# taz.de -- Französischer Energieversorger EdF: Klatsche für Atomkonzern | |
> Die Aktie des Energiekonzerns EdF fliegt aus dem französischen Leitindex | |
> CAC. Der Absturz ist Symbol des Niedergangs der ganzen Branche. | |
Bild: Malerisch: das AKW im französischen Cattenom | |
Freiburg taz | Der Niedergang der französischen Atomwirtschaft wird immer | |
deutlicher sichtbar: Die Aktie des Atomstromerzeugers Electricité de France | |
(EdF) wurde soeben aufgrund ihrer anhaltenden Schwäche aus dem | |
französischen Leitindex CAC 40 geworfen, dem Pendant zum deutschen DAX. Und | |
auch die Kurse des weltgrößten Atomtechnikkonzerns, der französischen | |
Areva, sackten in diesen Tagen auf neue historische Tiefststände. | |
Die EdF hat innerhalb eines Jahres 41 Prozent an Wert verloren. Der | |
AKW-Bauer Areva verlor unterdessen binnen Jahresfrist 36 Prozent seines | |
Börsenwerts und büßte über fünf Jahre betrachtet sogar gut 80 Prozent ein. | |
Wesentlichen Anteil an dem Verfall haben die beiden Fiasko-Projekte | |
Flamanville in der Normandie und Olkiluoto in Finnland – zwei | |
AKW-Neubauten, bei denen die Kosten aus dem Ruder laufen und die Zeitpläne | |
um Jahre im Verzug sind. | |
Ursprünglich war Areva angetreten, an den beiden Standorten mit einem neuen | |
Typ von Druckwasserreaktor (“Generation III+“), dem „EPR“, eine weitere | |
Epoche der Atomkraft einzuläuten. Doch inzwischen gelten die Projekte, die | |
seit acht beziehungsweise zehn Jahren in Bau sind und frühestens 2018 | |
fertig werden, als Symbol eines ökonomischen Irrwegs. | |
Entsprechend marode steht der Kraftwerkskonzern da: Ein Verlust in Höhe von | |
fast 5 Milliarden Euro 2014 führte das Unternehmen praktisch in den | |
Bankrott. Nun soll eine Finanzspritze des größten chinesischen Atomkonzerns | |
China National Nuclear Corporation (CNNC) den Konzern aus seiner Misere | |
retten. | |
Dieses wirtschaftliche Debakel sei „keine Überraschung für Analysten, die | |
mit der internationalen Atomindustrie vertraut sind“, sagt Mycle Schneider, | |
Berater für Energie- und Atompolitik in Paris. Ratingagenturen warnten seit | |
Jahren, dass der AKW-Neubau die Bonität der betreffenden Firmen | |
beeinträchtige. | |
Erst kürzlich hatte die britisch-südafrikanische Investec Bank ihren | |
Anlegern empfohlen, ihre Anteile an der EdF zu verkaufen, aufgrund von | |
„langfristigen Bedenken“ wegen der finanziellen Belastungen, die durch das | |
geplante britische Neubauprojekt Hinkley Point C entstünden. Auch die | |
Vereinigung der Mitarbeiteraktionäre der EdF erklärte, das Projekt stehe | |
den Interessen des Unternehmens entgegen. Eine „finanzielle Katastrophe“ | |
sei absehbar, EdF habe bei dem Projekt nichts zu gewinnen, aber alles zu | |
verlieren. | |
Branchenexperte Schneider warnt nun, der Reaktor Hinkley Point könne „das | |
Waterloo der EdF“ werden, und rät Atomfirmen zum „Realitätscheck“. Die | |
traditionellen Versorgungsunternehmen müssten lernen, „etwas anderes als | |
Kilowattstunden zu verkaufen, oder sie werden die laufende | |
Energierevolution nicht überleben“. Und für die Reaktorbauer wie Areva gebe | |
es einen „sicheren Hafen“, nämlich den Rückbau der Anlagen: „Allein das | |
Geschäft mit dem Rückbau wird expandieren – garantiert.“ | |
21 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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