# taz.de -- Britisches AKW Hinkley Point C: Hidden Money für Atom-U-Boote | |
> Das geplante Atomkraftwerk Hinkley Point C in Großbritannien ist absurd | |
> teuer. Doch die Regierung braucht es für ihre Kriegsschiffe. | |
Bild: Der seltsame Stolz der Royal Navy: das Atom-U-Boot HMS Vengeance | |
DUBLIN taz | Beim ersten neuen Atomkraftwerk in Großbritannien seit über 20 | |
Jahren geht es nur nebenbei um die Stromversorgung. Tatsächlich ist Hinkley | |
Point C ein militärisches Projekt, das für die Erneuerung der | |
Atom-U-Boot-Flotte Trident wichtig ist. Das legt ein [1][Bericht der | |
Universität Sussex] nahe. | |
Die beiden 1.600-Megawatt-Druckwasserreaktoren für Hinkley Point C sollen | |
nach bisherigen Schätzungen rund 18 Milliarden Pfund (umgerechnet 20,24 | |
Milliarden Euro) kosten und 2025 in Betrieb gehen. Bauen wird sie der | |
französische Staatskonzern EDF, chinesische Firmen sind zu 33 Prozent | |
beteiligt. | |
Produziert werden soll Strom für sechs Millionen Haushalte – zu einem | |
maßlos überhöhten Preis: Die Regierung garantiert über 35 Jahre 92,50 Pfund | |
pro Megawattstunde, knapp 104 Euro. An den europäischen Strombörsen kostet | |
diese Einheit derzeit etwa 38 Euro. | |
Phil Johnstone, einer der Autoren des Berichts, hat eine Erklärung, warum | |
die Regierung entschlossen ist, das Projekt durchzuboxen, obwohl dieser | |
Reaktortyp bisher noch nirgendwo getestet wurde: „Bei Hinkley handelt es | |
sich um denselben Typ, der für den Atom-U-Boot-Antrieb benötigt wird“, sagt | |
er, auch wenn das Modell mit 150 Megawatt viel kleiner sei. | |
## 31 Milliarden für Atom-U-Boote | |
Aus Geheimhaltungsgründen wurden das militärische und das zivile Programm | |
bislang weitgehend isoliert voneinander entwickelt. Doch dazu fehlten dem | |
Vereinigten Königreich derzeit die Ressourcen, ist beim Dalton Nuclear | |
Institute der Uni Manchester nachzulesen, das sich als führende Forschungs- | |
und Ausbildungsstätte der Atomenergie bezeichnet. | |
Das Londoner Unterhaus hatte Mitte Juli dafür gestimmt, 31 Milliarden Pfund | |
in die Erneuerung der Trident-Flotte zu investieren. Nach | |
Expertenschätzungen wird das aber noch teurer. Deshalb wolle man nun die | |
notwendigen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben in den zivilen Bereich – | |
also Hinkley – auslagern, heißt es im Bericht. | |
Berichte über eine solche Durchlässigkeit zwischen zivilem und | |
militärischem Bereich gibt es immer wieder. Atom-U-Boot-Konstrukteur Rolls | |
Royce nennt etwa die Anlagenelektronik, Radiophysik oder Strömungstechnik. | |
## Tony Blairs Schwenk | |
Johnstone glaubt, dass Hinkley Point C ohne diesen Aspekt nicht gebaut | |
würde. „Im Weißbuch über die Energieversorgung hieß es 2003, Atomkraft sei | |
keine realistische Option“, sagt er. „Zwei Jahre später hatte der damalige | |
Premierminister Tony Blair seine Meinung über Atomkraft geändert, obwohl es | |
keine neuen Erkenntnisse gab.“ Allerdings sei da klar geworden, dass die | |
Atom-U-Boot-Flotte erneuert werden müsse. | |
Ein Problem sei die Beteiligung Chinas, so Johnstone. Aber man brauche das | |
Geld. Und China sehe „Hinkley als Generalprobe für das AKW Bradwell-on-Sea | |
nordöstlich von London, das sie in Eigenregie bauen wollen, um bei | |
Atomkraft wettbewerbsfähig zu werden“. | |
London äußert sich nicht zu der Studie. Koautor Andy Stirling erklärt das | |
so: „Die Regierung will mit der Brechstange den Eindruck erwecken, bei | |
Hinkley ginge es um Energie.“ Mit einem Kommentar „würde sie schlafende | |
Hunde wecken“. Anfang 2017 solle die Studie aber im Unterhaus vorgelegt | |
werden. | |
23 Nov 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://sro.sussex.ac.uk/63568/ | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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