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# taz.de -- AKW Hinkley Point C: Kreditgarantie für britische Atomkraft
> Umweltschützer warnen, Finanzanalysten raten ab und Klagen sind auch
> anhängig. Doch die britische Regierung will das AKW Hinkley Point C.
Bild: Sollen Gesellschaft bekommen: Hinkley Point A und B.
Dublin taz | Die britische Regierung will chinesische Investoren mit einer
Kreditgarantie für das neue Atomkraftwerk Hinkley Point C ködern.
Schatzkanzler George Osborne unterzeichnete während seines fünftägigen
China-Besuchs am Montag eine Vereinbarung mit den Atomfirmen China General
Nuclear Corporation (CGH) und China National Nuclear Corporation (CNNC)
über zwei Milliarden Pfund.
Atomkraft spiele ebenso wie Schiefergas, das durch Fracking gewonnen wird,
eine wichtige Rolle bei der britischen Energie-Mischung, sagte Osborne und
fügte hinzu: „Deshalb ist es mir eine besondere Freude, heute diese
Garantie für Hinkley Point abzugeben und hier in China über die
Investitionen in die britische Atomindustrie zu sprechen.“
Die beiden Druckwasserreaktoren sollen in der Grafschaft Somerset im
Südwesten Englands neben zwei bereits bestehende Atomkraftwerke gebaut
werden. Es ist der erste Neubau seit rund 20 Jahren. Er sollte eigentlich
2023 in Betrieb gehen und Strom für sechs Millionen Haushalte liefern, doch
der Termin wird nicht einzuhalten sein.
Gebaut wird das AKW vom französischen Staatskonzern EDF unter Beteiligung
der beiden chinesischen Firmen, die sich mit zwei Milliarden Pfund
beteiligen wollen. Der Vertrag soll vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping
bei seinem London-Besuch im Oktober unterzeichnet werden. Die britische
Regierung hat EDF einen Preis von 92,5 Pfund pro Megawattstunde über 35
Jahre garantiert – plus Inflationsausgleich. Das ist mehr als das Doppelte
des derzeitigen Börsenpreises.
## Klage vor EU-Gericht eingereicht
Nach EU-Recht sind solche Subventionen illegal, doch die Kommission in
Brüssel hat vor knapp einem Jahr erlaubt, dass London die beiden Meiler mit
Steuergeld bezuschusst. Österreich sowie mehrere deutsche Stadtwerke und
ein österreichischer Anbieter klagen dagegen vor einem EU-Gericht, weil die
Subventionen den Wettbewerb für Anbieter von Ökostrom verzerren.
Auch die britische Stromindustrie und Börsenexperten haben das Projekt als
viel zu teuer bezeichnet: Mit knapp 25 Milliarden Pfund verschlinge es
dieselbe Summe wie das Eisenbahn-Verkehrsprojekt im Großraum London, die
Olympischen Spiele 2012 und das neue Flughafenabfertigungsgebäude in
Heathrow – zusammen.
Der Wissenschaftler Doug Parr von Greenpeace sagte, Osbornes Erklärung sei
ein Reklametrick: „Hinkley Point hat weder die Finanzierung noch das
Sicherheitszertifikat, und bis auf die Atomindustrie und unsere engstirnige
Regierung halten alle dieses Projekt für absurd.“ Analysten der Großbank
HSBC haben in einem Untersuchungsbericht festgestellt, der Bau von Hinkley
Point C sei immer schwerer zu rechtfertigen.
EDF habe in Finnland, Frankreich und China mit seinen Druckwasserreaktoren
Rückschläge erlitten. Darüber hinaus sei der Börsenpreis seit November 2011
um 16 Prozent gesunken, und der Strombedarf gehe in Großbritannien wegen
Energiesparmaßnahmen derzeit um ein Prozent im Jahr zurück.
## „Typische Züge einer Fehlinvestition“
Drei führende britische Umweltschützer, die sich für die neue Generation
von Atomkraftwerken ausgesprochen hatten, forderten die Regierung am
Wochenende auf, das Projekt aus Eis zu legen. George Monbiot, Mark Lynas
und Chris Goodall sagten in einer gemeinsamen Erklärung: „Hinkley C trägt
die typischen Züge einer Fehlinvestition: zu teuer, zu kompliziert und
überfällig. Die angekündigte weitere Verzögerung sollte der Tropfen sein,
der das Fass zum Überlaufen bringt.“
Die drei Umweltschützer hatten anders als ihre Kollegen Atomkraft bisher
befürwortet, weil sie im Klimawandel eine größere Gefahr sahen. Sie
befürchten nun jedoch, die Verzögerungen beim Bau von Hinkley Point werden
dazu führen, dass am Ende Strom verstärkt durch Gas und Kohle erzeugt
werden müsse, was den Klimawandel beschleunigen würde. Die 25 Milliarden
sollten deshalb lieber sofort in kohlenstoffarme Technologien gesteckt
werden.
Das wird nicht geschehen. Die britische Regierung hat sich in das
Atomprojekt regelrecht verbissen – sehr zur Freude von EDF. „Die
Investitionen in neue Atomkraftwerke sind der Schlüssel für die Einhaltung
der britischen Verpflichtungen hinsichtlich des Klimawandels“, freute sich
ein Firmensprecher. „Sie sichern gleichzeitig unsern Energiebedarf zu
erschwinglichen Kosten.“
22 Sep 2015
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
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