# taz.de -- Großbritannien hält an Atomstrom fest: Britische AKWs sind illegal | |
> AKWs wie etwa Hinkley Point B und Hunterston B laufen bereits seit über | |
> 40 Jahren – zu lange, sagen Kritiker. Dennoch bleiben sie am Netz. | |
Bild: Großbritannien setzt auf Atomkraft: In Hinkley Point werden Reaktoren ge… | |
DUBLIN taz | 10 der 15 britischen Atomkraftwerke laufen offenbar ohne | |
Genehmigung. Zu dieser Erkenntnis kam eine Untersuchung der | |
Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl von den Grünen. Die Vorsitzende | |
des Ausschusses für Umwelt und nukleare Sicherheit sagte, die Laufzeit der | |
Advanced Gas-cooled Reactors (AGR) bewege sich zwischen 30 und 40 Jahren. | |
[1][Hinkley Point B] und Hunterston B sind bereits seit weit über 40 Jahren | |
in Betrieb. Dennoch sollen sie noch weitere fünf Jahre laufen. Das jüngste | |
britische AKW ist Sizewell B mit knapp 25 Jahren, alle anderen | |
Atomkraftwerke laufen seit über 30 Jahren. Der Advanced Gas-cooled Reactor | |
ist ein gasgekühlter, graphitmoderierter Kernreaktortyp. | |
Für eine Laufzeitverlängerung ist laut einer EU-Richtlinie eine | |
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit grenzüberschreitender Einbindung | |
der Bevölkerung vorzunehmen. Die Prüfung muss die Folgen der | |
Laufzeitverlängerung eines alten Reaktors mit alternativen Energiequellen, | |
vor allem erneuerbarer Energie, vergleichen und außerdem die Bevölkerung | |
beteiligen. Solche Prüfungen wurden aber nicht durchgeführt. Die zehn | |
betroffenen AKW-Blöcke haben 2018 zusammen 9,66 Prozent des britischen | |
Stromes erzeugt. | |
Bereits im August hatte ein Anfrage von Kotting-Uhl ergeben, dass | |
mindestens 18 AKWs in der EU ohne die notwendigen Genehmigungen betrieben | |
werden. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof wegen der fehlenden | |
grenzüberschreitenden UVP die Laufzeitverlängerung von zwei belgischen | |
Atomreaktoren für rechtswidrig erklärt. Aufgrund einer zweiten | |
schriftlichen Frage bekam Kotting-Uhl die Bestätigung, dass sechs weitere | |
Reaktoren in Tschechien und in der Slowakei rechtswidrig laufen. | |
## Risse in den Graphitblöcken | |
Bei den britischen gasgekühlten, graphitmoderierten Reaktoren kommt hinzu, | |
dass der Kern teilweise aus Graphit besteht, der im Laufe der Zeit | |
zerbröckelt und somit allmählich an Gewicht und Widerstandsfähigkeit | |
verliert, was die AKW besonders unsicher macht. Eine UVP würden sie | |
vermutlich nicht bestehen. Bereits vor zwei Jahren hat man Risse in den | |
Graphitblöcken im Kern einiger dieser Reaktoren entdeckt. | |
Tom Greatrex, Geschäftsführer der Nuclear Industry Association (NIA), dem | |
Verband der britischen zivilen Atomindustrie erklärte, die britischen | |
Atomkraftwerke operierten nach den offiziellen Regulationen. Er betonte, | |
dass ökologische Aspekte, wie sie eine UVP erfasst, unabhängig von | |
Sicherheitsfragen seien. „Saubere, verlässliche Kernkraft“ sei außerdem e… | |
wichtiges Element des Zieles von Großbritannien, bis 2050 Klimaneutralität | |
zu erreichen, so Greatrex. | |
Das Office for Nuclear Regulation hingegen hatte schon 2005 Bedenken wegen | |
der Strukturprobleme der Reaktorkerne angemeldet. Und die unabhängige | |
Atomenergie-Beratungsfirma Large Associates kam zum Ergebnis, dass die | |
Reaktoren wegen der „bedeutenden Unsicherheiten sofort abgeschaltet werden“ | |
sollten. | |
[2][Mit der weiteren Verzögerung des Brexits bleiben diese | |
Laufzeitverlängerungen rechtlich angreifbar] und könnten schließlich auch | |
die Versorgungssicherheit des Landes infrage stellen, wenn es zu einer | |
gleichzeitigen Abschaltung kommen sollte, vermutet Kotting-Uhl. Das wird | |
aber kaum geschehen: Der EuGH hat nämlich eingeräumt, dass im Fall der | |
„tatsächlichen Gefahr einer Unterbrechung der Stromversorgung“ der | |
unrechtmäßige Betrieb vorübergehend aufrechterhalten werden könne. Der | |
Betreiber dürfe die Auswirkungen auf die Umwelt nachträglich untersuchen. | |
17 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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