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# taz.de -- Virginie Kamche über Aufarbeitung der Kolonialzeit: „Wir wurden …
> Früher war Bremen „Stadt der Kolonien“. Jetzt will Rot-Grün diese
> Geschichte aufarbeiten. Die afrikanische Community ist außen vor.
Bild: Zum Anti-Kolonialdenkmal umfunktioniert: Backstein-Elefant aus der Nazize…
taz: Frau Kamche, der rot-grüne Senat will das große koloniale Erbe Bremens
aufarbeiten und ein [1][Erinnerungskonzept auf den Weg bringen]. Gut so?
Virginie Kamche: Das ist aus unserer Sicht eine gute Initiative. Die
Mehrheitsgesellschaft hat diesen Teil der Geschichte heute vergessen –
deswegen ist es gut, jetzt daran zu erinnern und es heute besser zu machen.
Und unsere Kinder sollen lernen, dass sich die Deutschen damals nicht
richtig verhalten haben.
Wurde die afrikanische Community in Bremen in diese Initiative mit
eingebunden?
Wir wurden nicht kontaktiert. Das Afrika Netzwerk Bremen jedenfalls wurde
bislang nicht gefragt. Viele Menschen in der Community haben das
wahrscheinlich noch gar nicht mitbekommen. Aber trotzdem finden wir die
Initiative gut und wichtig, weil das ein [2][Teil der Geschichte Bremens]
und Deutschlands ist. Wir haben alle Interesse daran, zu wissen, was genau
passiert ist. Ich würde begrüßen, wenn auch im Schulunterricht die deutsche
Kolonialgeschichte stärker einbezogen würde, damit unsere Kinder die wahre
Geschichte erfahren können. Viele Historiker und Vereine verlangen das
schon seit langem.
Sollten die Straßen, die nach üblen Bremer Kolonialisten benannt sind wie
die Lüderitz-, Vogelsang oder Nachtigalstraße, umbenannt werden?
Ja! Das fände ich richtig.
Rot-Grün will diese Straßen lieber nur mit einer Legende versehen. Reicht
das?
Ich finde, dass schon diese Form der Anerkennung der Geschichte ein großer
Fortschritt ist. Eine Umbenennung ist ja auch immer eine Frage der Kosten.
Deswegen wäre, auch aus ökonomischen Gründen, so eine Erklärung der
Straßennamen schon nicht schlecht.
Auch dort, wo Bremen die Kosten übernehmen wollte, wie bei der
Karl-Peters-Straße, waren AnwohnerInnen dagegen.
Das finde ich nicht richtig. Wenn so eine Umbenennung einer Straße nicht am
Geld scheitert, dann soll man das auch machen. Diese Geschichte prägt uns
alle, auch unsere Kinder – das ist wirklich nicht gut. Das führt zu
Vorurteilen beziehungsweise erhält sie aufrecht und die wollen wir ja
gerade abbauen. Und wenn man dagegen etwas tun kann, ist das doch ideal für
alle. Das ist auch eine Frage der Gewöhnung der Anwohner: An einen neuen
Namen werden sie sich leichter gewöhnen, wenn ihnen die Bedeutung des
vorherigen Namens bewusst ist.
Bremen hat ein Denkmal, das an den Völkermord der Deutschen an den Herero
und Nama im heutigen Namibia erinnert. Im Vergleich zu dem Elefanten
nebenan, dem früheren „Reichskolonialehrenmal“, ist es allerdings
unauffällig und winzig.
Natürlich reicht das nicht aus. Aber es ist ein Anfang: Diese Form der
Anerkennung des Völkermordes ist gut, das ist schon ein großer Schritt.
Jetzt wollen wir in die Zukunft gucken.
Soll Deutschland auch materielle Entschädigungen für diesen Völkermord
zahlen?
Es geht nicht um materielle Entschädigungen, sondern um die Anerkennung –
wie ich schon gesagt habe. Es ist ein schwarzer Fleck in der deutschen und
bremischen Geschichte. Es geht darum, der Geschichte Respekt zu erweisen.
Das wäre auch gut für die Menschen, die heute in Namibia leben – inklusive
des Teils der Bevölkerung, die deutschen Migrationshintergrund haben. Ich
meine, Deutschland und Bremen haben eine moralische Verantwortung Namibia
gegenüber.
In Bremen gibt es allerlei Kaufmannsfamilien, deren Vorfahren finanziell
von der Ausbeutung der Kolonien profitiert haben. Müsste die nicht auch
Entschädigung zahlen?
Man sollte es Schritt für Schritt angehen. Wichtig ist zunächst die
Anerkennung und die Vermittlung der wahren Geschichte in der Schule. Die
Frage der Entschädigung folgt von allein.
19 Jan 2016
## LINKS
[1] http://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2015-12-17_Drs-19-83%20S_6353…
[2] /!5257406/
## AUTOREN
Jan Zier
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