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# taz.de -- Streit um AKW Hinkley in Großbritannien: Atomkraft reif für die I…
> In London trafen sich die Gegner des geplanten AKW Hinkley C. Ihre
> Kritik: teurer als Erneuerbare und weniger Jobs als erhofft.
Bild: Am Horizont das AKW. Vorne Vögel
LONDON taz | Das umstrittene neue Atomkraftwerk im britischen Hinkley ist
nach Ansicht seiner Kritiker teuer, bringt weniger Arbeitsplätze als
erwartet und wird mit massivem politischen und wirtschaftlichen Druck
vorangetrieben. Das ist der Tenor einer Konferenz vom Donnerstag, die auf
Einladung der Grünen-nahen Böll-Stiftung im Londoner Europahaus der EU etwa
50 Experten, Lobbyisten und Interessierte versammelte.
„Hinkley C“, wie das Projekt offiziell heißt, ist der dritte Reaktor an
diesem Standort in Somerset im Südwesten Englands. Das Vorhaben hat den
Segen der britischen Regierung und der Region, ist aber in der EU
umstritten. Großbritannien hatte dem Betreiber EDF einen Preis von 92,50
Pfund pro Kilowattstunde für 35 Jahre garantiert, etwa das Doppelte des
normalen Durchschnittspreises und will die Schulden des Projekts mit 10
Milliarden Pfund garantieren. EU-Länder wie Österreich sehen darin einen
Verstoß gegen die Regeln des fairen Wettbewerbs und haben Klage
angekündigt. Die britische Regierung hat darauf mit Drohungen gegen
Österreich reagiert.
Für Andrew Clarke von der britischen Energiegruppe Resilience könnten auch
erneuerbare Energien „103 Prozent dessen leisten“, was Hinkley C verspricht
– und dabei 25 Prozent günstiger sein. Der geplante Reaktor entziehe sich
„jeder logischen Erwägung“, seine Kosten werden auf 34 Milliarden Pfund (44
Milliarden Euro) geschätzt. Strom aus erneuerbaren Energien, der zu einem
Viertel vom Meer und zu drei Vierteln vom Land kommen könne, koste zwar
beim Aufbau 62 Milliarden Euro.
Das aber seien alle Kosten, während beim Nuklearstrom Folgekosten auf die
Verbraucher zukämen. Das Versprechen der Regierung für etwa 12.000 neue
Arbeitsplätze und 10.000 während der Bauphase des Reaktors könnte hierbei
mit 124.000 Personen noch weit übertroffen werden.
## Der Einfluss der Atomlobby
Der Energieexperte Steve Thomas versuchte sich an einer Erklärung, warum
sich die britische Regierung auf den Bau des neuen AKW einlasse – obwohl
die britische Nuklearindustrie wegen ihrer Umweltskandale rund um die
weitflächig verseuchten Atomanlagen in Sellafield berüchtigt ist. Der
Grund, so Thomas, sei „parlamentarische Ineffizienz“. Die konservative
Regierung unter David Cameron sei außerdem nicht willens, das politische
Kapital für einen Rückzug aus dem Projekt einzusetzen. Außerdem sei die
atomfreundliche Lobby sehr stark und einflussreich. Und immer wieder wird
der Vorwurf geäußert, für den Neubau gebe es kaum wirtschaftliche Gründe –
dafür aber möglicherweise militärische. Welche das sein könnten, blieb
allerdings unklar.
Beispiele für den Einfluss der Atomlobby lieferte Theo Simon, einer der
Köpfe der Kampagne von Umweltschützern gegen Hinkley C. Er berichtete, die
Polizei und das Sicherheitspersonal von Hinkley bezeichneten ihn als
„gefährlich“. Alle lokalen Zeitungen in Somerset seien voller Anzeigen oder
Berichte über den französischen Energiegiganten EDF, berichtete Simon.
Alle Schulen, Universitäten und Arbeitsämter seien von der nuklearen
Zukunft versessen. „Man bildet Leute so aus, als ob Hinkley bereits stehe“,
erzählte Simon. Sogar die Haushaltsentwürfe lokaler Grafschaften rechneten
bereits damit, dass der Reaktor bald stehen würde. Das Schlimmste, sagt
Simon, „ist die Tatsache, dass der vorhergesehene Ort bereits geräumt und
zementiert wurde, eine Zerstörung ökologisch wertvollen Strandes und
historischer Häuser ohne Planungsgenehmigung“.
Eine kleine Hoffnung haben die Kritiker allerdings: Für den Rechtsexperten
Paul Dorfman ist inzwischen klar, dass sich das Projekt durch rechtliche
Einwände um mindestens zwei Jahre verschieben wird.
5 Mar 2015
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
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Schwerpunkt Atomkraft
Großbritannien
AKW
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