# taz.de -- Syrieneinsatz beschlossen: Schlachtfeld Bundestag | |
> Mit den Stimmen von SPD und Union hat der Bundestag den Bundeswehreinsatz | |
> in Syrien beschlossen. Zuvor gab es heftige Kritik aus der Opposition. | |
Bild: Die entscheidende Schlacht im Bundestag: Der Einsatz ist beschlossen | |
Berlin taz | Die Schlachtfelder Syriens und das Plenum des Bundestags | |
ähneln sich am Freitag in gewisser Weise. Von der Regierungsbank fliegen | |
zwar keine Fassbomben, die Checkpoints am Eingang betreibt nicht der IS und | |
über der Reichstagskuppel kreisen auch keine Kampfjets. Eines verbindet | |
Berlin-Mitte an diesem Vormittag aber mit dem Mittleren Osten: Ähnlich | |
zerrüttet wie die zig Oppositionsmilizen in Syrien präsentieren sich auch | |
die Oppositionsfraktionen im Bundestag. | |
Das Parlament diskutiert über den Bundeswehr-Einsatz gegen den IS und als | |
erste Regierungsgegnerin steht Sahra Wagenknecht am Rednerpult. Die Chefin | |
der Linksfraktion hält nicht viel vom deutschen Syrien-Mandat. „Sie | |
bekämpfen den IS damit nicht, sie werden ihn stärken“, sagt sie. | |
In der Dschihadisten-Hauptstadt Rakka mit ihren 200.000 Einwohner hätten | |
die Luftangriffe zuletzt Krankenhäuser und Schulen getroffen. „Man kann | |
davon ausgehen, dass der Bombenkrieg der letzten drei Wochen mehr zivile | |
Opfer gefordert hat als die Terroranschläge von Paris.“ | |
Dieter Janecek will das so nicht stehen lassen. Vom Syrien-Mandat ist der | |
Grüne zwar auch nicht überzeugt. Weil er aber kein gewöhnlicher Grüner ist, | |
sondern ein besonders konservativer, hält er von Sarah Wagenknecht noch | |
viel weniger. Also eröffnet er eine zweite Front und meldet sich mit einer | |
Zwischenfrage. | |
„Sie beklagen zurecht zivile Opfer in Rakka, aber was ist mit den | |
russischen Luftangriffen?“, sagt er. „Sind Sie da auf einem Augen blind?“ | |
Die Attacke zündet, sogar die Unionsfraktion applaudiert. Dann startet | |
Wagenknecht aber die Gegenoffensive. „Die russischen Luftangriffe sind | |
genauso tragisch wie die der Amerikaner“, ruft sie. Aber wer die russischen | |
Bomben verurteile, könne wohl kaum für den Einsatz westlicher Bomben | |
stimmen. | |
Der Gegenangriff sitzt, bei der Union klatscht niemand mehr. | |
## Der Einsatz ist beschlossen | |
Die Abstimmung wird die Opposition später trotzdem verlieren: 445 | |
Abgeordnete sagen Ja zum Bundeswehreinsatz, 146 stimmen mit Nein, 7 | |
enthalten sich. Die Bundeswehr darf damit bis zu 1.200 Soldaten in den | |
Krieg gegen den IS schicken; sie wird sich mit Aufklärungsflugzeugen, | |
Tankflugzeugen und einer Fregatte an den Angriffen beteiligen. Der | |
Bundestag folgt damit dem Antrag der Bundesregierung. | |
Für die Zustimmung des Parlaments wirbt zuvor Norbert Röttgen. Statt der | |
Kanzlerin oder der Verteidigungsministerin schickte die Union ihn, den Chef | |
des Auswärtigen Ausschusses, ans Rednerpult. | |
Der CDU-Politiker versucht, mit Emotionen zu punkten. Langsam, die Stimme | |
gedämpft, spricht er von den jungen Jesidinnen, die der IS versklavt und | |
vergewaltigt. „Wenn man sich das Gesicht eines dieser Mädchen vorstellt, | |
kann ich Ihnen nur eine Bemerkung mitgeben: Es braucht schon verdammte gute | |
Argumente, um heute mit Nein zu stimmen“, sagt Röttgen. | |
## Grüne sind nicht überzeugt | |
Das klingt vertraut: Als der Bundestag vor 14 Jahren dem | |
Afghanistan-Einsatz zustimmte, stand die Freiheit der Frauen ebenfalls im | |
Mittelpunkt der Debatte. Die Grünen, noch in der Bundesregierung, folgten | |
dem Argument damals. Diesmal ist es anders. | |
„Wissen Sie, uns nimmt das auch mit. Aber ein Nein zu Ihrem Mandat bedeutet | |
ja nicht, dass man nicht handeln soll“, sagt Fraktionschef Anton Hofreiter | |
in Richtung von Röttgen. Seine Kritik: Die Regierung habe den Grünen nicht | |
erklären können, welche Strategie sie mit dem Einsatz verfolge. | |
Deshalb werde seine Fraktion ebenso wenig zustimmen wie die Linkspartei. | |
Zumindest an der Abstimmungsurne ist sich die Opposition am Ende also doch | |
einig. Berlin ist eben doch nicht Rakka. | |
4 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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