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# taz.de -- Bremen und das koloniale Erbe: Ein Nazifant lernt um
> Viel zivilgesellschaftliche Initiative, wenig aus der Politik: Das
> koloniale Erbe Bremens gleicht dem in Hamburg, nicht aber sein Umgang
> damit.
Bild: Backstein-Revanchismus: Fritz Behns Anti-Kolonialismus-Denkmal hinterm Br…
BREMEN taz | Eine klare Linie in Bremens Kolonialismus-Aufarbeitung gibt’s
nicht. Was es gibt, sind einzelne Landmarks, wie die Gründung der – in der
Realisierung dann leider viel zu staatsgläubigen – deutsch-namibischen
Versöhnungskommission: Das war vor zehn Jahren, als man in Bremen das
internationale Gedenksymposium zum 100. Jahrestag des Herero-Genozids
veranstaltet hatte. Und, was es in Bremen auch gibt, das ist ein zehn Meter
hohes Anti-Kolonialismus-Denkmal, der riesenrote Elefant hinterm Bahnhof:
Aus Backstein hatte NSDAP-Mann Fritz Behn den 1932 errichtet, mit
revanchistischer Intention und Inschrift: „VNSEREN KOLONIEN“.
Im Jahr 1987 haben Eine-Welt-Gruppen den umgewidmet, dann dort, etwas
verschämt, eine Steintafel zur Erinnerung des Völkermord in Namibia
installiert: Adolf Lüderitz, der Inbesitznehmer von Südwestafrika, stammte
ja aus Bremen. Im Jahr 2008 übergab Bausenator Reinhard Loske (Grüne) den
Schlüssel des begehbaren Tiers an einen privaten Verein, und 2009 weihte er
dann, auf Betreiben der benachbarten Schule und eines Anlieger-Vereins,
eine Gedenkstätte dort ein - im Beisein namibischer Regierungsvertreter.
Und unbeeindruckt von der Kritik des Ovaherero-Genozidkomitees, das daran
erinnerte, dass das keine Reparationen ersetzt. Das stimmt. Aber jetzt ist
wenigstens das Rasendreieck hübsch, die Wege sind geharkt, und am 18.
September hat man’s umbenannt – in Nelson-Mandela-Platz.
Bremen ist flächendeckend – von der Baumwollbörse bis zur Norddeutschen
Mission – mit Institutionen und Bauten kolonialistischen Ursprungs
versorgt. Die kritische Auseinandersetzung mit diesem Erbe artikuliert sich
punktuell, wenn auch selten in Guerilla-Aktionen, wie 2007, als eine Gruppe
dauernd die „Mohren-Apotheke“ in der Neustadt attackierte: Über Nacht wurde
die mal zur Ohren-, mal zur Möhren-Apotheke. Wegweisend ist dagegen die
Auseinandersetzung des Überseemuseums mit dem Thema: Ihm verdankt die
Kolonialismus-Reflexion in Deutschland wichtige Impulse.
So hat Direktorin Wiebke Ahrndt im deutschen Museumsbund die Arbeitsgruppe
zum Umgang mit „Human Remains“ geleitet. Menschliche Überreste waren ein
beliebter Sammlungsgegenstand. Meist, so Ahrndt, gebe es aber nur
lückenhafte Hinweise auf das Individuum, dessen Knochen in die Sammlung
gelangten. Im Museumsbund sei das „ein Thema, das uns allen unter den
Nägeln brennt“.
Viel gesellschaftliche Bewegung, viel Initiative: ein Senatskonzept? Wozu?
Das Thema steht doch in den behördlichen Bildungsplänen. Vielleicht
allerdings könnte ein Erinnerungskonzept, richtig angefasst, die
zivilgesellschaftlichen Energien bündeln. Und so etwas wie einen
Resonanzraum schaffen, für noch immer unerfüllte Reparationsansprüche.
4 Oct 2014
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Kolonialismus
Geschichtsaufarbeitung
Bremen
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Afrika
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Hamburg
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