogar während des mutmaßlich neunten Mordes des rechtsextremen NSU-Trios am
Kasseler Tatort.
18 Dec 2015
## AUTOREN
Alina Leimbach
## TAGS
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Schwerpunkt Rechter Terror
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NSU-Prozess
Carsten S.
Rechter Terror
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