# taz.de -- Big Data für personalisierten Einkauf: Jeder hat seinen Preis | |
> Onlinehändler bieten verschiedenen Kunden dieselbe Pauschalreise zu | |
> unterschiedlichen Preisen an. Und das ist erst der Anfang. | |
Bild: Ob die beiden gleich viel für ihre Reise bezahlt haben? | |
BERLIN taz | Preise, die individuell auf KundInnen zugeschnitten sind – das | |
ist zwar machbar, im Onlinehandel hierzulande aber die Ausnahme. Zu diesem | |
Ergebnis kommt [1][eine Studie des eWeb Research Center der Hochschule | |
Niederrhein], die das Bundesverbraucherschutzministerium in Auftrag gegeben | |
hat. | |
Personalisierte Preise sind eine der Anwendungen, die das massenhafte | |
Erheben und Auswerten von Daten – Big Data – möglich macht. Dabei werden | |
NutzerInnen beispielsweise auf Basis ihrer vergangenen Einkäufe, des | |
genutzten Endgeräts oder vermuteter Interessen unterschiedliche Preise für | |
das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung angeboten. | |
Beispielsweise höhere Preise für einen Nutzer, der eine Flugverbindung mit | |
dem Smartphone sucht, weil die Wahrscheinlichkeit, dass es schnell gehen | |
muss und er nicht lange vergleicht, bei ihm höher ist. | |
So entdeckte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen 2014, dass | |
Testkunden, die per Tablet in einem Onlineshop bestellten, zum Teil mehr | |
zahlen mussten als Kunden, die das gleiche Produkt zum selben Zeitpunkt | |
über den PC orderten. Das betraf unter anderem Technik, Kleidung und | |
Hygieneartikel. | |
Die Forscher der Hochschule Niederrhein kommen nun zu einem anderen | |
Ergebnis. Sie legten für ihre Untersuchung drei Nutzerprofile an. Mit einem | |
steuerten sie Preisvergleichsseiten an, um einen preissensiblen Nutzer zu | |
simulieren. Mit dem zweiten Profil klickten sie auf hochpreisige Produkte, | |
mit der Absicht, eine Bereitschaft zum Geldausgeben zu signalisieren. Das | |
dritte Profil bekam keine Datenspuren, die auf Präferenzen hindeuteten. Mit | |
diesen drei Profilen steuerten die Wissenschaftler Produkte aus 20 Webshops | |
an, und zwar mit unterschiedlichen Betriebssystemen, verschiedenen | |
Endgeräten und von wechselnden Standorten. | |
Das Ergebnis: Ob Walkingstöcke, Tierfutter oder Parfum – die Preise seien | |
nicht unterschiedlich gewesen. Mit einer Ausnahme: der Reisebranche. Für | |
„hochpreisige Pauschalreisen“ arbeiteten die Anbieter mit personalisierten | |
Preisen, die sich etwa nach dem Surfverhalten richteten. | |
## Transparenzproblem beim Datensammeln | |
Die Forscher glauben, dass personalisierte Preise in anderen Fällen für | |
Händler schlicht nicht attraktiv sind. Denn letztlich komme es nicht darauf | |
an, was der Kunde bereit sei zu zahlen, sondern auf das Angebot der | |
Konkurrenz. Liege das darunter, könne der Händler noch so perfekt | |
personalisierte Preise anbieten – der Kunde würde abwandern. Denn über | |
Preissuchmaschinen sei für Verbraucher sehr schnell sichtbar, welcher | |
Händler welches Produkt zu welchem Preis anbiete. | |
Doch aktuelle Software löst auch dieses Problem – und bezieht in die | |
Preisbildung auch die Angebote der Konkurrenz mit ein. Zudem ist das von | |
den Forschern untersuchte browserbasierte Einkaufen, nicht die einzige | |
Einkaufsart im Netz – und für das Personalisieren von Preisen womöglich | |
nicht die präferierte. Vorgemacht haben das schon die Rabattkarten. | |
Mit Apps für das Smartphone lässt sich noch einen Schritt weitergehen: So | |
können schon beim Betreten eines Ladens Rabatte angeboten werden oder – | |
wenn ein Kunde etwa eine Weile unschlüssig vor einem Regal steht oder von | |
einem Produkt den Barcode scannt und es dann doch wieder zurücklegt – | |
produktbezogene Preisnachlässe. | |
Ein „Transparenzproblem“ sieht Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale | |
Bayern. „Inwiefern ist der Kunde mit dem Anbieter noch auf Augenhöhe?“ | |
Einer der Vorteile des Onlinehandels, eine höhere Preistransparenz, werde | |
so wieder relativiert. Dazu komme die Problematik des Datensammelns. In | |
einer Umfrage des Link-Instituts gaben 15 Prozent der Befragten an, das | |
Personalisieren von Preisen bereits beim eigenen Einkauf erlebt zu haben. | |
Derweil beginnt das Modell, auch im stationären Handel Fuß zu fassen: Die | |
Supermarktkette Kaiser’s etwa bietet eine Kundenkarte an, mit der | |
KäuferInnen im Laden Rabattbons ausdrucken können – basierend auf den | |
eingekauften Produkten. | |
20 Jan 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hs-niederrhein.de/forschung/eweb-research-center/aktuelles/#mce_… | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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