# taz.de -- Subventionen für Öl und Kohle: 49000000000 Euro gegen das Klima | |
> Deutschland subventioniert Öl, Kohle und Gas mit riesigen Summen. | |
> Weltweit werden 5,3 Billionen Dollar Steuergeld für dreckige Luft | |
> verschenkt. | |
Bild: Energie ohne Zukunft, aber mit jeder Menge Förderung. | |
BERLIN taz | Deutschland gibt eine Menge Geld für den Klimaschutz aus: | |
Mindestens 6,5 Milliarden Euro zahlt allein der Bund für Forschung, | |
Beihilfen und Investitionen national und weltweit. Aber gleichzeitig | |
subventionieren Bund und Länder die fossilen Brennstoffe Öl, Gas und Kohle | |
im Jahr 2015 mit insgesamt 49,2 Milliarden Euro. Das hat der Internationale | |
Währungsfonds (IWF) in einem aktuellen Bericht über [1][“Die Kosten der | |
Energiesubventionen“] errechnet, der unter die Lupe nimmt, mit wieviel | |
Steuergeld die Staaten ihre fossilen Industrien unterstützen. | |
Zu der gigantischen Summe kommt der IWF, weil er neben direkten auch | |
indirekte Subventionen zählt: Vor allem die Schäden am Klima und die | |
Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung, für die nicht die Verursacher, | |
sondern die Allgemeinheit aufkommen. Die höchsten versteckten Kosten | |
entstehen in Deutschland demnach durch Luftbelastung aus der Verbrennung | |
von Kohle, Öl und Gas (etwa 21 Milliarden im Jahr) und den Klimaschäden | |
(etwa 18 Milliarden). Als direkte deutsche Subventionen rechnet der IWF | |
dagegen nur 2,9 Milliarden Euro. | |
Bereits früher hatte der IWF die Subventionen für fossile Brennstoffe | |
untersucht. Während weltweit etwa 550 Milliarden Dollar an direkten | |
Beihilfen, etwa für niedrige Benzinkosten, gezahlt werden, liegen die | |
indirekten Hilfen, sogenannte „post tax subsidies“ um ein Vielfaches höher: | |
Für 2015 kommen die Währungshüter in Washington auf weltweit 5,3 Billionen | |
Dollar, umgerechnet etwa 4,7 Billionen Euro. Das sind 6,5 Prozent der | |
weltweiten Wirtschaftsleistung. | |
Der IWF hatte frühere Schätzungen über die Höhe der Schäden in seinem | |
letzten Bericht wegen neuer Zahlen der UN-Gesundheitsorganisation WHO | |
dramatisch nach oben korrigiert. Am meisten Subventionen zahlt nach dieser | |
Rechnung China mit etwa 2,2 Billionen Dollar. Pro Kopf seiner Einwohner | |
unterstützt der Golfstaat Katar die Fossilen am stärksten, mit jährlich | |
6000 Dollar. Und die größte Bürde für die Wirtschaft machen die | |
Subventionen in der Ukraine aus: Dort betragen die Subventionen 60 Prozent | |
der nationalen Wirtschaftsleistung (BIP). | |
## Todesfälle halbieren | |
Der Anteil der Hilfen am BIP ist in Deutschland dagegen mit 1,42 Prozent | |
etwa so hoch wie in Großbritannien. Weitaus höher liegen die USA (3,8) und | |
Japan (3,2 Prozent). Von den insgesamt 49,2 Milliarden Euro der deutschen | |
Subventionen entfällt der größte Brocken mit 36 Milliarden auf die Kohle, | |
nur etwa 10 Milliarden auf Gas und kaum etwas auf Öl. | |
Zwei Monate vor der UN-Klimakonferenz von Paris mahnt der IWF die Staaten, | |
sie könnten mit dem Abbau der schädlichen Subventionen für dreckige | |
Brennstoffe gleichzeitig ihre Finanzen, die Gesundheit ihrer Bürger und das | |
Klima schonen. Die Streichung der Vergünstigungen könne weltweit „die Zahl | |
der Todesfälle durch Luftverschmutzung halbieren und die globalen | |
CO2-Emissionen um 20 Prozent senken“, schreiben die Finanz-Experten. | |
Insgesamt würden sich die Einnahmen der Staaten um 2,9 Billionen Dollar | |
verbessern, sie könnten Steuern senken und Schulden abbauen. | |
Eine dringende Warnung kommt auch von einer anderen Stelle des | |
Finanzsystems: Mark Carney, der Vorsitzende des „Financial Stability Board“ | |
der G20-Staaten und Chef der Bank of England, hat davor gewarnt, dass die | |
Entwertung von Energieunternehmen zu einem Finanzcrash führen könne. In | |
einer Rede vor der Lloyd´s-Versicherung in London sagte Carney, wenn | |
Investoren zu der Überzeugung kämen, dass die Aktien fossiler Unternehmen | |
überwertet wären und sie in großem Stil abstießen, könne das zu Chaos an | |
den Börsen führen. Auch Banken, die bei Ölfirmen und CO2-intensiven | |
Industrien engagiert seien, geräten dann möglicherweise in Schwierigkeiten. | |
Diese deutliche Warnung sei eine „bemerkenswerte Intervention eines der | |
konservativsten und einflussreichsten Bankers der Welt“, schreibt das | |
„Climate News Network“. Carney habe erklärt, er werde den G20-Staaten bei | |
einem Treffen im November zu einer Politik raten, die verhindere, dass der | |
Klimawandel für Unruhe an den Börsen sorgen werde. | |
3 Oct 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.imf.org/external/pubs/ft/survey/so/2015/new070215a.htm | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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