# taz.de -- Westbalkantreffen zur Flüchtlingskrise: Wien fordert „Systemwech… | |
> Die Westbalkanländer und Österreich wollen besser zusammenarbeiten. | |
> Verwirrung herrscht über die Obergrenze für Asylsuchende. | |
Bild: Begrenzte Wirkung? Österreichs Zaun am Grenzübergang Spielfeld. | |
WIEN taz | Sie wollen künftig besser zusammenarbeiten und Mazedonien | |
zugleich dabei unterstützen, mit der großen Zahl der Flüchtlinge | |
zurechtzukommen: Darauf haben sich die Innen- und Außenminister aus neun | |
Ländern bei der Westbalkankonferenz am Mittwoch in Wien geeinigt. | |
Das Treffen hatte mit Misstönen begonnen: Griechenland protestierte, dass | |
es nicht eingeladen sei. Offiziell hatten die Wiener Politiker dies damit | |
begründet, bei der Konferenz handelte es sich um ein „festes Format“. Doch | |
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die der Österreichischen Volkspartei | |
ÖVP angehört, hielt vor dem Treffen mit den wahren Gründen nicht hinter dem | |
Berg: „Derzeit sehen wir keinen Willen seitens Griechenland, Hilfe | |
anzunehmen und die Außengrenze zu schützen.“ Ihr Parteikollege, | |
Außenminister Sebastian Kurz, forderte einen „Systemwechsel“, um die Zahl | |
der Flüchtlinge zu reduzieren. | |
Nicht nur in Athen, auch in Brüssel ist man über den österreichischen | |
Alleingang verärgert. Einen Tag vor der EU-Innenministerkonferenz am | |
Donnerstag kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Österreich die | |
anderen Länder vor vollendete Tatsachen stellen will. Minister Kurz | |
hingegen ist überzeugt, dass das Ergebnis „ein Turbo für eine europäische | |
Lösung sein kann“. | |
Er sieht nur zwei Ansätze, mit der Flüchtlingskrise umzugehen: „Die | |
schnellstmögliche Weiterleitung nach Mitteleuropa“ oder den Versuch, „den | |
Zustrom zu drosseln“. Österreich, das vergangenes Jahr 90.000 Asylwerber | |
aufgenommen hat, sei „schlicht und ergreifend überfordert“. Mit der jüngst | |
beschlossenen Begrenzung der Aufnahme Schutzsuchender auf 37.500 in diesem | |
Jahr und Tageskontingenten von 80 habe man überfällige Maßnahmen gesetzt. | |
## Österreich und die Balkanländer arbeiten längst zusammen | |
Die Innenministerin berichtete von einem Treffen von Polizeidirektoren vor | |
einigen Tagen. Man habe beschlossen, Menschen, die falsche Angaben zu ihrer | |
Identität machen oder gefälschte Dokumente vorweisen, zurückzuweisen. Man | |
einigte sich auf Mindeststandards der Registrierung, damit die | |
Personaldaten nicht in jedem Land neu aufgenommen werden müssen. In Wien | |
soll ein Zentrum zum Kampf gegen die Schlepperei entstehen, das mit | |
Interpol und Europol eng zusammenarbeitet. | |
Österreich und die Balkanländer arbeiten längst in | |
Flüchtlingsangelegenheiten eng zusammen. In Zagreb sitzt ein Oberstleutnant | |
der österreichischen Polizei, der als Schaltstelle fungiert. An der | |
mazedonisch-griechischen Grenze helfen sieben österreichische Polizisten | |
bei der Kontrolle der Flüchtlinge. Demnächst sollen es 20 sein. Der Einsatz | |
von Soldaten wird diskutiert. | |
Mazedonien ist der Flaschenhals, wo der Rückstau von Flüchtlingen besonders | |
akut ist. 600 Menschen hoffen auf grünes Licht für die Weiterreise nach | |
Norden. Weitere 5.000 warten auf der griechischen Seite der Grenze. | |
Die Verwirrung um die Obergrenze blieb unaufgeklärt. Die vergangene Woche | |
verkündete Quote von 80 Asylanträgen täglich gelte nur für den | |
Grenzübergang Spielfeld, hatte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil | |
(SPÖ) überraschenderweise am Dienstag in der Zeit im Bild gesagt. Für | |
Mikl-Leitner gilt dieser Deckel für die gesamte Südgrenze. Derzeit würden | |
aber in Absprache mit Slowenien alle Flüchtlinge über Spielfeld | |
kanalisiert. | |
In ihrem Ministerium kann man die Fakten allerdings nicht leugnen. Am | |
Dienstag seien 130 Asylanträge entgegengenommen worden, davon kein einziger | |
in Spielfeld. Montag seien es gar 170 gewesen. Niemand kann nämlich | |
verhindern, dass von Deutschland zurückgewiesene Flüchtlinge es dann in | |
Österreich versuchen. An zwölf Grenzübergängen, die erst auf den Standard | |
von Spielfeld aufgerüstet werden sollen, wird offensichtlich nicht gezählt. | |
24 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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