# taz.de -- Zschäpe sagt im NSU-Prozess erneut aus: Von Morden nichts gewusst | |
> Zum dritten Mal äußert sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe im | |
> NSU-Prozess. Wieder stellt sie sich als unbeteiligt an den Terrortaten | |
> dar. | |
Bild: Die Angeklagte am Mittwoch im Gerichtssaal. | |
MÜNCHEN taz | Es ist Mittwochmittag und wieder richten sich alle Augen im | |
Münchner Gerichtssaal auf Beate Zschäpe. Zum dritten Mal nimmt die | |
Hauptangeklagte Stellung, Anwalt Herrmann Borchert verliest ihre erneuerte | |
Botschaft: Mit dem NSU-Terror habe sie wenig zu tun. | |
Es ist der Versuch, doch noch eine Höchststrafe abzuwenden. In dem seit | |
fast drei Jahren laufenden Prozess ist die Beweiserhebung in weiten Teilen | |
erledigt – und brachte wenig Entlastendes für Zschäpe. Daher hatte die | |
41-Jährige im Dezember ihr langes Schweigen gebrochen und ausgesagt: Die 10 | |
Morde, zwei Anschläge und 15 Überfälle seien das Werk ihrer Kumpanen Uwe | |
Mundlos und Uwe Böhnhardt gewesen. | |
Richter Manfred Götzl stellte bereits knapp 100 Nachfragen. Dazu kommen | |
neue Vorwürfe: Aktuelle Ermittlungen legen nahe, [1][dass Zschäpe | |
TV-Berichte über den Anschlag in der Kölner Keupstraße aufzeichnete] – also | |
sehr wohl Bescheid wusste. | |
Nun versucht Zschäpe dagegenzuhalten. Die Beschaffung der Waffen, der | |
Kontakt zu Helfern, der Inhalt des Bekennervideos – all dies hätten Mundlos | |
und Böhnhardt zu verantworten. Zschäpe stellt sich nicht nur unbeteiligt | |
dar, sondern gar unterdrückt. Mehrfach sei sie von Böhnhardt geschlagen | |
worden, „wenn ihm die Argumente ausgingen“: Etwa als sie kritisierte, dass | |
eine Pistole offen herumlag oder dass es immer noch kein Internet gebe. | |
## Zschäpe verwickelt sich in Widersprüche | |
Doch dieses Bild passt weiterhin nicht zu Zeugenaussagen über Zschäpes | |
dominantes Auftreten im Trio und ihre feste rechtsextreme Gesinnung. Auch | |
die Ermittlungen zu den Fernsemitschnitten legen eine aktivere Rolle nahe. | |
Dazu verliert Zschäpe am Mittwoch kein Wort. Ihr Anwalt hatte den Vorwurf | |
bereits zurückgewiesen: Die TV-Berichte hätten auch von anderen Helfern | |
aufgenommen und dem Trio übergeben worden sein können. | |
Zschäpe verwickelt sich aber auch in Widersprüche. Als sie im Jahr 2011 das | |
NSU-Bekennervideo verschickte, sei sie davon ausgegangen, dass es dort nur | |
um die Überfälle ging. Später aber räumt sie ein, sie habe geahnt, dass es | |
in dem Video auch um die Erschießungen geht. | |
Noch auffälliger ist, wie schonend Zschäpe mit Mitangeklagten und Helfern | |
umgeht. André E. und dessen Frau Susann, enge NSU-Begleiter bis zum | |
Schluss, erfuhren „von den Morden und Anschlägen nichts“. Zum als | |
wichtigstem Waffenbeschaffer angeklagten Ralf Wohlleben verliert sie kein | |
Wort. Und zum weiteren Pistolenlieferanten Jan W., den Zschäpe bei ihrer | |
letzten Aussage selbst benannte? Kann sie nichts Weiteres mehr sagen. Mit | |
dem hätten nur ihre toten Mitbewohner zu tun gehabt. | |
Dafür schildert Zschäpe Privates, lässt über ihren hohen Sektkonsum | |
berichten oder ihre Suizidgedanken, nachdem sich Mundlos und Böhnhardt im | |
Jahr 2011 nach einem gescheiterten Bankraub erschossen und sie selbst den | |
letzten Unterschlupf in Zwickau in Brand gesetzt hatte. „Ich spielte mit | |
dem Gedanken, mich vor einen Zug zu werfen.“ Stattdessen stellte sie sich. | |
Entlastung für Zschäpe bringen diese Aussagen wohl nicht. Richter Götzl | |
will am Donnerstag kundtun, ob er weitere Fragen an sie hat. Zuletzt war | |
der Prozess durch wiederholte Befangenheitsanträge gegen die Richter ins | |
Stocken geraten. Götzl verkündete darauf vorsorglich neue | |
Verhandlungstermine bis Januar 2017. Ein Urteil wird eher im Herbst | |
erwartet. | |
16 Mar 2016 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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