# taz.de -- Kommentar Europäische Grenzpolitik: Österreich lässt Merkel im S… | |
> Lange hat sich Österreich um eine europäische Lösung bemüht. Doch | |
> heimlich wird die Stacheldrahtpolitik Ungarns zum neuen Vorbild. | |
Bild: Wohin nur? Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze | |
Europa steht vor einer Zeitenwende, die mutige und gemeinsame | |
Entscheidungen verlangt. Leider sehen wir nur kleinmütige Schritte, die dem | |
Druck der politischen Rechten geschuldet sind. In Österreich drücken sich | |
diese Schritte in Zahlen aus: 37.500 Asylanträge will man dieses Jahr | |
entgegennehmen. 11.000 wurden in den ersten sechs Wochen des Jahres 2016 | |
schon eingebracht. Das sind etwa 240 pro Tag. Wenn es so weitergeht, dann | |
ist Anfang Juni das Kontingent voll. | |
Also begann die österreichische Regierung zu rechnen. Das Ergebnis hat | |
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Mittwoch präsentiert: [1][Wir | |
nehmen 80 pro Tag.] Ab Freitag, mit weiteren Höchstgrenzen pro Stunde. | |
Zusätzliche maximal 3.200 Personen können durchgewinkt werden, wenn sie | |
denn anderswo Asyl beantragen wollen. Die Zahl entspricht dem täglichen | |
Durchschnitt von nach Deutschland durchreisenden Flüchtlingen in den | |
vergangenen Wochen. | |
Österreich ist damit wieder zu jener Asylpolitik zurückgekehrt, die es vor | |
dem vergangenen Sommer praktizierte. Und die heißt: möglichst wenige | |
hereinlassen. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hat die unschöne | |
Wahrheit bereits ausgesprochen: [2][Man nähere sich der Position der | |
Visegrad-Staaten an.] Ungarns Stacheldrahtverhau, vor kurzem noch | |
Gegenstand heftiger Polemik, wird heimlich zum neuen Symbol Europas. Um den | |
Schwenk weniger drastisch erscheinen zu lassen, bemüht man sich noch um ein | |
freundlicheres Gesicht, als es Viktor Orbán oder Beata Szydlo zeigen. | |
Man muss den Österreichern zugute halten, dass sie sich gemeinsam mit | |
Deutschland lange um eine europäische Lösung bemüht haben. Jetzt sehen | |
Faymann und seine Leute nicht nur zu, wie die europäische Idee an | |
nationalen Egoismen zerbricht. Sie wirken auch aktiv an der Demontage von | |
Schengen mit – und lassen Angela Merkel kurz vor Beginn des EU-Gipfels im | |
Regen stehen. Bundeskanzler Faymanns Prognose, dass auch Deutschland | |
demnächst ähnliche Schritte machen werde, wird dadurch zur self-fulfilling | |
prophecy. | |
Man muss aber kein großer Prophet sein, um vorauszusagen, dass bald die | |
Wirtschaft auf den Barrikaden stehen wird. Die Frächterlobby fordert schon | |
eigene Korridore. Und die Schlepper, denen man mit der Politik der offenen | |
Grenze das Handwerk legen wollte, werden sich die Hände reiben. | |
18 Feb 2016 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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