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# taz.de -- Bündnis „Soziales Berlin gegen Rassismus“: „Krise der sozial…
> Steffen Strandt über gemeinsame Interessen von Geflüchteten und
> Ur-Berlinern. Am Samstag startet eine Demo auf dem Oranienplatz.
Bild: Das muss doch nicht sein: Massenunterkünfte in Turnhallen
taz: „Wir lassen uns nicht spalten“, so lautet der Slogan vom [1][Bündnis
„Soziales Berlin gegen Rassismus“]. Wer lässt sich hier von wem nicht
spalten, Herr Strandt?
Steffen Strandt: Wir sind Geflüchtete und bereits länger in Berlin Lebende,
die versuchen müssen, über die Runden zu kommen. Wir haben untereinander
deutlich mehr gemeinsam als mit den Berliner Eliten. Damit haben wir auch
gemeinsame Interessen und machen das Ausspielen von Ankommenden und
alteingesessenen Berlinern nicht mit.
Welches Ausspielen?
PolitikerInnen sagen, wir hätten keinen Platz für Geflüchtete und nehmen
Turnhallen in Beschlag. Dort werden Menschen auf engstem Raum
zusammengepfercht. Für sie ist es eine Katastrophe, keine Privatsphäre zu
haben und keinen Schutz zu genießen. Und für die SportlerInnen ist es
bedauerlich, dass ihnen der Platz fehlt. Damit wirkt man auch den wichtigen
sozialen Treffpunkten entgegen, wo Menschen verschiedenster Nationalitäten
und Weltanschauungen zusammen Sport treiben können. Weder Geflüchtete noch
SportlerInnen sind mit diesem Zustand zufrieden.
Was ist die Alternative zu den Massenunterkünften?
Die Beschlagnahmung von spekulativem Leerstand und die Nutzung von leer
stehenden Gebäuden, die im Eigentum der Stadt stehen. Davon gibt es genug.
Die Initiative 100% Tempelhofer Feld, die auch zu unserem Bündnis gehört,
ruft dazu auf, [2][diesen Leerstand zu melden.] Außerdem brauchen wir
deutliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, mehr Personal im
öffentlichen Dienst, insbesondere in der Sozialarbeit. Denn wir haben keine
Flüchtlingskrise sondern eine Krise der sozialen Infrastruktur.
Was bedeutet spekulativer Leerstand?
Das ist das Phänomen, wenn Wohnhäuser entmietet werden: Wenn Menschen
ausziehen, wird die Wohnung nicht neu vermietet, damit das gesamte Haus
luxussaniert werden kann, um in der Zukunft noch höhere Mieten zu
generieren. Bis alle Mieter raus sind, stehen die anderen Wohnungen im Haus
oft jahrelang leer. So ist es auch bei Eigentumswohnungen. Es kann sehr
lange dauern, bis sie weitervermietet werden, weil Menschen in Berlin
oftmals nicht zahlungskräftig genug sind, um die Wohnungen zu mieten.
Bürohäuser stehen auch leer, obwohl wir eine Krise auf dem Wohnungsmarkt
haben. Sie könnten in Wohnraum umgewandelt werden.
Was hindert Eigentümer von Büroräumen, sie umzubauen und als Wohnraum zu
vermieten?
Es ist rentabler auf die hohen Mieten von Luxusmietern zu warten. Das ist
das generelle Problem auf dem Wohnungsmarkt: Es wird nicht nach Bedarf
vermietet sondern nach Zahlkraft. Die Profitorientierung auf dem
Wohnungsmarkt ist ein Problem für viele geworden.
Wie begegnen Sie „besorgten Bürgern“, die fürchten, dass ihnen durch die
Unterstützung von Geflüchteten Nachteile entstehen?
Die Misere der Berliner Sozialpolitik resultiert aus dem Kaputtsparen der
letzten Jahrzehnten durch alle Landesregierungen. Damit muss Schluss
gemacht werden. Logischerweise haben nicht die Geflüchteten Berlin
kaputtgespart sondern die Politiker. Die einzigen, die ein Interesse an der
Spaltung von Geflüchteten und Alteingesessenen haben, sind eben Spekulanten
und Politiker, die die Krise hervorgerufen haben und nicht lösen können.
Ein Weg aus der Misere heraus sowohl für Geflüchtete als auch für die
BerlinerInnen, die keine Wohnung finden, die monatelang auf einen Termin im
Bürgeramt warten müssen und deren Kinder in zu großen Klassen unterrichtet
werden, ist, dass alle gemeinsam auf die Straße gehen für ihr Berlin und
für ein soziales Berlin für alle kämpfen.
Wie soll das finanziert werden, wenn Berlin so kaputtgespart ist?
Die Unterfinanzierung der Kommunen und Länder ist durch die Schuldenbremse
mitverursacht worden. Deutschland hatte letztes Jahr ein deutliches
Haushaltsplus gehabt. Das Geld muss wieder in die soziale Infrakstruktur
reingesteckt werden. Jeder, der durch Berlin läuft, sieht zudem auf der
einen Seite den krassen Reichtum in Villengegenenden wie in Zehlendorf und
auf der anderen Seite starke Armut. Es ist nicht zu wenig Geld da. Es ist
falsch verteilt. Wir wollen, dass Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt
durch Arbeit verdienen müssen, ein gutes Auskommen haben. Menschen, die
Millionen in dieser Stadt machen und horten, können dies nicht durch eigene
Arbeit erreichen sondern durch die Ausbeutung von fremder Arbeit. Und genau
diesen Menschen kann man das auch wieder wegnehmen.
Das Bündnis fordert auch eine klare Kante gegen rechts.
Wir möchten nicht mehr nur den RassistInnen hinterherlaufen bei ihren
täglichen Mobilisierungen in Berlin. Das beste Mittel um denen
entgegenzutreten, ist ein gemeinsamer Kampf von schon länger hier Lebenden
und neu Ankommenden. Wenn wir für unsere gemeinsamen Interessen
mobilisieren, machen wir auch AfD-Mitläufern klar, dass eben nicht die
Geflüchteten das Problem sind. Wie man am neuesten Skandal um die Panama
Papers erkennt: Wenn irgendwelche Flüchtlinge das Problem sind, dann sind
es die Steuerflüchtlinge.
Demonstration „Wir lassen uns nicht spalten: Soziales Berlin für Alle!
Rassisten stoppen!“: Berlin-Kreuzberg, Oranienplatz, 16.4.16, Beginn 13 Uhr
15 Apr 2016
## LINKS
[1] https://sozialesberlin.wordpress.com/
[2] http://www.thf100.de/aktionen.html
## AUTOREN
Marisa Janson
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