# taz.de -- AKW-Planung in Finnland: Erstmal Fakten schaffen | |
> Noch ist nicht sicher, ob Finnlands sechstes AKW gebaut wird. Doch das | |
> Land wird schon mal gerodet. Von der EU drohen Einwände gegen den Bau. | |
Bild: Bauboom in Finnland: Die Errichtung eines der anderen AKWs, Olkiluoto 3, … | |
STOCKHOLM taz | Es gibt noch keine detaillierten Baupläne für den Reaktor, | |
den Russlands Staatskonzern Rosatom liefern soll. Eine Baugenehmigung liegt | |
noch in weiter Ferne. Und auch sonst gibt es um den geplanten Neubau eines | |
sechsten finnischen Atomreaktors viele ungelöste Fragen: von fehlenden | |
Investoren über die Versorgung dieses Reaktors mit Brennelementen bis zur | |
Lösung des Atommüllproblems. | |
Das alles hindert die Betreibergesellschaft Fennovoima und ihre russischen | |
Partner aber nicht daran, schon einmal Tatsachen zu schaffen: Derzeit | |
werden auf dem vorgesehenen Bauplatz, der nordwestfinnischen Halbinsel | |
Hanhikivi, 124 Hektar Wald abgeholzt. Mit den Erdarbeiten zum Bau einer | |
Zufahrtsstraße ist Ende März begonnen worden. | |
Die AKW-GegnerInnen sind empört: Ein Großteil dieses Walds habe einen hohem | |
Naturwert, kritisiert die Organisation Pro Hanhikivi, die seit Jahren gegen | |
die AKW-Pläne kämpft. Das Gebiet sei ein wichtiger Rast- und Brutplatz für | |
viele Vögel, darunter auch seltene Arten. Die würden durch derzeit nicht | |
gerechtfertigte Bauarbeiten nun massiv gestört. | |
„Wir sind überzeugt, dass eine Mehrheit der Bevölkerung das nicht will“, | |
sagt eine der Anti-AKW-AktivistInnen, die grüne Lokalpolitikerin Hanna | |
Halmeenpää: „Seit 2007 haben wir viermal ein Referendum gefordert – immer | |
ist das abgeschmettert worden. Man hat wohl Angst, uns zu fragen.“ Die | |
Mehrheit im Kommunalparlament von Pyhäjoki, auf deren Gebiet der geplante | |
Reaktorbauplatz liegt, hat nicht nur eine solche Volksbefragung abgelehnt, | |
sondern auch die jetzigen Arbeiten genehmigt. In dieser strukturschwachen | |
und von Abwanderung betroffenen Region hoffen die Befürworter mit dem | |
AKW-Bau auf eine bessere wirtschaftliche Zukunft. | |
## Quote nicht erfüllt | |
Obwohl eine Mehrheit des finnischen Parlaments im Dezember den Bau eines | |
russischen Druckwasserreaktors mit einer Leistung von 1.200 Megawatt | |
politisch abgesegnet hat, muss der Bau noch wichtige Hürden nehmen. Neben | |
der staatlichen Rosatom als Hauptinvestor wollen über 50 Anteilseigner das | |
AKW finanzieren – Unternehmen, Energieversorger und Kommunen. | |
Doch die gesetzlich geforderte Quote von 60 Prozent finnischem Kapital ist | |
noch nicht erfüllt. Kürzlich hat die Stadt Nykarleby ihre Anteile gekündigt | |
und in anderen Gemeinden steht diese Frage auf der Tagesordnung der | |
Kommunalparlamente. Energieversorger, die sich am Bau beteiligen wollen, | |
sind durch Boykottaufrufe zusätzlich unter Druck geraten, ihr | |
AKW-Engagement zu überdenken. | |
Dass Rosatom den Reaktor mit Brennelementen aus der berüchtigten | |
Wiederaufbereitungsanlage Mayak im Südural betreiben will, stößt bei der | |
Umweltschutzorganisation Bellona auf heftige Kritik. Dies sei eine völlig | |
veraltete Anlage, die „mit großen Emissionen von Radioaktivität die Umwelt | |
verstrahlt“, sagt deren Nuklearexperte Nils Bøhmer: „Wer Mayak beauftragt, | |
ist dafür verantwortlich, dass dieser Betrieb weitergeht.“ | |
Einwände gegen russische Brennelemente könnte auch die EU haben – wegen der | |
Versorgungssicherheit und aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. So stellte | |
die Kommission im März mit solcher Begründung bereits ausschließliche | |
Brennelemente-Lieferverträge von Rosatom für zwei ungarische Reaktoren | |
infrage. Und diese Verträge sind mit denen von Fennovoima nahezu identisch. | |
7 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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