| # taz.de -- Asylrecht in Österreich: Erst Notstand, dann Abschiebung | |
| > Die Regierung will schärfere Gesetze, um Flüchtlinge schneller loswerden | |
| > zu können. Die sollen am liebsten gar nicht mehr ins Land kommen. | |
| Bild: Schneller abschieben: Das will Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann | |
| Wien taz | Mit einem Notverordnungsrecht will Österreichs Regierung den | |
| Zustrom von Flüchtlingen bändigen. Wenn die Aufrechterhaltung der | |
| öffentlichen Sicherheit gefährdet sei, soll der Notstand ausgerufen werden | |
| können, der Schnellverfahren für Asylanträge erlaubt. Im Regelfall sollen | |
| Asylsuchende gar nicht mehr über die Grenze gelassen werden. | |
| Ein entsprechender Gesetzesantrag wurde Dienstag im Ministerrat abgesegnet | |
| und soll am Donnerstag dem Innenausschuss des Nationalrats zugeleitet | |
| werden. Das Gesetz soll am 1. Juni in Kraft treten. | |
| Die Verschärfungen sehen vor, dass Personen, die keine Familie in | |
| Österreich haben oder nicht unmittelbar von Folter und Tod bedroht sind, | |
| gar nicht erst ins Land gelassen werden. Nicht nur die Opposition ist gegen | |
| den Beschluss. Alev Korun, die Menschenrechtssprecherin der Grünen, findet | |
| es skandalös, „die Versäumnisse der Bundesregierung auf dem Rücken der | |
| Asylsuchenden auszutragen“. | |
| Selbst die rechtslastige FPÖ kritisiert die Vorgehensweise. Notverordnungen | |
| kenne man aus Diktaturen, so der Abgeordnete Walter Rosenkranz. Auch in der | |
| SPÖ wollen nicht alle dem Kanzler folgen. Namentlich die Wiener Partei hat | |
| Widerstand angekündigt. Solange ein Drittel der Gemeinden keinen Flüchtling | |
| untergebracht habe, könne man schwerlich einen Zusammenbruch herbeireden. | |
| „Daraus einen Notstand zu konstruieren, halte ich für verwegen“, sagte | |
| Wiens Bürgermeister Michael Häupl im ORF-Fernsehen. | |
| ## Juristen sind uneins | |
| Uneins sind auch die Verfassungsjuristen. Während etwa der | |
| Menschenrechtsexperte Manfred Nowak der Meinung ist, die geplante | |
| Notverordnung käme einer Abschaffung des Asylrechts gleich, Notstand gebe | |
| es in Jordanien, dem Libanon und der Türkei, die Millionen syrischer | |
| Flüchtlinge beherbergen, erklärt Bernd Christian Funk, „es gibt laut | |
| überwiegender europäischer Judikatur kein Grundrecht auf Asyl“. | |
| Funk hat mit dem Europarechtler Walter Obwexer für die Regierung ein | |
| Gutachten zur geplanten Einführung von Obergrenzen für die Aufnahme von | |
| Flüchtlingen verfasst. Die Ausrufung des Notstands setze keinen drohenden | |
| Zusammenbruch des Landes voraus, so Funk, es reiche, „wenn es einem Staat | |
| unmöglich ist, ein ausgewogenes System zu erhalten“. Es gehe nicht nur um | |
| eine Bedrohung im sicherheitspolizeilichen Sinne, sondern auch um die | |
| Frage, ob öffentliche Dienste gefährdet seien, so Gerhard Hesse, Leiter des | |
| Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt. | |
| Die neue Asylrechtsverschärfung wird die letzte Tat von Innenministerin | |
| Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sein. Sie wird als Finanzlandesrätin nach | |
| Niederösterreich wechseln. Dort soll sie als Nachfolgerin des bald | |
| 70-jährigen Landeshauptmanns Erwin Pröll aufgebaut werden. Pröll schickt | |
| den bisherigen Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka als neuen Innenminister | |
| nach Wien und demonstrierte, wer in der ÖVP wirklich das Sagen hat. | |
| [Link auf Beitrag 1107041] | |
| 12 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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