# taz.de -- EU-Gipfel in Brüssel: Türkei als Partner bestätigt | |
> Die Europäer setzen weiter auf Ankara, um den Flüchtlingszuzug zu | |
> verringern. Die „Brexit“-Verhandlungen kommen nur langsam voran. | |
Bild: Am Abend des ersten Gipfeltages: Kommissionspräsident Jean-Claude Juncke… | |
Brüssel dpa | Um die Flüchtlingszahlen zu mindern, plant die EU Anfang März | |
einen neuen Sondergipfel mit der Türkei. „Wir haben bestätigt, dass es | |
keine Alternative gibt zu einer guten, intelligenten und weisen | |
Zusammenarbeit mit der Türkei“, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude | |
Juncker beim EU-Gipfel in Brüssel. | |
Am ersten Tag des Spitzentreffens gab es erheblichen Ärger um die | |
Ankündigung Österreichs zu Flüchtlingsobergrenzen. In der Debatte um ein | |
Reformpaket für Großbritannien kamen die EU-Chefs nur langsam voran; es | |
stehen weitere Gespräche am Freitag an. | |
Für die innenpolitisch bedrängte Kanzlerin Angela Merkel hat das | |
Türkei-Spitzentreffen eine wichtige Bedeutung, denn am 13. März stehen | |
Landtagswahlen in Baden-Württemburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt an. | |
Die CDU-Chefin sieht die Türkei als einen entscheidenden Partner zum | |
Bewältigen der Flüchtlingskrise. | |
Merkel sah sich beim Gipfel in ihren Bemühungen um eine Lösung der Krise | |
bestätigt. „Ich bin sehr zufrieden mit der Diskussion.“ Alle Staats- und | |
Regierungschefs hätten den Ende November gefassten EU-Türkei-Aktionsplan | |
nicht nur bekräftigt, sondern auch zur Priorität beim Umsetzen der | |
gemeinsamen Ziele erklärt. Das seien der bessere Schutz der | |
EU-Außengrenzen, die Bekämpfung der illegalen Migration und dadurch die | |
Reduzierung der Flüchtlingszahlen. | |
## Sondertreffen mit Davutoğlu abgesagt | |
Der Aktionsplan sieht unter anderem vor, dass die EU drei Milliarden Euro | |
zur besseren Versorgung syrischer Kriegsflüchtlinge in der Türkei zur | |
Verfügung stellt. Die EU gibt mit der Entscheidung zu einem neuen Gipfel | |
laut Diplomaten auch ein deutliches Signal, dass sie trotz des | |
eskalierenden Kurdenkonflikts in der Türkei an der Zusammenarbeit festhält. | |
Ein am Rande des Gipfels geplantes Sondertreffen einiger Staaten mit dem | |
türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu musste wegen des jüngsten | |
Anschlages in Ankara abgesagt werden. Mit Davutoğlu sollte eigentlich über | |
bessere Kontrollen an der Grenze zum EU-Land Griechenland geführt werden. | |
In der Gipfelrunde wurde laut Diplomaten die Forderung laut, dass Wien bis | |
zum nächsten EU-Gipfel Mitte März eine angekündigte Flüchtlings-Obergrenze | |
erst einmal nicht in die Tat umsetzt. Bundeskanzler Werner Faymann sagte | |
allerdings nach den Beratungen, seine Regierung werde daran festhalten. | |
„Da gibt es nichts zu verschieben, nichts zu ändern.“ Sein Land habe | |
bereits im Vorjahr deutlich mehr Asylanträge gehabt als beispielsweise | |
Italien und Frankreich. Juncker ging nicht explizit auf Österreich ein, | |
sagte aber, „nationale Solos“ seien nicht empfehlenswert. | |
## Briten-Deal am Nachmittag | |
Wien hatte zuvor Tagesobergrenzen von 3.200 Flüchtlingen festgelegt, die | |
nach Deutschland weiterreisen wollen. Zudem ist für Österreich eine | |
Höchstzahl von täglich 80 Asylanträgen an der Südgrenze geplant. Damit soll | |
die Jahres-Obergrenze von 37.500 Asylbewerbern eingehalten werden. Die | |
EU-Kommission hält das Vorgehen für unvereinbar mit der Europäischen | |
Menschenrechtskonvention, der Genfer Konvention sowie mit Artikel 18 der | |
EU-Grundrechtecharta. | |
Unterdessen setzte Gipfelchef Donald Tusk die Verhandlungen für einen | |
Briten-Deal in der Nacht in kleinen Gesprächsrunden fort. Es gebe „einigen | |
Fortschritt“, es sei aber noch viel zu tun. „Ich denke, es wird eine | |
Abmachung geben“, sagte der spanische Regierungschef Mariano Rajoy. | |
Laut Diplomaten soll die komplette Gipfelrunde am späten Vormittag wieder | |
über Großbritannien beraten. Eine Vereinbarung könnte dann möglicherweise | |
am Nachmittag getroffen werden. Der Gipfel verhandelt über ein Reformpaket, | |
um einen drohenden „Brexit“, also einen Austritt Großbritanniens aus der EU | |
zu verhindern. | |
Cameron drohte mit einem Eklat. Falls es keine „echten Fortschritte“ gebe, | |
werde er notfalls auch ohne Vereinbarung nach Hause fahren, berichtete die | |
Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf Quellen in der Regierung. Die | |
Briten stimmen womöglich schon im Juni darüber ab, ob sie in der EU bleiben | |
wollen. Merkel sagte, sie werde alles dafür tun, „dass Großbritannien ein | |
Teil der Europäischen Union bleiben kann“. | |
## Diskussionen um die „Notbremse“ | |
Die Verhandlungen über die britischen EU-Reformforderungen wurden nach | |
Angaben von Diplomaten von Diskussionen über Details bestimmt. Offen war | |
bis zuletzt zum Beispiel, wie lange es Großbritannien erlaubt werden solle, | |
eine geplante „Notbremse“ zu ziehen. | |
Damit will die Regierung in London zugewanderten EU-Bürgern bestimmte | |
Sozialleistungen für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vorenthalten. | |
Das Vorhaben wird mit einer außergewöhnlich Zuwanderung von EU-Bürgern nach | |
Großbritannien begründet. | |
19 Feb 2016 | |
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