# taz.de -- Französischer AKW-Bau in England: Oui und Yes zur Atomkraft | |
> Trotz Brexit, Kostenexplosionen und günstigerer Alternativen: der | |
> französische Atomkonzern EDF hält am neuen Reaktor Hinkley Point C fest. | |
Bild: So sieht Hinkley Point aktuell aus | |
BERLIN taz | EDF lässt sich nicht vom Kurs abbringen. Bei einer Sitzung des | |
Vorstands will der französische Atomkonzern Électricité de France, zu 85 | |
Prozent in Staatsbesitz, am Donnerstag grünes Licht für den Bau des | |
Reaktors Hinkley Point C in Großbritannien geben. Dabei ist bereits jetzt | |
klar, dass Atomstrom für die Briten die teuerste aller Varianten ist. | |
EDF in Frankreich dürfte das egal sein, hier gibt es ganz andere Probleme: | |
Der Konzern steht mit dem Rücken zur Wand und ist hoch verschuldet. | |
Gewerkschaftsvertreter, die im Vorstand von EDF sitzen, haben in der | |
vergangenen Woche eine Sitzung mit dem französischen Wirtschaftsminister | |
Emmanuel Macron erbost verlassen. Sie fordern Klarheit über die Kosten des | |
Reaktors nach dem Brexit. Probleme könnten neue Arbeitsgesetze in | |
Großbritannien verursachen, aber auch Handelshemmnisse. | |
Zudem sind die Preise für baugleiche Reaktoren in der Vergangenheit | |
regelmäßig explodiert. Auch in Olkiluoto in Finland und in Flammanville an | |
der französischen Kanalküste entstehen sogenannte Europäische | |
Druckwasserreaktoren. Flammanville ist für EDF ein finanzielles Desaster. | |
Wie angespannt die Situation ist, zeigte sich am Dienstag: EDF kündigte an, | |
neue Aktien auszugeben. Die Schulden liegen bei 37,5 Milliarden Euro, | |
offenbar ist die Kapitallage inzwischen dünn. Vier Milliarden Euro der | |
Kapitalerhöhung sollen bei Hinkley Point landen, dessen Baukosten nun | |
offiziell auf 20 Milliarden Euro geschätzt werden. Ein Drittel davon tragen | |
chinesische Atomfirmen, die sich an dem Bau beteiligen. | |
In Großbritannien hat sich der neue Finanzminister Philip Hammond bereits | |
unmissverständlich hinter das Projekt Hinkley Point gestellt – obwohl das | |
britische Energieministerium die Kosten für Bau, Betrieb und Rückbau | |
mittlerweile sogar auf 44 Milliarden Euro taxiert. | |
## Strom deutlich über dem Marktpreis | |
Die Kosten sind kaum kalkulierbar, weil die Betreiber einen festen | |
Abnahmepreis für den Strom bekommen, vergleichbar mit erneuerbaren Energien | |
in Deutschland. Die Förderung läuft allerdings nicht, wie bei uns, für 20 | |
Jahre, sondern für 35 Jahre und mit Inflationsausgleich. | |
Das britische Wirtschaftsministerium rechnete vor, dass Offshore-Windparks | |
in der Nordsee Strom um ein Drittel billiger produzieren können – und da | |
sind die üblichen Kostensteigerungen bei AKWs noch nicht eingerechnet. | |
Würde man den Strom des geplanten Atomkraftwerks mit Wind- und Solarkraft | |
erzeugen, könnte Großbritannien 40 Milliarden Pfund sparen, kalkuliert der | |
Thinktank Intergenerational Foundation. | |
Warum aber halten beide Regierungen trotzdem an dem Projekt fest? | |
Frankreich hofft immer noch, die dritte Generation ihrer EPR-Reaktoren zum | |
Exportschlager zu machen. Für die neue Regierung in London wäre der Bau | |
hingegen ein wichtiges Signal: Trotz Brexit entscheidet sich Frankreich für | |
Milliardeninvestitionen auf der Insel. Die Regierung hat zudem die | |
Subventionen für Solarenergie gekürzt, 12.000 Arbeitsplätze sind bedroht. | |
Immerhin sieben Prozent des britischen Stroms soll Hinkley Point C liefern, | |
wenn das Werk im Jahr 2025 ans Netz geht – so zumindest der Plan. Außerdem | |
fährt Großbritannien eine klare zivile und militärische Atomstrategie: Erst | |
kürzlich beschloss London, neue Atom-U-Boote anzuschaffen. Kernkraftwerke | |
gelten bei der konservativen Regierung zudem als Klimaschutz. | |
28 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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